Verschiedene: Die Gartenlaube (1853) | |
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insbesondere die in Fabriken angefertigten, nicht genähten, sondern mit hölzernen Stiften versehenen, dessenungeachtet aber zierlich und dauerhaft gearbeiteten, beinah billiger als in Deutschland. Da nun die Mädchen weder grobe Arbeit noch viele Wege zu verrichten brauchen, weil alle Lebensmittel in der Nähe der Wohnungen zu haben sind, viele Ausrichtungen von selbst wegfallen, indem die Amerikaner wenig mit Andern im Verkehr leben, so zerreißen sie auch wenig Kleidungsstücke und haben Zeit genug, sie selbst anzufertigen, oder wenn sie dazu nicht im Stande sind, wenigstens sie auszubessern, und können daher fast allen Lohn sich ersparen. Freilich aber wollen sie im Aufwande hinter den Amerikanerinnen nicht zurückbleiben, und dann geht ein großer Theil ihres Lohnes in Luxusgegenständen wieder drauf. Das Widerlichste aber für die Herrschaft ist, daß alle Miethverträge nur auf einen Monat abgeschlossen werden, und daß das Mädchen vorher nicht zu kündigen braucht. Der Herrschaft steht zwar dasselbe Recht dem Mädchen gegenüber zu. Sie wird aber höchst selten davon Gebrauch machen, sobald die Magd nur einigermaßen gut ist, während das Mädchen, um höhern Lohn von der Herrschaft zu erpressen, oder um sie des erhaltenen geringfügigen Verweises wegen in Verlegenheit zu setzen, mit Ablauf des Monats anzeigt, daß es denselben Abend noch, oder am nächsten Morgen aus dem Dienst gehen werde. Dann mag die Herrschaft zusehen, woher sie sofort eine andere Magd bekommt. Ist die Magd frech oder faul, so muß man das über sich ergehen lassen, oder sie durch Auszahlung des vollen monatlichen Lohns sich vom Halse schaffen, da man nur wegen begangener Verbrechen sie ohne Lohnzahlung aus dem Dienste weisen kann. Schickt man sie fort wegen ein oder der andern Untugend, selten bekommt man bessere, da man sie immer aufs Geradewohl miethen muß, weil kein Mädchen Zeugnisse seines Wohlverhaltens mit sich führt. Das Verhältniß der Dienstboten zur Herrschaft allein kann dem, der an Aufwartung gewöhnt ist, den Aufenthalt in Amerika verleiden. Dem wird nun von Manchen entgegengehalten, daß es nicht auffalle, wenn man die Dienste der Mägde selbst verrichte: die Schuhe putze, Zimmer und Straße kehre u. s. w. In gewissen Kreisen, bis zum vermöglichen Mittelstande, sind solche Verrichtungen allerdings nicht anstößig. Indessen die Reichen hüten sich gar sehr sie vorzunehmen, und wer mit ihnen im Verkehr leben will oder muß, mag sich ebenfalls derselben enthalten, will er nicht in ihren Augen sich erniedrigen. Zugestanden aber, in solchen Verrichtungen liege nichts Anstößiges: ist ihre Vornahme für den, der in der Lage ist, eine Dienstmagd sich halten zu können, eine Annehmlichkeit, oder daß man sie, ohne Anstoß zu erregen, vornehmen kann, ein Vorzug der Vereinigten Staaten – wie manche wunderbarer Weise behaupten wollen?
St. Petersburger Adreßbuch. Zu den Merkwürdigkeiten dieser Hauptstadt, sagt die Petersburger Zeitung, gehört ein Buch, das das einzige in der ganzen Welt sein dürfte, welches über eine Million Seiten zählt, dessen Blätter mit Eisenstäben zusammengeheftet sind und dessen Einband das Stockwerk eines großen Hauses ist. – Dieses Riesenbuch nimmt die obere Etage der Uprava (Polizeiamt) ein und ist der sogenannte Adreßtisch, der zwar schon seit längerer Zeit besteht, aber erst seit kurzem den letzten Grad der Vollendung erreicht hat und noch keineswegs so allgemein bekannt ist, wie er seiner Nützlichkeit und zweckmäßigen Einrichtung wegen verdient. Sobald nämlich Jemand seine Wohnung verändert – und dieser Fall tritt laut offiziellen Angaben in Petersburg täglich zweitausend Mal ein – füllt der Hausbesitzer einen vorschriftsmäßig gedruckten und eingerichteten Schein mit dem Namen und Stande des neuen Miethsmannes aus und schickt ihn auf das Comtoir des Quartaloffiziers, der ihn ohne Zeitverlust an den Adreßtisch befördert. Hier ist eine kleine Anzahl von Beamten hinreichend, um die einlaufenden Scheine sogleich nach den Ständen und nach den Anfangsbuchstaben des Namens zu klassifiziren. Die Zettel, welche alle zu diesem Zwecke auf der linken Seite zwei große runde Löcher haben, werden ganz einfach an bogenförmigen Eisenstäben aufgereiht, die sich in der Mitte öffnen lassen, so daß man augenblicklich beliebige Blätter herausnehmen und neue hinzuthun kann. Lange Reihen solcher Zettelstäbe in schönster Ordnung füllen im eigentlichen Sinne mehrere geräumige Säle, und so bedarf es nur weniger Minuten, um den Aufenthalt des obscursten Petersburgers, der gestern ausgezogen, unfehlbar ausfindig zu machen.
Briefkasten.
Aus Gera. Bei der angestrengtesten Arbeit, die nach Ihren Zeilen Ihnen obzuliegen scheint, ist es doppelt hübsch von Ihnen, sich so ausführlich mit den gestellten Fragen beschäftigt zu haben. Aber Sie haben dieselben mehr von Ihrem eigenen persönlichen Standpunkt aus behandelt und mehr die äußeren Verhältnisse, als den innersten Menschen betrachtet. – Aus Jena. (H. G.) Ihnen nicht minder freundlichen Dank als Ihrer (Frau ober Fräulein) Schwester, obgleich diese in manchen Punkten den Fragen schon tiefer und schärfer zu Grunde geht als Sie. Wenn Sie diese Zeilen lesen, werden Sie schon meine Beantwortungen in Händen und gesehen haben, wie dieselben mit manchen der Ihrer Schwester frappant zusammen stimmen, wenn auch mehr dem innern Sinne nach als der Darstellung. So namentlich bei Frage 3, 4, 5. und 10. Bei Frage 8 stimmte ich in meiner Beantwortung mehr mit Ihnen, als mit Ihrer Schwester, doch hat auch deren Beantwortung so viel Richtiges, daß ich mich nicht enthalten kann, sie hier zu weiterer Beachtung mitzutheilen. – Fr.: Wer erscheint in einer Gesellschaft oft am geistreichsten? – Antw.: Der Belesene. Erborgte, auswendig gelernte Weisheit, läßt sich gewandter wiedergeben als eigenes Wissen, die Frucht reiflichen, tiefen Denkens. Ebenso ist die Beantwortung Ihrer Schwester von Frage 9, einer besonderen Beachtung werth, so daß sich Viele dieselbe merken möchten. – Fr.: Wem bieten wir am liebsten unsere Wohltaten an? – Antw.: Dem, der es recht laut in der Welt ausposaunt. Der Fragsteller. – Dr. L--u. in Frkft. Sie sind nicht glücklich in der Wahl Ihrer Stoffe. Die Hutgeschichte ist nicht neu und die Einkleidung allein thut’s nicht. Das Freiexemplar wird Ihnen in der angedeuteten Weise zugehen. – Hbr. in Pl. Freundlichen Dank für das ausführliche Schreiben. Sie werden das Gesandte in der nächsten Nummer finden.
Berichtigung. Nr. 5. Seite 45, ist in der 2. Spalte, Zeile 1, statt Angel „Regel“ zu lesen.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_066.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2020)