Verschiedene: Die Gartenlaube (1878) | |
|
Mit einem Gefühle von Beschämtheit verglich ich mich mit dem Indianer. In ihm war rauhe Größe, in mir höfliche Kleinheit; er war ein Urbild, ich eine Schablone; er war ein Charakter, ich ein Schwätzer. Und doch war er nur ein Indianer und ich ein gebildeter Mensch, der vieles weiß und stolz darauf ist und die Indianer wie Hunde behandelt, sich eine seidene Cravatte kunstvoll um den Hals schlingt und seine Hände mit Handschuhen bedeckt, in gepolstertem Wagen fährt und im Salon sich mit Eleganz und Witz zu bewegen versteht, gebratene Lerchen ißt und Champagner trinkt, wissenschaftliche und humane Gesellschaften gründet und mit Branntwein die Indianer vertilgt.
Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Der Ruf wilder Tauben drang aus dem Walde zu mir. Da packte mich ein Weh am Herzen. Mein Pferd am Zügel fassend schritt ich schnell über die Wiese hin, dem weißen Häuschen zu, welches traulich am schwarzblauen Waldesrande hingebettet lag.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 665. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_665.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)