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Seite:Die Gartenlaube (1853) 173.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

a, Oberer, b, mittler, und c, unterer Lappen der rechten Lunge. d, Oberer und e, unterer Lappen der linken Lunge. f, Herz. g, Lungenpulsader. h, Lungenblutader. i, Große Körperpulsader. k, Obere Hohlader. l, Zwerchfell. m, Unteres Ende des abgeschnittenen Brustbeins. n, Luftröhre. o, Kehlkopf. p, Leber. q, Magen. r, Quergrimmdarm.

Was den eigentlichen Vorgang beim Athmen betrifft, so beginnt derselbe sofort nach der Geburt mit dem Einziehen von atmosphärischer Luft durch Mund, Nase, Kehlkopf, Luftröhre und ihre Aeste bis in die Lungenbläschen, welche nun im gesunden Zustande niemals wieder leer von Luft werden. Aus dieser eingezogenen Luft dringt nun fortwährend nach rein physikalischen Gesetzen, ein Theil des Sauerstoffs durch die Bläschen- und Blutgefäßwände in das dunkelrothe Blut der die Bläschen umspinnenden Haarröhrchen und dafür tritt auf demselben Wege eine ähnliche Quantität Kohlensäure aus diesem Blute heraus in die Luft der Bläschen. Durch diesen Austausch von Sauerstoff und Kohlensäure wird, wie schon oben erwähnt wurde, das dunkelrothe Blut in hellrothes verwandelt, welches letztere dann durch die Lungenblutadern und die linke Herzhälfte in die Körperpulsadern abfließt. Würde nun nicht stets neue atmosphärische Luft in die Lungen ein- und die alte Luft ausgeführt, so würde sehr bald aller Sauerstoff der in der Lunge vorhandenen Luft in das Blut übergegangen, dafür aber die jetzt sauerstofflose Luft mit Kohlsäure überfüllt sein, sonach der Zweck des Athmens (Aufnahme von Sauerstoff in das Blut und Entfernung von Kohlensäure aus dem Blute) aufgehört haben. Um nun fortwährend neue sauerstoffhaltige Luft in die schon lufthaltigen Lungen einzuführen und einen Theil der kohlensäurereichen aus der Lunge herauszubefördern, ist das Athmen, die Respiration, eingerichtet, bestehend aus dem Einathmen (Inspiration) und aus dem Ausathmen (Expiration). Das Erstere geschieht dadurch, daß mit Hülfe der Athmungsmuskeln, vorzugsweise des Zwerchfells, der Brustkasten wie ein Blasebalg ausgedehnt, dadurch die Brusthöhle erweitert und Luft eingezogen wird; das letztere besteht dagegen in nachfolgender Verengerung der Brusthöhle, wodurch die vorher ausgedehnten Lungen wieder zusammengedrückt und eines Theiles ihrer Luft entledigt werden. Die ausgeathmete Luft ist natürlich anders beschaffen, als die eingeathmete, da die erstere ärmer an Sauerstoff, dagegen reicher an Kohlensäure und Wasser als letztere sein muß. Die Anzahl der Athemzüge ist nach Alter, Geschlecht und Körperbeschaffenheit sehr verschieden, auch variirt dieselbe sehr häufig bei denselben Personen und zu verschiedenen Zeiten. Erwachsene athmen etwa 12 bis 20 Mal in der Minute ein, Säuglinge gegen 40, Kinder 26, junge Leute 20–24 Mal. Eigenthümliche Abänderungen erleidet das Einathmen beim Gähnen, Seufzen, Schluchzen, Keuchen, Schnüffeln, Saugen und Schlürfen, das Ausathmen dagegen beim Husten, Niesen, Räuspern, Hauchen, Schnäuzen, Lachen und Weinen.

Athmungs-Regeln werden in einer der nächsten Nummer folgen.




Lebens- und Verkehrsbilder aus London.

In Briefen von einem in London lebenden Deutschen.
II.
Die Ostermesse in London.

In einem Lande, wo „statistische Tabellen“ herrschen, und die Regierungsweisheit größtentheils darin besteht, Zahlen und Massen „Rechnung zu tragen“, spielen die capite censi oder (um es in ein deutscheres Latein zu übersetzen) Proletarier auch ohne das Recht, alle 6 Jahre einen mit einem bezahlten Namen beschriebenen Zettel abgeben zu dürfen und so das höchste politische Recht zu genießen, eine viel bedeutendere Rolle, als sich die Herren im Ober- und Unterhause träumen lassen. Seit der großen Ausstellung, die jetzt in dem prächtigen Parke Sydenhams zu dem glänzendsten Volksbildungstempel vereinigt wird, hat in England eine neue Epoche der Geschichte angefangen, deren Hauptinhalt darin besteht, daß sich das politisch-unberechtigte Volk in seiner Selbstständigkeit und Bildung selbst vertritt und in allen wichtigen politischen Angelegenheiten, ohne Vertretung, den Ausschlag giebt. Wir benutzen die Gelegenheit der Londoner Ostermessen, uns dieses Volk einmal so recht in der Nähe und so hübsch beisammen anzusehen.

Unsere Reise geht zunächst diesseits der Themse, drei Meilen weit von der City östlich durch lange, zum Theil ungemein breite, stets überfüllte Straßen, an unzähligen engen, schmutzigen, dunkeln Seitenstraßen vorbei. Wenn wir uns im Hauptstrome halten, kommen wir ganz sicher in die Stepney-Messe hinein, ein Labyrinth von Menschen, Buden, Apfelsinen, Austern, Zuckerwerk, Spielsachen, Flaschenbatterien, Polichinell-Theatern, Jongleurs, Musikanten, wilden Thieren, Zwergen, Riesen, Mißgeburten entweder ohne Hände mit den Füßen schreibend, oder ohne Füße auf den Händen gehend, nachgemachten Negern, Indianern, Menschenfressern, Penny-Theatern, Public-, Thee- und Pie-Häusern mit großen Fahnen auf den Dächern an schiffsartig aufgetakelten Masten, in ein Geschrei, Gewühl, ein Drängen und Stoßen, ein liebenswürdiges Lumpengesindel, das an Ausdehnung, Dichtigkeit, Gutmüthigkeit und Kaltblütigkeit seines Gleichen in der ganzen Welt nicht finden mag.

Wir sind mitten auf dem berühmten Stepney-Markte. Sie nennen es hier „Fair“, was auf deutsch „Fehr“ heißt, denn man kann es weder mit „Messe“, noch „Markt“ übersetzen. Auf Märkten und Messen ist die Hauptsache kaufen und verkaufen; die Fairs sind Volksfeste, wo man nur im Ernste verkauft. Alles Kaufen ist Spaß und dient nur der Volkslust.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_173.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)
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