Verschiedene: Die Gartenlaube (1853) | |
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entschlossen, meine Verfolgung nie aufzugeben und die Schwierigkeiten, die mir entgegentraten, dienten nur dazu, mich in meinem Vorsatze zu bestärken.
„Endlich erlangte ich einige Auskunft hinsichtlich meines Feindes, die mich nordwärts führte, und als ich ungefähr fünfzig Ligas von diesem Orte eines Abends durch eine wüste Gegend wanderte, erreichte ich einen Reiter, der vorsichtig vor mir her ritt und sich so argwöhnisch und ängstlich umsah, daß augenblicklich der Verdacht in mir erwachte, er müßte das Thier, auf welchem er ritt, gestohlen haben. Er wendete sich um, als ich näher kam – unsere Blicke begegneten sich – es war mein alter Feind. Meine Erscheinung schien wie ein Blitzstrahl auf ihn zu wirken; er erbebte und fiel fast zu Boden; dann aber spornte er sein Pferd zu verzweifelter Eile und war meinen Blicken bald verschwunden, so sehr ich mich auch anstrengte, ihn einzuholen.
„O welch’ ein Grimm bemächtigte sich meiner, als ich mich auf diese Weise getäuscht fand. Ich zerraufte mein Haar, es stand Schaum auf meinen Lippen und ich befürchtete, daß mich das Bißchen Verstand, das mir noch übrig war, vollends auf ewig verlassen würde. Nur die Ueberzeugung, daß ich endlich auf seiner Spur sei, erhielt mich aufrecht; sie bewahrte mich vor Verzweiflung und gab mir endlich meine Beharrlichkeit und Thatkraft für die Ausführung meines Vorsatzes zurück.
„Ich verfolgte viele erschöpfende Meilen weit dieselbe Richtung – ich will damit nicht sagen, daß ich die Reise beschwerlich fand, denn an Beschwerden und Ermüdung dachte ich nicht, aber meine Ungeduld mißgönnte jeden Schritt und verlängerte jeden Tag. In geringer Entfernung von dieser Gegend erfuhr ich endlich, daß ein Mann, welcher meiner Beschreibung zu entsprechen schien, als Vaquero oder Hirt auf diesen Prairien gesehen worden sei. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, daß er in dieser fernen abgelegenen Gegend vor meiner Verfolgung sicher sein würde, und dies würde auch der Fall gewesen sein, hätte mich nicht die mir ertheilte Auskunft hierher geführt. Hier erreichte also meine Verfolgung ihr Ende. Ich ruhte nicht eher, als bis ich ihn, ohne von ihm bemerkt zu werden, gesehen hatte, als er eben mit einem Manne sprach, den ich für den Capitaz – seinen Brodherrn – hielt. Mit großer Anstrengung bändigte ich für diese Nacht meine heftige Leidenschaft und nachdem ich mein Messer geschärft hatte, legte ich mich auf ein Bett von Strauchwerk und Binsen und bemühte mich, jene Ruhe zu gewinnen, deren ich so sehr bedurfte; aber leider vergebens. Es war mir unmöglich zu schlafen oder zu ruhen; ich konnte kaum einige Augenblicke in derselben Stellung bleiben; die Aufregung, in welcher ich mich befand, schien mein Blut zu entflammen und ich sehnte mich nach dem Tageslichte, das meine Rachethat vollbracht sehen sollte.
„Nicht ganz eine Stunde nach Sonnenaufgang trat mein Feind ruhig aus der Thüre seiner Hütte, um an einem entgegengesetzten Theile der Prairie sein Tagewerk zu beginnen. Ich war dicht hinter ihm; er hörte meine Schritte nicht, und leicht seine Schulter berührend, zog ich in demselben Augenblicke mein Messer. Er drehte sich schnell um, entriß sich, wie ein Wahnsinniger aufschreiend, meiner Hand und lief davon. Ich verfolgte ihn, und er blieb augenblicklich wieder stehen, denn er mochte erkennen, daß er mir jetzt nicht mehr entrinnen könnte, und ermannte sich zu einem letzten verzweifelten Kampfe.
„Er war diesmal kaltblütiger als ich – er vertheidigte sein Leben – ich aber dürstete nach seinem Blute. Anfänglich war der Vortheil auf seiner Seite und er verwundete mich am linken Arme, der durch keine Verhüllung geschützt war. Aber meine Kraft und meine Wuth waren unwiderstehlich; ich warf ihn mit aller Gewalt zu Boden und schloß, an mein Weib und meine Kinder denkend, meine Waffe fester in meine Hand, um sie ihm in’s Herz zu stoßen. In diesem Augenblicke wurde plötzlich von einem Dritten mein Arm ergriffen und das Messer meiner Hand entwunden. Es war der Capitaz, der uns aus der Ferne bemerkt hatte und jetzt herbeigeeilt war, um dem Kampfe ein Ende zu machen.
„Aber mit einem einzigen Schlage hatte ich den Capitaz zu Boden gestreckt und in demselben Augenblicke auch mein Messer wieder erlangt. Mittlerweile hatte sich aber auch mein Gegner wieder erhoben und ehe ich Zeit hatte, seinem Stoße auszuweichen, gab er mir ein Andenken, das ich mit in’s Grab nehmen werde. Sein Triumph war jedoch nur von kurzer Dauer, denn im nächsten Augenblicke lag er unter mir und ich stieß ihm mit aller Kraft, die ich aufbieten konnte, mein Cuchillo in die Brust. Der Stoß war so gewaltig, daß die Klinge sich mit dem Hefte in seinen Körper bohrte und trotz aller Bemühungen nicht wieder herauszuziehen war.
„Als der Capitaz sich wieder erhoben hatte, erzählte ich ihm meine Geschichte und sein Unwille war fast so groß, wie der meinige. Er verband meine verwundete Schulter, die heftig blutete, und dann schickten wir uns an, den Todten zu begraben. Nachdem wir die dünne Erdkruste bis zu einer geringen Tiefe durchgraben hatten, sahen wir unter uns das Wasser glänzen. Wir befestigten hierauf an den Kopf und an die Beine meines alten Feindes einige Steine und ließen ihn durch die Oeffnung in die Tiefe fallen, wo er, wie ich nicht zweifle, bald eine Beute der Fische geworden ist.
„Meine Geschichte ist nun mit wenigen Worten beendigt, Senor,“ fügte der Lépero hinzu. „Ich konnte nicht nach dem Schauplatze meines vergangenen Lebens zurückkehren, ich konnte mich nicht entschließen, mich wieder zu meinen früheren Gefährten, den Léperos, zu gesellen oder in der Stadt meine Wohnung wieder aufzuschlagen, wo mein Weib und meine unschuldigen Kinder ermordet worden waren. Ich nahm daher das Anerbieten des Capitaz an, statt des Bösewichts, der endlich seinen gerechten Lohn gefunden hatte, in seine Dienste zu treten, und glaube, daß ich hier, obgleich ich für mein tägliches Brod mit größerer Anstrengung und länger arbeiten muß, als ich es früher zu thun gewohnt war, den Rest meiner Tage noch als redlicher Mann und in Ruhe werde verleben können.“
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_240.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)