Gebirge endlich repräsentiert das dritte Stadium. Die Sedimentdecke ist hier zum allergrößten Teile ganz beseitigt, und der Aufstieg des Urgebirges ist vollendet. Auch die Abtragung der Sedimenthaube eines Gebirges vollzieht sich also unter Wahrung der Isostasie.
Sehr häufig kann man erkennen, daß die parallelen Faltenzüge eines Gebirges gestaffelt liegen. Verfolgt man einen solchen Faltenzug, so findet man, daß er früher oder später an den Rand des Gebirges heraustritt und schließlich erlischt, worauf die nächst innere Kette den Rand bildet, um in einiger Entfernung gleichfalls zu erlöschen usw. Dies ist dann der Fall, wenn die beiden Schollen sich nicht gerade aufeinander zu bewegen, sondern eine scherende Bewegung, wenn auch mit einer Komponente gegeneinander, haben. Allgemein läßt sich die Wirkung der verschiedenen Bewegungen der Schollen relativ zueinander durch Abb. 49 veranschaulichen: Die linke Scholle sei fest, die rechte bewegt. Ist ihre Bewegung normal zur Schollengrenze hin gerichtet, so entstehen keine Staffelfalten, aber besonders große Falten (Überschiebungen); ist sie schräg zur Schollengrenze hin gerichtet, so entstehen Staffelfalten, die um so enger und niedriger werden, je mehr die Bewegungsrichtung parallel zum Schollenrande wird. Bei genauer Parallelität entsteht eine Gleitfläche mit Blattverschiebung; besitzt endlich die Bewegung eine Komponente, die von der Schollengrenze fort gerichtet ist, so haben wir schräge bzw. normale Abspaltung, die zunächst als Grabenbruch in Erscheinung tritt. Das Verhältnis der normalen zu den gestaffelten Falten können wir sehr gut mit einem Tischtuch veranschaulichen, wenn wir denjenigen
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_192.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)