Zum Inhalt springen

Seite:Die Gartenlaube (1853) 039.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Drei Uebel des menschlichen Mundes.

Wie quälend sind doch Zahnschmerzen! wie garstig sieht es in einem Munde voll schwarzer Zähne oder Zahnlücken! wie abstoßend ist ein übelriechender Athem! Wer stimmte wohl in diesen Ausspruch nicht mit ein? Wer gab sich aber von Euch Lesern wohl Mühe, diesen drei, das Gefühl, den Gesichts- und Geruchssinn tief verletzenden Uebeln bei sich oder den Seinigen vernünftig entgegen zu treten? Und doch ist dies so leicht möglich, wenn man sich nur über das, was im Munde vorgeht, unterrichten läßt. Leider fühlen aber die wenigsten Menschen ein Bedürfniß, über die Erscheinungen in der Natur und über sich selbst solche Aufklärungen zu erhalten, die für ihr körperliches und geistiges Wohl von Nutzen sein können. Wenn sie nur das in den Schulen lernen, was ihnen Geld zum bequemen Leben, zum guten Essen und Trinken (baierischen Biere und Austern), zum L’Hombre in der Harmonie, zum Schafskopfe und Politisiren auf der Bierbank, zu Titeln und Orden und dgl. schafft. Gegen Krankheiten sind ja die Apotheken mit ihren Pulvern und Tincturen, sowie Aerzte da, und helfen die nicht, nun so werden schon Bäder oder Kaltwasserheilanstalten, Magnetiseure oder Somnambülen, Schäfer oder Hufschmiede, Lebensessenzen und andere Geheimmittel – den Rest von Gesundheit ruinieren. O, ihr leichtgläubigen Thoren! werft doch nur einige verständige Blicke in die Natur und laßt Euch nicht so auf Unkosten Eurer Gesundheit und Eures Geldbeutels von Quacksalbern an der Nase herumführen. Doch zur Sache, denn Euren unvernünftigen Glauben an übernatürliche Kräfte nimmt man Euch doch nicht.

Schneidezahn,
seiner Länge nach durchsägt.
a) Schmelz oder Email.
b) Zahnbein.
c) Zahnkitt oder Cement.
d) Zahnkanälchen.
e) Zahnhöhle.
f) Zahnkeime.

In dem gesunden Munde eines erwachsenen Menschen stehn 32 weiße, glänzende Zähne, in jedem Kiefer 16 Stück, von denen die vordersten Schneidezähne (8 Stück), die seitlichen Eckzähne (4 Stück) und die hintersten Mahl- oder Backzähne (20) heißen. Jeder Zahn hat eine Krone und diese sieht man frei im Munde, von einer email- oder glasähnlichen Masse überzogen, hervorstehn; vom Zahnfleische umgeben befindet sich darunter der Hals und in dem Kiefer steckt die Wurzel des Zahnes, wie der Nagel in der Wand (die Zähne sollen deshalb auch wie dieser nicht ausgebrochen, sondern ausgezogen werden). An der Wurzel öffnet sich ein Kanälchen, welches in eine Höhle im Innern des Zahnes führt und durch welches Blutgefäße und Nerven in den Zahn hineintreten. Die Blutgefäße ernähren den Zahn, die Nerven, welche von allen Zähnen her im Kopfe (Gehirn) zusammenkommen, geben ihm seine Empfindlichkeit. Diese 32 sogen. bleibenden Zähne sind nun aber nicht etwa dieselben, mit welchen wir in unserer Jugend, vom 2ten bis 7ten Jahre, kauten, denn diese, Milchzähne genannt und nur 20 an Zahl, weil noch 12 Backzähne (die 3 hintersten auf jeder Seite, oben und unten) fehlen, fallen vom 7ten Lebensjahre allmählig aus, und werden von den bleibenden Zähnen ersetzt. Nur manchmal bleiben einige dieser Milchzähne stehen, trotzdem daß die bleibenden alle zum Vorscheine kommen, und so hat mancher Mensch überzählige Zähne; auch brechen bisweilen noch im hohen Alter, selbst bei hundertjährigen Greisen, neue Zähne hervor. Ja von Hercules erzählt man, daß er zwei Reihen Zähne hinter einander stehend gehabt habe; Ludwig XIV. kam schon mit den untern Schneidezähnen auf die Welt und der Sohn des Prusias, König von Bithynien soll nur Einen großen Zahn statt aller übrigen im Munde gehabt haben. – Das die Krone überziehende Email (der Zahnschmelz, die Glasur), welches wie ein todter Körper ohne alle Ernährung ist und sich niemals wieder ersetzt, wenn es durch Beißen auf feste Körper oder durch schnellen Temperaturwechsel der Zähne abgesprengt wurde, bietet wegen seiner Härte den besten Schutz für das Innere des Zahnes und erlaubt auch wegen seiner Glätte kein Hängenbleiben von Speisen. Wir müssen deshalb dahin streben, diesen Schmelz nicht zu verlieren; jedoch ist er zur Erhaltung des Zahnes durchaus nicht so nöthig, als man immer glaubt. Denn es lassen sich die Zähne ohne allen Nachtheil abfeilen und bei einigen wilden Volksstämmen an der Küste von Guinea ist es üblich, sich die Zähne zuzuspitzen, oder wie bei den Eingebornen von Sumatra den ganzen Emailüberzug abzusprengen. Die übrige Substanz des Zahnes ist eine knochenähnliche und kann wie die andern Knochen des Körpers sich entzünden, knochenfraßig werden und nach einem Bruche wieder heilen. Bisweilen unterliegt auch der Zahn diesen innern Krankheiten, allein in den allermeisten Fällen wird er von außen her und zwar

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_039.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)
OSZAR »