pflantzet. Und ist diese Stadt der Zeit an den Wendischen Oerthern die allerberühmste gewesen. Anno 1146. hat sie Hertzog Heinrich von Braunschweig / genandt der Leuwe / durch Graf Adolfen den 4. Grafen zu Holstein und Schaumburg / und noch dreyen andern Grafen berennen lassen / die zu erst ihre Läger zu Verchem geschlagen / nachmals aber sich für die Stadt geleget / biß die beyde Fürsten von Pommern / als F. Casimir / und F. Bogißlaff / und F. Pribißlaus der Wenden und Obotriten Fürst / so in der Stadt gewesen / einen unversehnen Außfall gethan / und das Lager auffgeschlagen / worüber Graf Adolf selbst / nebenst Graf Reinholden von Dithmarsen / neben allen den ihrigen geblieben: doch haben die beyde übrige Grafen / als Graff Christian zu Oldenburg / und Gr. Guntzel zu Schwerin die sich im ersten Treffen auf einen Berg mit 300. Reutern begeben / und nunmehr die flüchtigen auch zu sich gesammlet hatten / die Wenden / so das Läger plünderten / wieder angefallen dergestalt / daß der Wenden bey 3500. darüber todt geblieben: Als aber die Wenden vernommen / daß Hertzog Heinrich / den der Verlust der seinigen / insonders Gr. Adolffs / sehr schmertzte / mit der gantzen Macht folgte / und sie sich die Stadt wider ihn zuerhalten nicht getraueten / haben sie dieselbe / sampt dem Schlosse / so der Zeit sehr feste gewesen / angezündet / und sind also davon in die nechstangelegene Felder / und sumpffichte Oerther / gewichen. Hertzog Heinrich hat so lange Besatzunge hinein geleget / biß die verwundeten geheilet / und was noch übrig / nidergerissen / und die Wälle der Erden gleich gemachet worden. Fürst Pribißlaus / der von Hertzog Heinrichen / auß seinem Vätterlichen Erbe vertrieben worden / hat sie mit Hülffe der Hertzogen von Pommern / zubauen wieder angefangen / und von dannen offtermahlen auff die Gräntze der benachbarten Grafen von Ratzeburg / und Schwerin / gestreiffet / und viel Menschen / und Vieh weggeführet / biß ihme die Fürsten von Pommern solches untersaget / weil sie nicht gemeinet wären / ihnen mehr Feinde seinenthalben auff den Hals zuziehen. Die Stadt ist auffs neue von Hertzog Heinrichen kurtz hernach belägert worden / weil aber seine Leuthe gesehen / daß es beschwerlich mit der Belägerunge daher gehen würde / haben sies auffs rauben geleget / und alles umbher verwüstet / er hats aber deßwegen nicht wollen verlohren geben / sondern leitete das Wasser / welches ihm am Sturm verhinderte / einen andern Weg / doch war die Arbeit vergebens / dann jemehr er die Stadt hiedurch zu schwächen vermeinte / je besser er sie stärckte. Muste also der Hertzog das Stürmen einstellen. Doch was er nicht verrichten konte / das vermochte das Unglück / dann die Stadt gieng durch Verwarlosung von sich selber an / und brante schier gar auß / wiewol sie deßwegen nicht in deß Hertzogen Hände kam / als der nun auß dem Wendischen Kriege eilen muste / daß er sich wider Bischoff Ulrichen von Halberstadt rüstete. Anno 1183. hat auch König Canutus auß Dennemarck sein Heyl an dieser Stadt versuchen wollen. Er hat sie neben Absolon / einem Bischoff auß Dennemarck / so der Zeit die Stelle eines Kriegs-Obersten bey ihme vertretten / belagert / aber gleiches falls nichts außrichten können. Die Einwohner waren für dem Feinde so sicher / daß sie / gleich als wann sie in höchster Friedens-Ruhe sässen / bey täglichen Gastereyen / dantzten und sprungen / also daß sich auch der König dieser ihrer Künheit höchlich verwunderte / und nach deme er die Vestung recht in Augenschein genommen / und gesehen / den schlechten Vorrath / und geringe Zubereitunge die er zu einer vollständigen Belägerung beyhanden hatte / ist er unverrichteter Sachen wieder abgezogen. Doch ist die Stadt in der Dänen Hände nach der Zeit gerathen / und Besatzung hinein geworffen worden. Als aber die Burger hörten / daß der Dänen Glück umbgeschlagen / und nicht allein Lübeck / sondern auch gantz Nord-Albingen deß Königs Joch von sich geworffen / gedachten sie auff ihre vorige Freyheit. Suchten derwegen bey den benachbarten Wenden / ihren Landsleuten umb Hülff an / und fielen hauffenweiß in die Besatzunge / und hauweten sie mehrentheil nieder / den Rest stiessen sie zur Stadt hinauß / und befreyeten also das gantze veste Land biß an Rügen von der Dänischen Furcht / dann bißher hatten sie diesen vesten Orth noch ingehabt / und alle
Matthäus Merian: Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae. Eigenverlag, Frankfurt am Mayn 1652, 2. Ausgabe um 1680, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Electoratus_Brandenburgici_et_Ducatus_Pomeraniae_163.png&oldid=- (Version vom 23.3.2023)