Verschiedene: Die Gartenlaube (1853) | |
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und der in unsern Tagen die Catastrophe herbeiführen zu wollen scheint. Bei all der trostlosen Zerrüttung des griechischen Kaiserreichs in seinen letzten Tagen hatte nämlich Konstantinopel dennoch den letzten Schatz altgriechischer Schulweisheit, Bildung und Kunst zu bewahren gewußt, und die Träger derselben gaben, als nach dem Falle Konstantinopels ihnen, den Flüchtigen, das europäische Abendland eine neue Heimath gewährte, den Anstoß zu einem reichen Geistesleben, welches Europa aus seiner Halbbarbarei aufrüttelte, die Pflege der Wissenschaften hervorrief und Schritt um Schritt jene Civilisation gebar, durch die später das türkische Reich allmälig mindestens eben so erdrückt wurde und noch wird als durch seine politischen Feinde.
Zwar hatte nach dem Falle Konstantinopels Europa sich noch mehr als zwei Jahrhunderte lang gegen das Anstürmen der wilden Osmanlis unter einer Reihe von kraftvollen Herrschern zu wehren, ehe ihrem letzten Vordringen im Jahre 1683 unter den Mauern Wiens ein Ende gemacht wurde; von da ab zeigt aber das gewaltige Reich in schneller Aufeinanderfolge dieselben Anzeichen innerer Zerrüttung und äußern Verfalles, wie sie nicht anders die letzte Periode des griechischen Kaiserthums bot. Ein und dieselbe Erscheinung wiederholt sich auf ein und demselben Boden, und die unerbittliche Nemesis der Weltgeschichte beginnt.
Als der gefährlichste politische Feind des türkischen Reichs trat alsbald Rußland auf, das in stets glücklichen Feldzügen der Pforte eine Demüthigung um die andere
Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_255.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)