Größe nach das Ergebnis erreichen oder vielleicht sogar überschreiten können. Man konnte daher nur so viel aus diesen Beobachtungen schließen, daß sie ausgezeichnet zu den Annahmen der Verschiebungstheorie passen und sich am besten durch sie erklären lassen, daß sie aber noch nicht den Charakter eines exakten Nachweises tragen.
Seitdem hat sich dankenswerterweise die dänische Gradmessung (jetzt Geodätisches Institut in Kopenhagen) der Frage angenommen. P. F. Jensen [174] hat im Sommer 1922 aus diesem Anlaß in Westgrönland neue Längenbestimmungen ausgeführt, und zwar nunmehr mit der viel genaueren Methode der funkentelegraphischen Zeitübermittlung. Berichte über seine Ergebnisse sind in deutscher Sprache von A. Wegener [175] und Stück [176] veröffentlicht worden. Jensen hat dort zwei Arbeiten durchgeführt. Einmal hat er nämlich die frühere Längenmessung bei der Kolonie Godthaab wiederholt, um auch hier einen Vergleich mit älteren Beobachtungen zu erhalten. Die früheren Messungen stammen teils aus dem Jahre 1863 (von Falbe und Bluhme) und teils aus dem internationalen Polarjahr 1882/83 (von Ryder) und sind natürlich auch mit dem Mond erhalten und mit entsprechender Ungenauigkeit behaftet. Jensen schlägt sie daher zu einer mittleren, dem Jahre 1873 entsprechenden Messung zusammen, der er nun seine eigene, viel genauere und vor allem von der Möglichkeit größerer systematischer Fehler freie Messung gegenüberstellt. Das Ergebnis ist auch hier eine Verschiebung Grönlands in der Zwischenzeit um 980 m oder um 20 m pro Jahr nach Westen.
Das Ergebnis dieser Messungen habe ich [175] zusammen mit demjenigen der ostgrönländischen Beobachtungen zur Veranschaulichung in Abb. 6 dargestellt, wobei der Radius der einzelnen Kreise nach Maßgabe der Skala auf der Abszissenachse gleich dem mittleren Fehler der Messungsreihe in Metern gewählt ist, wodurch sogleich die viel größere Genauigkeit der Jensenschen Beobachtungen in die Augen springt. Die Beobachtungen unter I beziehen sich auf die Sabineinsel in Nordostgrönland, die unter II auf Godthaab in Westgrönland. Hier sind neben dem oben genannten Mittel der älteren Beobachtungen auch noch die Werte von 1863 und von 1882/83 selbst eingetragen; ihr Unterschied würde allerdings in entgegengesetzter Richtung gehen, allein bei der Kürze der Zwischenzeit darf man hierin wohl nur den Einfluß ihrer Ungenauigkeit sehen. Jede von ihnen gibt aber, mit Jensens viel späteren Beobachtungen verglichen, eine mit der Zeit wachsende geographische
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_027.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)