Verschiedene: Die Gartenlaube (1853) | |
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ein prasselndes Feuer, welches von dem blankgeputzten Kupfer und Messing hundertfältig zurückgespiegelt ward. Die Wohnstube war auf’s Sauberste gefegt und frisch aufgeputzt. Die Thür der Schlafkammer stand halb offen und ließ ganze Gebirge von roth- und blaugestreiften Federbetten sehen, die bis an die Decke hinaufreichten. Die Truhen und Kisten in der Brautkammer waren nur halb zugemacht und hier und da sah man einen Zipfel feine, weiße Leinwand hervorragen, während aus den Schubfächern allerlei bunte Gegenstände hervorlugten. Rings an den Wänden herum hing Marien’s Garderobe - schöne seidene, wollene und baumwollene Kleider, Tücher, Schürzen, Mäntel, Hauben, Hüte und Regenschirme in solcher Menge, daß dem Freier in Bezug auf die Ausgabe für die Garderobe seiner Frau binnen der nächsten zehn Jahre nicht Angst zu sein brauchte.
Die Thür der Milchkammer stand ebenfalls offen und gestattete einen Blick auf die vollen Milcheimer, die in enggeschlossener Reihe auf dem Fußboden von rothen Ziegelsteinen standen, während weiter hinten an der Wand ein ungeheurer Trog voll frischer Butter sichtbar war.
Sämmtliche Hausgenossen hatten natürlich ihre besten Sonntagskleider angelegt. Marie sah aus wie eine feine Dame in kolossalem Maßstabe, aber sie war nichts desto weniger wirklich hübsch mit ihren frischen, rothen Backen und gutmüthigen blauen Augen. Das Einzige, was mich an ihr unangenehm berührte, war, daß sie die von der Arbeit gerötheten dicken Finger der rechten Hand in goldene Ringe mit gefärbtem Glas, statt der Steine, gezwängt hatte.
Ihr Vater ging in seinem langen Rock und mit seiner kurzen Pfeife fortwährend hinaus und herein; er hatte sich gewaschen und rasirt und ein weißes Halstuch umgebunden, so daß ich ihn wirklich kaum wiedererkannte.
Endlich war der ersehnte Augenblick da. Zwei Leiterwagen rollten in den Hof und von den breiten eingehängten Sitzen herab stiegen drei oder vier stattliche Bäuerinnen und eben so viel langröckige Bauern, nahe Verwandte des Freiers, den sie begleiteten, um ihm bei seinem wichtigen Vorhaben zur Seite zu stehen.
Klaus Tram eröffnete den Zug. Er schritt mit der Miene eines Mannes, der sich seiner Bedeutung bewußt ist, in die Küche und durch dieselbe hindurch in die Wohnstube. Hier fanden sie Johann und seine Tochter, nebst einigen ihrer Verwandten. Der Anstand hatte ihnen nicht erlaubt, hinauszugehen und ihre Gäste zu empfangen; dies hätte ausgesehen, als ob sie auf die Heirath gar so sehr erpicht wären. In der Stube war der Empfang dafür desto wärmer, denn so wie die Gäste eintraten, wurden zwei dampfende Terrinen Suppe auf den Tisch gesetzt und nachdem man nur einige wenige Worte gewechselt, setzte man sich zu Tische.
Klaus Tram gab auch in der Unterhaltung den Ton an. Bald machte er eine Bemerkung in Bezug auf Johann’s dreißig Stück Kühe, dann erging er sich in einer längeren Hindeutung auf Niels Skytte’s Ziegelbrennerei, die, wie er sagte, „Dreck in Silber verwandeln könnte“ und wollte sich dann über seinen eigenen Witz halb todt lachen.
Das Gespräch drehete sich größtentheils um Ackerbau und Geld, ward aber nur mit Mühe im Gange erhalten. Es war klar, daß ein anderer Gegenstand die Gedanken der Tischgäste beschäftigte.
Die jungen Leute wechselten kein Sterbenswort mit einander; sie saßen am Tische einander gegenüber, sahen sich aber kaum an. Uebrigens war der Freier ein ganz hübscher junger Bursche mit kurzverschnittenem blonden Haar und einem rothen Taschentuch, welches fast zur Hälfte aus der großen Seitentasche seines Rockes heraushing.
Als die Suppe gegessen war, standen die Männer auf und stopften ihre Pfeifen. Tram streckte die Beine aus und sagte:
„Ich dächte, wir gingen nun einmal durch die Ställe.“
Und während die Männer dort waren, inspicirten die Weiber das Innere des Hauses, hoben die Federbetten in die Höhe, nahmen das Leinenzeug in prüfenden Augenschein und kosteten die Butter in der Milchkammer.
Nach einiger Zeit rief Marie ihre Gäste wieder zu Tische. Das Fleisch, welches die Brühe zur Suppe geliefert hatte, ward jetzt mit in Butter schwimmenden Kartoffeln aufgetragen. Auch standen auf dem Tische Schaalen mit klarem weißen Zucker, dessen man in der That auch wirklich höchst nothwendig bedurfte, um die dunkelrothe Flüssigkeit zu versüßen, welche unter dem Namen Wein in die Gläser geschenkt ward.
Nun ward das Gespräch bedeutend lebhafter und drehete sich um das Gut und dessen Viehstand. Einer unzeitigen Schmeichelei konnte man die Gäste durchaus nicht beschuldigen; sie lobten nur, was handgreiflich gut war und nahmen keinen Anstand, an dem alten Wohnhause allerlei auszusetzen und zu berechnen, was wohl ein Neubau kosten würde.
Hierauf trat abermals eine Pause ein, die Pfeifen wurden wieder gestopft, und ein zweiter Spaziergang angetreten, bis eine prachtvolle, herrlich gebratene Schöpskeule auf den Tisch gesetzt ward. Man ging nun allmälig näher auf den Zweck des Besuches ein und sprach sich ohne Rückhalt über den beiderseitigen Stand des Vermögens und der sonstigen Habe aus. Während die Gesellschaft Kaffe trank, der ihr von Marien in nicht geringen Quantitäten aufgenöthigt ward, war man der Verständigung ziemlich nahe gekommen und als der Bräutigam seinen Löffel quer über die Obertasse legte, um dadurch anzudeuten, daß es ihm unmöglich sei, eine siebente Tasse zu trinken, war er mit meinem Wirth bis auf ein paar hundert Thaler einig, welche, wie er meinte, Johann der Ausstattung seiner Tochter noch hinzufügen könnte.
Eine Zeit lang schien es, als wenn keine von beiden Parteien zum Nachgeben geneigt sei und Tram sah sich genöthigt, verschiedene diplomatische Missionen von der einen Seite des Zimmers nach der andern zu unternehmen und zwischen den beiden Parteien zu unterhandeln, die sich in entgegengesetzten Ecken gruppirt hatten und die Sache unter sich discutirten.
Endlich ward ein Traktat abgeschlossen und Johann sagte trocken:
„Na, meinetwegen. Was meinst Du denn dazu, Marie?“
Und Marie, welche emsig beschäftigt war, den Tisch abzuräumen, blieb mit einem Haufen Geschirr in den Händen einen Augenblick an der Thür stehen, drehete sich halb herum und sagte:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)