Verschiedene: Die Gartenlaube (1859) | |
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Der so verdienstvolle junge Bursche zog nun als reitender Jäger mit nach Frankreich. Hier konnte er seinem dankbaren Herzen nicht widerstehen und gab, wie er sich selbst gerühmt haben soll, dem edelmüthigen Bongars, seinem so lange getäuschten Wohlthäter, beruhigende Nachrichten von sich und über seine russische Gefangenschaft. Nach Beendigung des kurzen Feldzuges wurde er in den Adelstand erhoben und schien sich als brauchbar zu diplomatischen Geschäften praktisch erwiesen zu haben. Wirklich lebt er noch als diplomatische Excellenz, – rathet, wo? Wir selbst wollen es heute noch nicht verrathen.
Ein Frühlingstag – welch’ wogend Drängen
Kein leerer Fleck, kein stiller Ort!
Welch’ froh Gewühl auf allen Gängen!
Gleich einer Wallfahrt wälzt sich’s fort.
Ein Alp, auf jedem Herzen lag!
Die ganze Menschheit scheint zu feiern
Der Erde Auferstehungstag.
Nur Du allein rührst Dich geschäftig
Mit nackten Armen, braun und kräftig,
Stichst Du den Spaten in das Feld,
Du darfst nicht freudig um Dich schaue,
Nicht sproßt für Dich das junge Grün,
Drauf Blumen nur als Unkraut blüh’n.
Die Keime zu dem künft’gen Mahle
Düngst Du mit Deiner Stirne Schweiß,
Die Früchte, dampfend in der Schale,
Mit saurer Mühe zu erringen,
Was Andern wächst in süßer Ruh’,
Das ist im Frühling Dein Vollbringen,
Des Volkes arme Tochter Du!
Den Andern lacht der Sonnenschein,
Gleichgültig ziehn sie Dir vorüber,
Achtlos stichst Du den Spaten ein:
Sie haben ja für Deine Leiden,
Doch kannst Du tröstend Dich bescheiden,
Da neben Dir Dein Lenz erblüht.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_276.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)