einen großen Teil der heutigen Tiefseebecken ausfüllen, ohne die Möglichkeit einer Kompensation durch Hinabdrücken heutiger Kontinentalgebiete zum Niveau des Tiefseebodens zu haben, so haben die Wassermassen des Weltmeeres keinen Platz mehr in den nunmehr stark verkleinerten Tiefseebecken. Die Wasserverdrängung der Zwischenkontinente wäre eine so gewaltige, daß der Spiegel des Weltmeeres über das gesamte Kontinentalgebiet der Erde ansteigen und alles überfluten würde, die heutigen Kontinente wie die Zwischenkontinente, und die Rekonstruktion führt also gar nicht zu dem gewünschten Ziel, das doch in trockenen Landverbindungen zwischen trockenen Kontinenten besteht. Abb. 2 stellt also eine unmögliche Rekonstruktion dar, sofern wir nicht Zusatzhypothesen einführen, die als Hypothesen „ad hoc“ unwahrscheinlich sind, wie z. B., daß die Wassermenge des Weltmeeres damals gerade um so viel kleiner war als heute, oder daß die übrigbleibenden Tiefseebecken damals gerade um so viel tiefer waren als heute. Willis, A. Penck u. a. haben auf diese eigentümliche Schwierigkeit hingewiesen.
Von den vielen Einwürfen gegen die Kontraktionstheorie sei nur noch einer hervorgehoben, der ein ganz besonderes Gewicht hat. Die Geophysik ist, hauptsächlich durch Schweremessungen, zu der Vorstellung gekommen, daß die Erdrinde im Tauchgleichgewicht auf einer etwas schwereren, zähflüssigen Unterlage schwimmt. Man nennt diesen Zustand Isostasie. Isostasie ist nichts anderes als Tauchgleichgewicht nach dem archimedischen Prinzip, wobei das Gewicht des eintauchenden Körpers gleich dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeit ist. Die Einführung eines besonderen Wortes für diesen Zustand bei der Erdrinde ist jedoch deshalb zweckmäßig, weil die Flüssigkeit, in welche die Erdrinde eintaucht, wahrscheinlich von einer sehr großen, nur schwer vorstellbaren Zähigkeit ist, so daß Schwingungen um die Gleichgewichtslage ausgeschlossen sind, und das Hinstreben zur Gleichgewichtslage nach Eintritt einer Störung derselben ein Prozeß ist, der nur mit äußerster Langsamkeit fortschreitet und viele Jahrtausende zur Vollendung braucht. Im Laboratorium würde sich diese „Flüssigkeit“ vielleicht kaum von einem „festen“ Körper unterscheiden. Doch sei daran erinnert, daß auch bei Stahl, den wir doch gewiß als festen Körper betrachten, z. B. kurz vor dem Zerreißen typische Fließerscheinungen eintreten.
Ein Beispiel für eine Störung der Isostasie der Erdrinde bildet ihre Belastung mit einer Inlandeiskappe. Sie hat zur Folge, daß die Erdrinde unter dieser sich langsam senkt und einer neuen, der
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_013.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)