Verschiedene: Die Gartenlaube (1853) | |
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ein Pumpwerk mit Druck- und Saugwirkungen. Geschickt wird es zu dieser wechselnden Wirkung durch die Muskelfasern, die, wenn und wo sie einen hohlen Raum umgeben, denselben durch ihre Contraction oder Verkürzung verkleinern, mithin den Inhalt hinaustreiben, und durch ihre Erschlaffung ihn wieder zur Aufnahme neuer Flüssigkeiten fähig machen. Darauf beruht der Vorgang im Herzen. Das Wechselspiel in der Zusammenziehung und Ausdehnung des Herzens, wodurch das Blut ausgetrieben und sein neues Einströmen ermöglicht wird, stellt sich als die mechanische Ursache des Kreislaufs dar. Die linke Herzkammer treibt ihr Blut in die große Körperschlagader (Aorta) und beginnt damit den großen Kreislauf; gleichzeitig drängt die rechte Herzkammer ihr Blut in die Lungenschlagader, womit der kleine Kreislauf seinen Anfang nimmt. Da die das Blut forttreibende Zusammenziehung an den Vorhöfen beginnt und in diese, wie man weiß die großen Blutadern münden, so liegt die Frage sehr nahe: ob denn jene Zusammenziehung das Blut nicht auch in letztere drängen müsse? Allerdings würde dies der Fall sein, wären nicht gegen die Blutadern Klappen angebracht, welche einen solchen Rückfluß hindern. Diese weise Vorrichtung der Klappen finden wir allenthalben da, wo ein gleicher Zweck erreicht werden soll; so in derselben Weise in den Kammern, damit das in sie getriebene Blut der Vorhöfe nicht in diese bei der Zusammenziehung der Kammern selbst zurückströmen kann, sondern einem einzigen Auswege gegen die Schlagadern hin folgen muß. Das Andrängen des Bluts gegen die Kammern schleudert diese gegen die Rippen, was den fühlbaren Herzstoß oder Herzschlag giebt. Erschlaffen die Muskelfasern des Herzens wieder, so bewirkt neu einströmendes Blut die Ausdehnung der Kammern, die auf ihrem höchsten Grade abermals in Zusammenziehung übergeht; und so fortwährend in rascher Aufeinanderfolge und in vollkommen gleichartiger Arbeit beider Herzhälften, wie es zur Vermeidung von Störungen in dem geregelten Gange der Flüssigkeiten, den wir mit einem hydraulischen Werke verglichen haben, erforderlich ist.
Der Herzschlag den man links zwischen der 5. und 6. Rippe mehr oder minder deutlich fühlt, ist die Ursache des Pulsschlages in den Schlagadern, der im gesunden Körper durchschnittlich in der Minute siebenzig bis fünfundsiebenzigmal erfolgt. Einige andere Herztöne werden durch die Bewegung des Blutes gegen die Wände des Herzens und der großen Schlagadern, oder als Geräusche der Herzklappen, und deren Spannung erklärt. Der Blutlauf durch die Schlagadern, von den Herzbewegungen begonnen, wird durch die Elasticität jener Adern und die sich schnell folgenden Zusammenziehungen der Kammern in fortwährender (aber etwas ungleich geschwinder) Bewegung erhalten. Eine Blutwoge drängt die andere. Die Erschütterung der Wände durch die fortgetriebene Blutsäule bewirkt den Pulsschlag. Der Blutlauf durch die Haargefäße, obgleich noch fortdauernd unter dem Einflusse der Herzthätigkeit, ist doch schon durch die größere Entfernung vom Herzen langsamer und ohne Schlag, und wird mehr durch die eigenthümliche Thätigkeit der Organe vermittelt. Gleichwohl darf man sich diese Langsamkeit deshalb nicht mit einem großen Zeitverluste verbunden denken; das Blut hat kaum eine Minute nöthig, um den kleinen und einen bedeutenden Theil des großen Kreislaufes durchzumachen, so daß man eine Minute als runde Zahl für die mittlere Kreislaufsdauer beim Menschen annehmen kann. In zwei Minuten hat durchschnittlich das gesammte Blut des Körpers die Lungen durchsetzt. – Der Druck von der Kammerzusammenziehung pflanzt sich in die Haargefäße und Blutaderwurzeln fort; und so wird der Blutlauf in den Blutadern durch eine Kraft im Rücken vorwärts gegen das Herz getrieben; aber da der Druck geringer ist, auch mit geringerer Geschwindigkeit. Wieder in der Nähe des Herzens angelangt, befördert der Umstand, daß durch Austreibung des Blutes aus den Vorhöfen in die Kammern in ersteren momentan ein leerer Raum sich bildet, das Einströmen des Blutes aus den vollen Blutadern in die Vorkammern, auch hier durch viele Klappen, als ebensoviele Sicherheitsventile, in den Blutadern verhindert wird. Um den für die Auffassung nicht schwierigkeitslosen Blutumlauf, den wir hier nicht vollständig abbilden können, unsern Lesern recht anschaulich zu machen, nehmen wir zu einer sinnbildlichen Darstellung (Schema) unsere Zuflucht, an der sich die beiden Blutbahnen und ihre Durchschlingung im Herzen ganz gut werden einprägen lassen.
In Fig. III ist a die rechte, b die linke Herzkammer, c der rechte, d der linke Vorhof. Aus a geht die Lungenschlagader e durch die Haargefäße der Lungen, die man sich an der Stelle des Ringes f denken mag, in die Lungenblutadern g über, die in den linken Vorhof münden. Die große Körperschlagader h theilt sich in zwei Haupthälften für den obern und untern Körper. Die Schlagadern i der ersteren Hälfte lösen sich in ihre Haargefäße k auf und gehen dann in ihre Blutadern l über. In gleicher Weise sind m die Schlagadern der zweiten Hälfte, n die Haargefäße, o die Blutadern. Die Hohladern l und o münden endlich in dem rechten Vorhofe c. Da, wie man weiß, keine unmittelbare Verbindung aus der rechten Herzhälfte c a in die linke d b führt, so muß das von den Hohladern l und o in die rechte Vorkammer c geflossene und in die rechte Kammer a weiter getriebene Blut den Lungenkreislauf e f g durchmachen, um in das linke Herz d b zu gelangen. Man ersieht daraus, daß kein Tropfen Blutes von Neuem in die Bahnen i k l und m n o zurückkehren kann, ehe er den Weg durch die Lungen behufs neuer Beathmung gemacht hat. – Betrachten wir das Blut in Hinsicht seiner Farbe, so strömt der dunkelrothe Inhalt der Hohladern l o dem rechten Herzen c a zu, kommt von da in die Lungenschlagader e
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_094.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)