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Seite:Die Gartenlaube (1865) 508.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

zum letzten Male mit hochgehaltenen Fahnen – über das Kreuz, durch die Saalgasse, das Saalthor, über die Brücke zum Gasthofe zur Tanne.

Feierlich erklang hier zuerst und zum ersten Male das Lied, das die Burschenschaft zu ihrem Bundesliede wählte, das Lied: „Sind wir vereint zur guten Stunde!" Eine kräftige Ansprache Horn's an die Versammlung folgte, beseelt von patriotischer Begeisterung und sittlichem Ernste. Es war ein feierlicher, ergreifender Moment; das Gefühl einer großen folgenreichen That, gepaart mit stolzen Plänen und Hoffnungen für die Zukunft, ging durch die Versammlung. Die Burschenschaft wurde proclamirt, die entworfene Constitution vorgelesen und angenommen. Einhundertunddreizehn Studenten traten zu dem neuen Bunde zusammen, wählten den stud. theol. Carl Horn aus Neustrelitz, stud. jur. Wilhelm Kassenberger aus Frankfurt a. M., den stud. med. Ludwig Kunstmann aus Ebersdorf, den stud. theol. Edmund Neithart eben daher, den stud. jur. Georg Teichert aus Mitau, den stud. jur. Julius Walter aus Liefland, den stud. med. Ernst Weller aus Gotha, den stud. jur. Gustav Wilpert aus Kurland und den stud. theol. Friedrich Witter aus Hildburghausen zu Vorstehern, wählten ferner drei Candidaten des Vorsteher-Collegiums, einundzwanzig Ausschußmänner und sieben Candidaten des Ausschusses. Die landsmannschaftlichen Fahnen senkten sich zum Zeichen der Auflösung der Landsmannschaften, es folgten brüderliche Umarmung Aller und begeisterter Gesang des Liedes: „Was ist des Deutschen Vaterland?“ Zum ersten Mal in Deutschland erklang das Lied der deutschen Einheit, das deutsche Nationallied, es erklang hier bei der Einigung deutscher Jünglinge in nationalem Geiste, wie zwei Jahre später die Jenenser mit eben diesem Liede zum Wartburgsfest in Eisenach einzogen. Der erste burschenschaftliche Commers mit dem Landesvater und andern erhebenden Liedern beschloß, bis in die späte Nacht hinein während, den festlichen Tag. Die Burschenschaft war gegründet.

Der Gasthof zur Tanne bei Jena.

Begeistert für Wahrheit und Recht, reinigte und veredelte der neuentstandene Jünglingsbund das gesellschaftliche und wissenschaftliche Leben der Universität, man strebte,

Sich vom Halben zu entwöhnen
Und im Ganzen, Guten, Schönen
Resolut zu leben;

aber nach dem andern Kernspruch:

Laßt mir die jungen Leute nur
Und ergötzt euch an ihren Gaben!
Es will doch Großmama Natur
Manchmal einen närrischen Einfall haben,

genoß man auch, im engern Freundeskreise wie im Burschenhause und in den humoristischen Bierstaaten, mit ganzen vollen Zügen die frische brausende Jugendlust. So in Jena, so in Berlin, Heidelberg, Kiel, Erlangen und andern Universitäten, auf welchen die Idee der Burschenschaft von Jena aus rasch Eingang gefunden. Aus Erlangen z. B. berichtet man aus jener Zeit: „Eine günstige Umgestaltung und erhöhte Bedeutung erhielt die Studentenschaft in Erlangen durch die sich dort aufthuende Burschenschaft nach dem Vorbilde in Jena. Abschaffung landsmannschaftlicher Mißbräuche und Renommistereien, z. B. der leichtsinnigen Duelle, die durch ein entscheidendes Ehrengericht verhütet wurden, des Biercomments, der Fuchsenunterordnungen etc. und Einführung strenger Vorschriften in Bezug auf moralische Reinheit, der Turnschulen zur Kräftigung des Körpers, Verbesserung der Burschenlieder, Erweckung der Liebe zum gemeinsamen deutschen Vaterlande und seiner Freiheit, Drang nach der Ausbildung eines wissenschaftlichen und männlich starken Charakters, Achtung vor der Frauenwelt, überhaupt ein Streben nach allen jenen Tugenden, die den deutschen Jüngling zieren und sein Herz stählen und stärken durch eine edle Gluth – das Alles lag in dem Willen der Burschenschaft, die sich deshalb den Landmannschaften schroff gegenüberstellte. Es war ein eigner Anblick, als sich die ersten Burschen mit dem langen gescheitelten Haar, dem sammetnen Baret, goldenes Eichenlaub als Agrafe daran, mit schwarzem deutschem Rock und aufgeschlagenem Hemdekragen zeigten; als die ersten Turnübungen hinter dem Universitätsspitale von den kräftigen leibesgewandten Jünglingen vorgenommen wurden und als das schwarz-roth-goldene Banner auf dem Rütli aufgepflanzt ward. Der Ernst, der in sämmtlichen Regungen und Bewegungen der Burschenschaft herrschte, verschaffte ihr denn auch die Achtung von ganz Erlangen.“

In Jena selbst lenkte eine Erinnerungsfeier an den zweiten Pariser Frieden am 18., 19. und 20. Januar 1816 die Aufmerksamkeit der weitesten Kreise auf die neue Verbindung. Die Landwehr, die Bürger ohne Zahl, hatten sich nämlich offen an der Feier betheiligt, deren Hauptmomente ein Gottesdienst, Festzug auf den Markt und Freiheitsgesänge, von Reden begleitet, bildeten. Unter allgemeiner Theilnahme wurde damals die Eiche auf dem nach ihr so genannten Eichplatz gepflanzt. Und als am 31. März desselben Jahrs zum Andenken an die Einnahme von Paris ein ähnliches Fest gefeiert wurde, überreichten die Frauen und Jungfrauen der Bürgerschaft die schöne schwarz-roth-goldene Fahne, die erste Deutschlands, die wir im Bilde beifügen und deren echt deutsche Schicksale im zweiten Theile dieses Artikels erzählt werden.

Einen noch mächtigern Aufschwung nahm das burschenschaftliche Leben im Jahre 1817. Im Kopfe Jahn's entsprang im Frühjahr 1817 der Gedanke einer allgemeinen deutschen Burschenschaft, welche sämmtliche ehrenwerthe Burschen auf allen Universitäten deutscher Sprache umfassen sollte. Es wurde dieser Plan von den Studirenden mit jubelnder Begeisterung aufgenommen. Mit biedern, echt deutschen Worten lud Robert Wesselhöft (derselbe, der wegen seiner patriotischen Bestrebungen nachmals elf lange Jahre zu Köpenik und Magdeburg im Kerker schmachten sollte) im Namen der Jenaischen Burschenschaft zur Doppel-Feier des dreihundertjährigen Jubelfestes der Reformation und des wiederkehrenden Jahrestags der Leipziger Schlacht nach der Wartburg ein.

Dort wurde jenes Fest abgehalten, welches als ein verhängnißvolles und folgenschweres nachher in der Geschichte der neuesten Zeit eine so traurige Berühmtheit erlangt hat. Trotz der Vorstellungen über die staatsgefährlichen Tendenzen der Versammlung gab Karl August die Erlaubniß; ja er forderte die Bürger Eisenachs auf, ihre Gäste zu beherbergen, beauftragte die Behörden, der akademischen Jugend die Wartburg zu übergeben, ließ seine Fischteiche für das Festmahl öffnen, schenkte Holz aus seinen Forsten und eine Summe zur Bestreitung der Kosten. Im großen Wartburgsaale, wo einst der Sängerstreit gehalten wurde, versammelten sich die Jünglinge. Nachdem im Chore „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ gesungen war, begann stud. theol. Riemann, Ritter des eisernen Kreuzes, das er bei Waterloo erworben hatte, die Festrede, die er mit einem Gebete um Gottes Beistand und Segen schloß. Oken berichtet (Isis 1817), daß alle Männer zu Thränen gerührt waren. Der Choral „Nun danket Alle Gott“ und eine Rede des Hofraths Professor Fries machte

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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 508. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_508.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)
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