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Seite:Die Gartenlaube (1853) 127.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

nimmt, schüttet erst ein wenig mit Indigo oder sonst gefärbtes Wasser hinein, dann auf dasselbe vorsichtig ungefärbtes, so daß beide sich nicht vermischen, endlich obenauf Spiritus und zündet den letzteren an, so kann man ihn brennen lassen, so lange als man will, das gefärbte Wasser wird ruhig am Boden bleiben; hält man aber eine Spirituslampe darunter, so wird man sofort das gefärbte emporsteigen und mit dem andern sich vermischen sehen.“

„Wenn aber das Wasser gleichförmig erwärmt ist?“

„Wenn es bis 80 Gr. R. erwärmt ist, dann kocht es. Was heißt das?“

„Es wallt!“

„Nicht alles, was wallt, kocht. Wenn das Wasser bis 80 Gr. erwärmt ist, dann kocht es, d. h. dann entwickelt sich Dampf. Man kann das Wasser nur bis zu 80 Gr. erhitzen; jeder Grad Hitze mehr, der in das Wasser kommt, verwandelt einen Theil davon in Dampf und entweicht mit demselben, wenn der Dampf nicht durch großen Druck zurückgehalten wird. Man kann das Feuer unter einem Topfe so groß machen, die Glut so hoch anfachen als man will, das Wasser wird wohl schneller kochen, aber nicht im mindesten heißer als 80 Grad werden.“

„Achtzig Grad R. ist also der Siedepunkt, wie man sagt?“

„Ja, bei gewöhnlichem Zustande der Luft, wie hier bei uns. Je höher der Ort liegt, an dem man Wasser kocht, bei um so wenigeren Graden Hitze kocht es. Wasser z. B., das man auf dem hohen Gipfel eines Berges kocht, ist nicht so heiß, als das, welches unten am Fuße dieses Berges gekocht wird. Auf dem Gipfel des Montblanc ist der Siedepunkt vielleicht 70 Grad. Je schwerer die Luft von der Menge Feuchtigkeit in ihr ist, um so heißer muß das Wasser werden, ehe es kocht. Wenn man es in einem Gefäße kocht, aus dem die Luft herausgepumpt worden ist, erreicht man seinen Zweck bei wenigen Wärmegraden. Daß das Kochen von dem Drucke abhängt, der auf dem Wasser ruht, beweiset man auch auf eine gewiß seltsame Art. Man kann nämlich Wasser durch Kälte kochen.“

„Warum nicht gar!“

„Füllt einmal etwas kochendes Wasser in ein Fläschchen, so daß es vielleicht zum vierten Theile voll ist, und stöpselt es fest zu. Das Kochen wird aufhören und die oberen drei Viertheile des Fläschchens werden sich mit Dampf füllen. Spritzt Ihr dann eiskaltes Wasser an die Flasche über dem Wasser, so wird dies sofort wieder zu kochen anfangen. Warum? Der Dampf in der Flasche drückt auf das heiße Wasser. Die Kälte condensirt den Dampf, d. h. verwandelt ihn wieder in Wasser. Dadurch wird der Druck entfernt – das heiße Wasser kocht und entweicht in Dampf so lange, bis es sich abkühlt. Auch auf einem Berge oben kocht das Wasser bei weniger Wärme, weil die Luft da nicht so schwer darauf drückt, als unten, mit andern Worten, weil sie oben leichter ist. Fünfhundert und dreißig Fuß Höhe machen etwa einen Grad Unterschied im Siedepunkte. Also kann man genau wissen, wie hoch man auf einem Berge oder meinetwegen nach dem Monde hinaufsteigt, wenn man einen Kessel mit Wasser und einen Thermometer bei sich hat.

„Das Wasser kocht aber auch in einem Gefäß schneller, d. h. bei weniger Hitze, als in einem andern, in einem metallenen z. B. leichter als in einem gläsernen. Die Metallfläche ist rauh und diese Rauhheit giebt viele kleine Zacken und Spitzen, von denen die Hitze in das Wasser übergeht, während es sich an eine glatte Fläche dicht und fest anlegt. Wirft man etwas Eisenfeilicht in das Wasser, dann kocht es eben der vielen Spitzen wegen schneller; wirft man Heu, Stroh u. s. w. in einen Kessel heißen Wassers, so steigt sofort Dampf auf. Der Siedepunkt des Wassers hängt aber von noch etwas Wichtigem ab, das der Theekessel z. B. jedesmal selbst meldet, ehe es kocht, obgleich nicht Alle seine Sprache verstehen. Das Singen des Kessels sagt uns...“

„Daß das Wasser bald kochen wird!“

„Allerdings, aber hauptsächlich daß das Wasser Luft enthält. Das Singen des Kessels ist das Geräusch, das die entweichende Luft macht, welche durch die Wärme aus dem Wasser vertrieben wird. Sie hängt an dem Wasser, bis die Wärme sie ausdehnt, so daß sie emporsteigen muß. Hält man ein Glas mit Wasser unter eine Luftpumpe, so fängt das Wasser an Blasen zu werfen, als wenn es koche; die Blasen sind die Luft, die ausgepumpt wird. Die Luftbläschen in dem Wasser wirken wie Keilchen zwischen den unsichtbaren kleinen Tropfen, die das Wasser ausmachen. Wenn sie nicht wären, würde das Wasser eine Masse sein, die so fest zusammenhielte, daß sie sich nicht in Dampf verwandeln ließe und nicht kochte, bis sie zu etwa 90 Grad erhitzt wäre, wie man nachweisen kann, wenn man Wasser kocht, aus dem die Luft ausgepumpt worden ist. Und nicht blos das; wenn es kochte, würde es auf einmal kochen und mit einem Knalle auffliegen.“

„So taugte ganz reines Wasser nichts?“

„Wasser, das so rein wäre, daß es nicht einmal Luft enthielte, wäre zu nichts zu brauchen. Vor allen Dingen könnten keine Fische darin leben; es würde ferner nicht zum Trinken taugen und man könnte es nicht kochen.“

„Wenn man nur zusehen könnte, wie das Wasser kocht!“

„Das ist allerdings ein gar merkwürdiges Schauspiel und man kann es sich verschaffen, wenn man Wasser in einem Glasgefäße kocht; das beste ist eine lange Glasröhre, die man mit einer Spirituslampe erhitzt; da sieht man zuerst, wie das Wasser in Bewegung kommt und wie die Luftbläschen durch die Wärme vertrieben werden. Wird das Wasser heißer, so erscheinen andere Bläschen, die von dem Boden emporsteigen. Kommen sie höher hinauf, so werden sie kleiner und ganz oben im Wasser kann man sie kaum noch erkennen. Das sind Dampfblasen und sie werden nach oben hin kleiner, weil da das Wasser nicht so warm ist als unten und bei weniger als 80 Gr. der Dampf wieder zu Wasser wird. Wird das Wasser gleichförmig heiß, so werden die Blasen größer, steigen schneller empor und entweichen an der Oberfläche, wenn man dies ihnen gestattet. Und der Dampf durfte viele Jahrhunderte hindurch entweichen, ehe der Mensch ihn zwang, für ihn zu arbeiten.“

„Der Dampfbezwinger hieß Watt, denn er erfand die Dampfmaschine.“

„Sehr richtig, und die Erklärung, wie dieselbe wirkt, ist sehr leicht. Das Wasser, welches in Dampf verwandelt wird, nimmt einen unendlich größern Raum ein als gewöhnliches Wasser. Kälte verwandelt den Dampf wieder in Wasser, das somit in einen kleineren Raum zurückkehrt.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_127.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)
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