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Seite:Die Gartenlaube (1871) 064.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

schließen gleich hieran das Facsimile der Unterschrift, wie wir es einem der Briefe entnommen haben, welche gelegentlich der Verleihung des Ehrenbürgerrechts zwischen dem General und dem Magistrat gewechselt wurden:



Es erübrigte für den Magistrat nunmehr, sich an den General selbst zu wenden und ihn um Annahme des Ehrenbürgerrechts zu ersuchen. Diese erfolgte selbstverständlich und sofort bildeten die Väter der Stadt und der Bürgerausschuß von Parchim aus ihrer Mitte eine Deputation zur persönlichen Ueberreichung des Diploms, welches folgendermaßen lautet:

„Wir Bürgermeister und Rath der Vorderstadt Parchim bewidmen den königlich preußischen Herrn General der Infanterie, Chef des Generalstabes der preußischen


Moltke’s Geburtshaus in Parchim.
Nach einer photographischen Aufnahme.


Armee, Freiherrn Helmuth Karl Bernhard von Moltke in Berlin, im Einverständnisse mit der repräsentirenden Bürgerschaft kraft dieses mit dem hiesigen Ehrenbürgerrechte, und verleihen demselben damit alle den hiesigen Bürgern zustehenden Gerechtsame als Ehrenrecht zum Zeichen der Anerkennung seiner ruhmvollen und thatenreichen Wirksamkeit und hohen Verdienste um das deutsche Vaterland und damit auch um unsere Stadt, welche das bevorzugte Glück hat, seine Geburtsstadt zu sein.

Zur Urkunde dessen haben wir dieses Diplom ausgefertigt.

So geschehen zu Parchim, den 4. Mai 1867.

Bürgermeister und Rath.“

Der General empfing die Deputation sehr freundlich, bezeigte ihr wiederholt seine Freude über die ihm erwiesene Ehre und beauftragte die Herren, dem Magistrat und der Bürgerschaft seinen Dank abzustatten.

Am nächsten Tage empfing er die Deputation in seiner Wohnung zum Diner, welches um drei Uhr Nachmittags begann und an welchem außer ihm noch seine Gemahlin, der Oberstlieutenant von Siedow, der Adjutant Major von Reyht und ein anderer Militär, Verwandter des Generals, Theil nahmen, sämmtlich, wie der officielle Bericht der Deputirten ausdrücklich hervorhebt, in voller Uniform, mit ihren sämmtlichen Orden geschmückt. Der General bezeigte auch bei dieser Gelegenheit sein großes Interesse für Parchim, indem er sich sehr eingehend nach allen Verhältnissen erkundigte, und sprach dabei die Hoffnung aus, noch im nämlichen Jahre seiner Geburtsstadt an der Elde einen Besuch abzustatten.

Dieser Besuch ist bis jetzt allerdings unterblieben, dafür hat Moltke im vorigen Sommer eine große Reise nach Paris unternommen, nicht allein, sondern von den wackeren, streitbaren Söhnen Alldeutschlands begleitet, und die Welt sah staunend auf den ruhmreichen Siegeszug seines Heeres. Da beschlossen denn die wackeren Bürger von Parchim in einer Ende October des vergangenen Jahres abgehaltenen Sitzung, die Büste ihres Ehrenbürgers, des nunmehrigen Grafen von Moltke, in dem Sitzungssaale aufzustellen. Zu gleicher Zeit wurde die Bildung eines Comités berathen, welches die Sammlung von Beiträgen in die Hand nehmen solle, um dem großen Strategen an seinem Geburtsorte ein Denkmal zu errichten. Damit blieb die Sache zunächst allerdings auf sich beruhen und zwar mit Recht. Noch gab es dringendere Dinge zu thun, als Erzmonumente aufzustellen – noch galt es, draußen im Felde unsere Soldaten zu unterstützen, ihnen Geld und Kleider zu schaffen; es galt, die Kranken zu pflegen und die Wunden zu heilen; es galt die Noth daheim zu lindern, Thränen zu trocknen, Hunger zu stillen. Da blieb für den Augenblick kein Geld, kein Gedanke für Erz und Stein. Aber die Bürger von Parchim wußten, daß sie, wenn sie handeln wollten, nur im Sinne desjenigen handeln durften, den sie zu ehren gedachten. Und wie konnten sie dies besser thun, als indem sie vor Allem ihre großen Pflichten gegen das Vaterland nicht aus dem Auge ließen, einer günstigeren Zeit es vorbehaltend, das Verdienst des Einzelnen würdig zu feiern.

Und diese Zeit wird kommen. Zwar es bedürfte im Grunde keines Denkmals von Erz, um das glorreiche Bild des Grafen von Moltke der Nachwelt zu überliefern; dieses wird dauern, so lange es eine deutsche Geschichte giebt und so lange es eine deutsche Sprache giebt, welche jene erzählt. Doch das Gemüth des Menschen verlangt danach, seinen Gefühlen der Dankbarkeit, der Freude, des Stolzes auch einen sichtbaren Ausdruck zu geben und sich gewissermaßen zu versichern, daß das Bild eines Mannes, den die Gegenwart verehrt, auch jetzt schon eine greifbare Form gewinne, welche möglichste Bürgschaft gebe, daß es diese Tage überdauere, von Enkel zu Enkel vererbt. So mögen denn die Bürger von Parchim seiner Zeit das Denkmal in ihren Mauern errichten, ihrer und ihres Ehrenbürgers würdig; mögen sie sich französische Kanonen schenken und diese zur Statue des deutschen Feldherrn umschmelzen lassen, mögen sie sich mit einem Aufruf an das deutsche Volk wenden – so weit die deutsche Zunge klingt, werden die Gaben fließen; denn die deutsche Nation weiß: der Mann, dem diese Ehre gilt, ist und bleibt ihrer Besten Einer.




Waidmannsglück vor der Jagd.


Von Hermann Oelschläger.



Wald, o Wald, wie liegst du golden
Heut’ vor meinen Blicken da,
Da von ihr, der einzig Holden,
Mir das Holdeste geschah.

5
 Ist es Wahrheit, sind es Träume?

 Sagt es mir, geliebte Bäume –
Denn ein Himmel senkte sich
 Heut’ auf mich.

Rasch das Treppenhaus herunter

10
Kam das allerliebste Kind,

Singend, lachend und so munter
Wie der junge Morgenwind,
 Schlank, im hochgeschürzten Kleide,
 Drunter, eng geschnürt in Seide,

15
Füßchen – ach, wie klein, wie nett

 Und kokett.

Und da trat ich auf die Schwelle –
Kaum noch weiß ich, wie’s geschah,
Als ich sie so schön und helle

20
Plötzlich mir vor Augen sah.

 Kaum noch weiß ich, wie’s gegangen,
 Ob ich sie, sie mich umfangen,
Doch wir schlossen unsern Bund
 Mund an Mund.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_064.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)
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