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Seite:Die Gartenlaube (1867) 064.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

ergossen hatte, so waren doch bereits eine beträchtliche Menge gefüllter Fässer aufgestapelt; ich schätzte den Inhalt derselben auf ungefähr dreißigtausend Eimer.

Den Oelstrahl fand ich folgender Maßen situirt. Auf einer kleinen Halbinsel des Flusses Chudakow war das glückliche Bohrloch placirt, man hatte von Anfang dasselbe mit sechs Zoll Durchmesser niedergestoßen und verröhrt, aber bei einer Tiefe von circa einhundertundfünfzig Fuß verstauchte sich der untere Theil, der sogenannte Schuh der nachgetriebenen Bohrröhre, und man hatte deshalb, was in einem solchen Falle unvermeidlich ist, die sechszöllige Dimension aufgegeben und in die sechszöllige Röhre eine zweite von zwei und einem halben Zoll eingetrieben und nun mit dieser letzteren Dimension weiter gebohrt. Am 4. Februar, um die Mittagsstunde, erfolgte der Ausbruch des Oelstromes. Was mir die angestellten Beamten über dieses interessante Phänomen mittheilten, fand ich ganz glaubwürdig, da ich Gelegenheit hatte, dieselben Erscheinungen in Nordamerika bei geöffneten Oelströmen zu beobachten.

Am Morgen des 4. Februar – so erzählten die Leute – war man, nachdem man von oben verschiedene Schichten von Thon, Lehm, Sand, Kalkstein etc. durchstoßen hatte, mit dem Bohrmeißel auf eine sehr feste Steinlage gestoßen, in welcher man rüstig vorwärts bohrte; die angestellte Messung des Bohrloches (welche bei jedem Wechsel der Erd- oder Steinmassen vorgenommen wird) ergab eine Tiefe von einhundertachtzig Fuß. Da, gegen Mittag, als man die neue, sehr feste Gesteinslage ungefähr acht Zoll durchbohrt hatte, erscholl plötzlich aus der Tiefe des Bohrloches ein furchtbares, donnerartiges Getöse, so daß die Arbeiter entsetzt zurücksprangen und einige die Flucht ergriffen; gleichzeitig wurde durch die Kraft der Gase und des aufsteigenden Oeles der Bohrmeißel sammt dem Stangenschafte herausgehoben, ja fast herausgeschleudert, und an der oberen Mündung des Bohrloches erschien ein dicker, brauner Oelstrom. Derselbe floß ungefähr zwanzig Minuten. Plötzlich abermals im Innern der Erde donnerartiges Getöse, das ausströmende Oel sinkt zurück – eine kleine Pause – und jählings erscheint ein Strahl von Seewasser, vermischt mit Gesteins- und Lehmstücken, welche hoch in die Luft geschleudert werden.

Plötzlich hört das Meerwasser nach ungefähr zwölf Minuten auf zu fließen, das unterirdische Geräusch wiederholt sich zum dritten Male, und zwar mit solcher Heftigkeit, als ob in einer Gebirgsschlucht hundert Achtundvierzigpfünder abgefeuert würden; drei fühlbare Erdstöße – endlich eine feierliche Stille – da erhebt sich aus der Röhre ein klarer, heller, noch über das zwanzig Fuß hohe Bohrgerüst aufsteigender Oel-, respective Petroleumstrahl, der, abgesehen von einigen momentanen Störungen, seit jener Zeit ununterbrochen fließt und hoffentlich zum Lohne des Obersten für seine energische Ausdauer und zum Segen der russischen Industrie noch lange, lange strömen wird. Wie schon bemerkt, war der Strahl bei unserer Ankunft schwächer, weil eine theilweise Verstopfung der Röhre vorlag. Dieselbe wurde gehoben, auch durch eine mechanische Vorrichtung für fernerhin unmöglich gemacht, und wieder floß das Oel in reichen Strömen wie zuvor, gegen zwei- bis dreitausend Eimer täglich spendend. Nach allgemeiner Conferenz wurde der Beschluß gefaßt, das Bohrloch noch mehr zu vertiefen, da man annehmen konnte, daß die untere Mündung des Rohres noch nicht in das Centrum des unterirdischen Oelbassins eingedrungen sei. Diese wegen des Oelstromes sehr schwierige Arbeit wurde ausgeführt, die Tiefe wurde um vierzig Fuß vermehrt und die Gesammttiefe sonach auf zweihundertundzwanzig Fuß gebracht. Weiteres Vordringen war wegen zu starken Oelflusses nicht möglich und auch nicht nöthig; der Oelstrom erfolgte nunmehr in der Stärke der ganzen Röhrendimension und lieferte täglich bis zwölftausend Eimer. Bei einem Localwerthe dieses Oeles von zwei Rubel pro Eimer im rohen Zustande, wofür sich Käufer genug finden, repräsentirt diese eine Quelle für den Obersten ein tägliches Einkommen von vierundzwanzigtausend und jährlich von acht Millionen siebenhundertundsechszigtausend Rubeln. Ziehen wir die siebenhundertundsechszigtausend Rubel für Fasttage und Betrieb ab, so ergiebt sich bei mittleren Preisen die jährliche Kleinigkeit von acht Millionen Rubeln!

Gewiß ein königliches Einkommen, welches sich in kürzester Zeit durch Erschließung anderer Quellen noch verdreifachen kann. Jedenfalls ist Unternehmen und Einkommen der amerikanischen Oelprinzen unbedeutend gegen dasjenige des russischen Oelprinzen, denn in Amerika gehören zu jedem Oelstrome und zu zehnmal kleineren Oelterrains Dutzende von Theilhabern, während der russische Oelprinz ganz alleiniger Inhaber und Nutznießer dieser beschriebenen Oelquelle und eines riesigen Terrains ist. – Ich gehe nun zur geologischen Begutachtung der Oelquellen und Oelterrains am Kaukasus im Allgemeinen über, mit besonderer Berücksichtigung des Nowosilzoff’schen Oelterrains.

Die Gebirgsformationen, in denen sich die bereits aufgeschlossenen Petroleumquellen finden, sowie das übrige Terrain des Obersten für Oelgewinnung, gehören vorherrschend und fast ausschließlich dem Kreidesystem und älteren sowie neueren tertiären Bildungen an. Das constante Ueberallzutagetreten des Petroleums und die regelmäßige Ablagerung der Schichten berechtigt mich zu der Meinung, daß sich auf dem erwähnten Territorium große und ausgedehnte Petroleumbassins häufig vorfinden. Bezüglich seiner Qualität kann das Oel der vorerwähnten Quellen den besten bekannten Steinölen zur Seite gestellt werden. Jedoch ist ganz entschieden diese aufgeschlossene Quelle nur der Vorläufer derjenigen, welche auf dem ausgedehnten erwähnten Terrain in der allernächsten Zeit zum Aufschluß kommen werden. Fast noch günstigere Auspicien als die, auf welche hin die Quelle am Chudakowflusse aufgeschlossen wurde, fand ich an der Küste des schwarzen Meeres, namentlich in der Nähe der Niederlassung Bugas.

Auf diesem Punkte ist das Zutagetreten der Kohlen, Wasserstoffgase und des Steinöls selbst so zahlreich und constant wiederkehrend, auf einem Flächenraum von vier Quadratwerst, daß es zu der sichern Hoffnung, berechtigt, daselbst sei ein mächtiges, ausgedehntes, natürliches Steinölreservoir vorhanden, dessen Aufschließung bei der wahrscheinlichen Tiefe von zwei- bis dreihundert Fuß durchaus keine Schwierigkeit bietet. Ganz dasselbe läßt sich von dem Terrain bei dem sogenannten Berge Pjokla am schwarzen Meere; zehn Werst von Taman und von der nächsten Umgegend bei der Poststation Sennaja sagen.

Man kann mit vollem Recht behaupten, daß die Erd- und Gebirgsmassen auf der ganzen Taman’schen Halbinsel wie ein von Steinöl getränkter Schwamm seien, und es werden wahrscheinlich die in Kurzem auf diesem Terrain aufgeschlossenen Steinölquellen an Reichthum und Anzahl den Oelquellen der nordamerikanischen Staaten Virginien, Pennsylvanien und Ohio nicht nachstehen, um so weniger, als der Pächter derselben auf eine energische und rationelle Weise bei der Aufsuchung und Aufschließung der Oelquellen zu Werke geht.

Was das General-Einfallen und Streichen der Schichten auf diesem Terrain anbelangt, so habe ich durch genaue Untersuchungen und Besichtigungen das erstere fast stets von Ost nach West und das letztere von Süd nach Nord gefunden. Das Vorfinden dieses Steinölreservoirs in neueren Bildungen, bei denen ja der Zersetzungs- und Bildungsproceß noch gegenwärtig fortdauert, berechtigt zu der gegründeten Hoffnung, daß die in Rede stehenden Steinölquellen nicht sobald erschöpft sein, sondern lange Zeit ihre reichen Oelvorräthe spenden werden. – Was ich hier über das Terrain des Herrn von Nowosilzoff gesagt habe, behaupte ich ganz ebenso von ausgedehnten Strecken der Halbinsel Krim, welche ich gleichfalls genau in Augenschein genommen.

Große und günstige Terrains erwarten noch in der Krim einen tüchtigen Unternehmer wie Herrn von Nowosilzoff und liegen unbenutzt. Die Disponenten, meistens kleine Landbesitzer, lassen theils aus alten flachen Brunnen täglich einige Eimer schöpfen für Wagenschmiere, theils bleiben andere Terrains ganz unbeachtet, obgleich sie Millionen in ihrem Schooße bergen. Hoffen wir im Interesse der Industrie, daß es außer dem Obersten von Nowosilzoff noch mehr Männer in Rußland giebt, die für einen so lohnenden und segensreichen Industriezweig ihr Vermögen oder doch einen Theil davon in die Schanze schlagen und so die Zahl der russischen Oelprinzen vermehren.

Hugo Hoffmann.




Blätter und Blüthen.


Zu „Treu bis in den Tod“ (Gartenlaube 1866, Nr. 52), den Begleitworten für jene Illustration, welche einen gefallenen, von seinem Hündchen bewachten sächsischen Officier darstellt, ist uns eine nähere, aber leider nicht, wie wir dort wünschten, erfreuliche Kunde geworden. Der Officier gehört zu den Todten. Der junge Held ist höchst wahrscheinlich der Lieutenant Benno Herrmann vom königlich sächsischen zweiten Infanteriebataillon, der trotz seiner Jugend in Folge seiner Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit zum Fahnenofficier ernannt worden war. Nachforschungen der Mutter und der Schwestern, der einzigen ihm nachtrauernden nächsten Familienglieder, haben die lange vergeblich ersehnte Spur zu seinem Grabe entdecken lassen. Nach den Erzählungen der Cameraden des tapferen Jünglings beglückte gerade bei den letzten Märschen ihn und durch ihn seine Umgebung ein herrlicher Humor und nicht wenig zu seiner Heiterkeit trug ein Hündchen bei, nach der Beschreibung ein kleiner Affenpinscher, den er kurz zuvor gekauft hatte und der ihm sehr anhing. Später erfuhr man, daß Lieutenant Herrmann mit dem Hauptmann Fickelscherer in ein Grab gelegt worden sei, und der Familie des Hauptmanns schrieb ein hoher Officier, daß er ihr das Grab angeben könne, denn bei einem der sächsischen Gräber weiche ein Hündchen nicht von der Stelle. So hat der treue Hund wenigstens das bewirkt, daß zwei Familien ihre geliebten Todten wieder gefunden haben und ihnen in der Heimath ihre letzte Ruhestätte bereiten können.

Erklärung. Herr Fr. Gerhard, Buchhändler in New-York, welcher seit längeren Jahren eine amerikanische Imitation der Gartenlaube herausgiebt und darin uns deutsche Schriftsteller auf das unbarmherzigste plündert, hat die kindliche Unbefangenheit, in seinem letzten Circular folgenden Satz zu bringen:

„Auch mag das wohl ein klein wenig Gewicht für mich in die Wage legen, daß ich seit Jahren redlich bestrebt gewesen bin, hier deutsche Literatur zu verbreiten und deutschen Sinn und deutsche Sitte zu fördern.“

Ich weiß nicht, ob Herr Gerhard damit der deutschen Literatur wie deutschen Sitte förderlich ist, daß er deutsche Autoren bestiehlt. Soviel aber bleibt gewiß, daß mein neuer Roman „Eine Mutter“, den Herr Gerhard für seinen neuen Jahrgang anzeigt, wider meinen Willen und natürlich auch nicht honorirt die Spalten seiner Zeitung füllen wird, und da wir deutschen Schriftsteller recht- und schutzlos den transatlantischen Verlegern preisgegeben sind, so bleibt uns nichts weiter übrig, als ein solches Verfahren öffentlich zu rügen und dorthin zu stellen, wohin es gehört – an den Pranger.

Dresden, den 2. Januar 1867.

Fr. Gerstäcker.




Inhalt: Die Brautschau. Ein Bild aus den oberbairischen Bergen. Von Herman Schmid. (Fortsetzung.) – Die letzte Ehre. Von Friedrich Hofmann. Mit Illustration von A. Nikutowski. – Vogelfrei! Nach den Untersuchungsacten erzählt. – Der Kirchheimer ABC-Buch-Krieg. Von Eduard Geib. – In der Central-Telegraphenstation zu Berlin. Von George Hiltl. Mit Abbildung. – Ein russischer Oelprinz. Von Hugo Hoffmann. – Blätter und Blüthen: Zu „Treu bis in den Tod“. – Erklärung.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_064.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2017)
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