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Seite:Die Gartenlaube (1869) 108.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

an Pochwerken, Sieb- und Rührwerken, Meng- und Zerkleinerungstrommeln, Materialmühlen und Kapselschneidewerken, indem im Erdgeschoß der Außenseite die gesammten Massenbereitungsarbeiten, nach dem Hofe die Kapselmassenbereitung, im zweiten Oberstock ein großer Theil der Gestaltungsarbeiten, in dem ersten Stock aber die Kapseldrehereien nebst den dazu gehörigen umfängliche Trockenanstalten sich befinden.

Die Räume des weiter thalaufwärts befindlichen Flügels sind in der zweiten Etage, im Anschluß an den oben erwähnten Flügel ebenfalls von den Gestaltungsarbeiten eingenommen, wogegen das Parterre und das erste, durch einen eingeschobenen Boden in zwei Horizontalabtheilungen getrennte Stock das mit Porcellanbrennöfen versehene, sich an die Kapselfabricationsräume anschließende Brennhaus bildet, welches seiner Lage nach die Füglichkeit darbietet, durch Anbau in beliebiger Weise vergrößert zu werden.

Der nach der Straße gekehrte Flügel umschließt endlich im Erdgeschoß außer dem Verkaufslager sämmtliche Comptoirs, und in den oberen Etagen die Wohnungen der Beamten, ingleichen noch einen geräumigen Niederlagsraum und andere Säle zur beliebigen Disposition. Außerdem sind die Boden des ersten und dritten Flügels zur Unterbringung und in hohem Grade übersichtlichen Aufstellung der großartigen Vorräthe an Gypsformen benutzt.

Zur Uebersiedelung dieses ungemein wichtigen Bestandteils des Manufactur-Inventars aus der Albrechtsburg nach den jetzigen Gebäuden ist die halbjährige Arbeit eines starken und kundigen Personals nöthig gewesen. Die sämmtlichen Formen sind numerirt und in großen Folianten, die im Zimmer des Vorstehers der Gestaltungsbranche aufgestellt sind, verzeichnet. So alt viele davon sind, werden sie dennoch jetzt noch oft gebraucht und sind für Ruhm und Geld eine Hauptquelle.

Sämmtliche Fabrications- und Niederlagsräume stehen durch Gänge und Treppen, die des Abends mit Gas beleuchtet sind, dergestalt in nächster Verbindung mit einander, daß man auf kürzestem Wege unbehindert überall Zutritt hat und sämmtliche Arbeiten auf’s Leichteste übersehen kann. Daß in so großen Räumen Zimmerheizofen nicht passen, versteht sich von selbst. Im ersten Flügel ist daher Dampfheizung. Die Röhre werden für den zweiten und dritten durch je zwei, im Souterrain des letzteren aufgestellte Wärmkessel gespeist, wogegen die Heizung des vierten durch eiserne, in den verschiedenen Localitäten vertheilte Cylinder, durch welche das Wasser circuliren muß, vor sich geht, denen das Wasser ebenmäßig durch zwei im Souterrain stehende Wärmkessel zugeführt wird.

Um jeder Feuersgefahr im Voraus vorzubeugen, zugleich aber alle Arbeitsräume mit dem darin benöthigten Wasserbedarf zu versorgen, ist eine Anlage von sechszehn in den Dächern der Gebäude aufgestellten, zusammen siebenhundert Cubikfuß Wasser haltenden eisernen, mit Schwimmhähnen versehenen Cisternen eingerichtet, welche durch ein an die Umtriebsmaschine eingebautes Druckwerk gefüllt werden, und von welche in jedem Flügel drei in jeder Etage mit Hähnen und Schlauchschrauben versehene Fallröhren herabgehen, aus denen beliebig ein ansehnlicher Wasserstrom nach jedem Punkt der Etage hin dirigirt werden kann.

Das sind die Gebäude und Räumlichkeiten, in denen die unscheinbare Porzellanerde von Aue bei Schneeberg, aus Seilitz bei Meißen und Sornzig bei Mügeln in die kostbarsten Zimmer- und Tafelzierden umgewandelt wird. In den dem zweiten Flügel sich anschließende Gebäude beginnt die erste Herstellung der zu verwendenden Masse. Es ist der durch Verwitterung von feldspathreichem Porphyr entstandene Kaolin, dessen feinste Theilchen die Porcellanerde darstellen. Die rohen Klumpen werden zwischen Walzen zerdrückt und in den Schlemmbottichen mit der genügenden Menge Wasser aufgeweicht. Zwei Rührmaschinen schlemmen die feinen Theilchen des Kaolin auf und lassen die milchweiße Flüssigkeit durch einen Hahn ab. Sie läuft durch ein Sieb und eine schwach geneigte Rinne in eine Reihe von neun Schlammbassins. Durch eine einfache Vorrichtung läßt man nach einiger Zeit der Ruhe die oberste klaren Schichten reinen Wassers ablaufen. Das Anfüllen, Absetzenlassen und Abziehen des Wassers wird so lange wiederholt, bis die Schlammbassins fast vollständig mit diesem Erdenschlamm angefüllt sind, worauf sie entfernt werden und die Erde in einer Abdampfpfanne und Filterpresse getrocknet wird.

Ein zweites unumgängliches Material ist der Feldspath, der zwar an und für sich sehr verbreitet ist und in Gängen und Klüften von Granit auch in Sachsen sich vorfindet, aber wegen zu geringer Mächtigkeit einem größeren Bedarf nicht genügt. Die Manufactur bezieht ihn deshalb aus Norwegen. Er wird nach der Sortirung und Wäsche in den Ofen eingesetzt, nach dem Brennen im Pochwerk zu feinem Sande zerstoßen und dann mit Wasser zermahlen.

Der ferner erforderliche Quarz wird in ähnlicher Weise vorbereitet, sortirt, gebrannt, gepocht, gemahlen und geschlemmt. Diesem Proceß folgt das Formen. Die den Aegyptern schon bekannte Töpferscheibe, die in ihrer einfachsten Construction am besten ihren Zweck erfüllt, ist, wie in allen Porcellanfabriken, auch in Meißen in Thätigkeit. Die Drehscheibe ist aber nur Anfang der Formgebung für hohle Gegenstände, da die nöthige Genauigkeit hierdurch nicht erreicht werden kann. Hier kommt nun die Gypsform zu Hülfe, die, aus mehreren Stücken zusammengesetzt, sich leicht auseinander nehmen läßt und, durch vorspringende Keile eng verbunden, sich beim Eindrehen nicht verschieben kann.

Henkel, Schnauzen, Ornamente etc. werden besonders geformt und besonders angesetzt. Blumen und Blüthen werden der Natur täuschend nachgeahmt. Durch Bossiren wird nachgeholfen. Die aus unglasirtem Porcellan, dem sogenannten Biscuit, gefertigten Statuetten haben wegen ihrer künstlerisch schönen Form besonderen Absatz gefunden.

Ist die Masse geformt, so werden die Porcellangegenstände bei gelinder Wärme vor Luftzug geschützt, auf Gestelle getrocknet und sodann zum Verglühen in die Brennöfen gesetzt. Die verglühten Geschirre sind aber noch keineswegs festes Porcellan, es fehlt die wichtige Operation des Glasirens und Gutbrennens. Die Glasur ist vollständig farblos und wird mit großer Sorgfalt behandelt. In der Glasur hat die Meißner Porcellanmanufactur wohl noch keine Concurrenten. Das Eintauchen der Geschirre in die Glasurkübel beschränkt sich auf wenige Augenblicke. Ist diese Arbeit ausgeführt und hat die fast nicht zu entbehrende Nachhülfe einige hängengebliebene Tropfen entfernt, so beginnt das Brennen des Porcellans in besonders construirten Oefen. In Meißen sind die Oefen auf Steinkohlenfeuer eingerichtet, welches den Aufwand bedeutend mindert, auf die Geschirre aber keinen nachtheiligen Einfluß übt. Die Oefen, von außen stehende Cylinder, die sich aber zu einem Rauchfange kegelförmig zuspitzen, enthalten am Fuße die Feuerung, die so eingerichtet ist, daß nur die reine Flamme in den Ofen gelangen kann. Diese sind durch die Etagen des Gebäudes durchgebaut und haben wegen ihrer Höhe einen vortrefflichen Zug. Der innere Raum besteht aus drei Etagen, von denen die unterste die glasirten Geschirre, welche die heftigste Weißglühhitze erfordern, aufnimmt. Darüber ist der Verglühraum zum ersten Brennen des Porcellans, im obersten Raum werden die Kapseln ausgebrannt. Die Kapseln sind die Behältnisse, in welchen das Porcellan eingesetzt wird, um es vor Einwirkungen der Flugasche zu sichern. Sie bilde einen Hauptzweig der Porcellanfabrication. Von ihrer Güte hängt zum großen Theil das Gelingen eines Porcellanbrandes ab. Die unbrauchbar gewordenen Kapseln werden zu grobem Sand (Chamottesand) zerstoßen und in dieser Form wieder zur Darstellung der Kapselmasse, zu welcher außerdem feuerfester Thon verwendet wird, benutzt. Das Besetzen der Oefen wird durch die runde Form derselben erleichtert.

Zur Controle der Temperatur und ihrer Wirkung sind in den Oefen einige Oeffnungen gelassen, die das Herausnehmen einer Kapsel, in welcher sich eine Tasse befindet, gestatten.

Da absolut fehlerfreie Brände zu den größten Seltenheiten gehören, so wird sofort bei der Herausnahme das Porcellan nach seiner Güte sortirt. Man unterscheidet Feingut, Mittelgut, Ausschuß, Unscheinbares und Bruch; letztere Sorte wird zerschlagen, was auch mit den zerstörten Kapseln geschieht. Gut gebliebene Kapseln werden weiter benutzt.

Ist das weiße Porcellan vollendet, so wird die bei Weitem größere Menge durch Malerei verziert, so weit nicht bereits die Scharffeuerfarben auf das verglühte Porcellan aufgetragen und aus dem Brande fertig hervorgegangen sind. Die Zusammensetzung der sogenannten Emailfarben wird von tüchtigen Chemikern ausgeführt. Viele Farben zeigen im frisch aufgetragenen Zustande ganz andere Nüancen als nach dem Einbrennen, und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_108.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)
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