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Seite:Die Gartenlaube (1878) 676.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


Lebensgefährtinnen versorgt. Demnach scheint es, als ob die auf so niederer Entwickelungsstufe stehende Seerosen bereits die rauhere Helixschale von dem glatteren Naticagehäuse zu unterscheiden vermöchten.

Woher nun diese rührende Freundschaft zwischen Krebs und Rose?

Karl Vogt weiß in dem erwähnten Artikel keine sichere Antwort darauf. Ich glaube die Frage folgendermaßen beantworten zu können:

Schutzbedürfniß bei dem Einen und Nahrungsbedürfniß bei dem Andern sind die Triebfedern der Vereinigung. Die Seerosen, zu den Korallen- und damit zu den Nesselthieren gehörend, besitzen bekanntlich besondere Vertheidigungsorgane in den Mesenterialfilamenten – langen Fäden, welche reich mit Nesselkapseln gespickt sind, und welche die Thiere in der Gefahr überall aus dem Körper herauspressen können. Sobald nun der Krebs angegriffen wird, kneipt er die Seerose mit der Scheere, bis diese ihre sehr schön rosa gefärbten fadenförmigen Waffen herauspreßt. Diese vergiftenden Organe kennen die Krebsfeinde sehr wohl. Aeltere Pulpen verstehen es zwar meisterhaft, mit ihren feinen Armspitzen die unglücklichen Einsiedler aus ihrer Wohnung herauszuholen, ohne die Rose zu berühren, und die Seeschildkröten beißen bei gutem Appetite ebenfalls trotz der Seerose zu. Allein junge Pulpen lassen die durch Blumenthiere geschützten Krebse in Ruhe, und die Fische, welche einen armen Einsiedlerkrebs, der ohne Schale und Beschützerin ist, sofort in Schaaren verfolgen und ihm mit einem guten Biß den Hinterleib abreißen, versuchen nicht ihn anzurühren, wenn er sich in einem mit seiner theuern Freundin besetzten Gehäuse befindet.

Für diesen Schutz, welchen das Blumenthier seinem Wirthe bietet, genießt es aber auch seinerseits einen Vortheil. Der Einsiedlerkrebs hat nämlich die Gewohnheit mit seinen Kieferfüßchen den Sand zu durchsieben, um etwaiges Eßbare darin zu finden, und dabei erhält die Seerose, die den Krebs von unten umgiebt, sodaß ihr Mund ganz in die Nähe der Kieferfüße zu liegen kommt, auch ihren Theil.

Eigennutz ist also auf dem Meeresgrunde so gut wie auf dem Lande, beim Pflanzenthier und Krebs so gut wie beim Menschen meistens die Ursache der Vereinigung.




Der Hofjude Lippold.
Eine Ehrenrettung aus den Archiven.

Der Brandenburger Kurfürst Joachim der Zweite (1535–1571) hatte den im Jahre 1510 aus dem Lande vertriebenen Juden erlaubt, nach der Mark zurückzukehren und dort unter seinem Schutze zu wohnen, natürlich gegen Zahlung eines bedeutenden Schutzgeldes. Obgleich sie so üble Erfahrungen in Brandenburg gemacht hatten, überwog doch bei den Juden die Aussicht auf Ruhe und reichen Gewinn ihre Bedenklichkeit, und Viele schlugen wieder ihren Wohnsitz in Berlin auf.

Rege und außerordentlich scharfsinnig, wie das jüdische Volk vornehmlich im Handel und Geldverkehr ist, erwarben sich die meisten Einwanderer trotz ihrer hohen Abgaben an den Landesherrn bald Vermögen und beherrschten in kurzer Zeit so gut wie vollständig den Handel und den Geldmarkt in Brandenburg. Joachim der Zweite brauchte Geld, viel Geld. Mehr patriotisch als klug, hatte er gleich im Anfange seiner Regierung lebhaft den Kaiser in dessen Türkenkriegen unterstützt und sich dadurch eine bedeutende Schuldenlast aufgeladen und die großartigen Bauten, mit denen der Kurfürst sein Land zu verschönern suchte, verminderten seine Schulden keineswegs; das Schloß in Berlin, die Festung Spandau, Lustschlösser hier und dort zeugen wohl von seinem Kunstsinn und seiner Liebe zum Lande, desto weniger aber von seiner Sparsamkeit im Staatshaushalte, dazu kamen noch die galanten Passionen Joachim’s, die viel Geld verschlangen.

So kam es, daß der Kurfürst bald rathlos vor einem bedeutenden Deficit stand. Finanzminister, denen er die Schuld hätte in die Schuhe schieben und sie dann zum Teufel jagen können, gab es damals noch nicht; er verfiel daher auf ein anderes Mittel. „Wenn die Juden,“ so philosophirte er, „mit so vielem Glück für ihre eigenen Finanzen operiren, warum sollten sie es nicht auch einmal für den Staat können? Eines Versuchs wäre jedenfalls die Sache schon werth.“

Gesagt, gethan! Er hatte Lippold, den ältesten Sohn des nach Berlin übergesiedelten Prager Juden Hluchim, kennen gelernt, einen außerordentlich intelligenten, für seine Zeit wohlgebildeten Mann, der ihm einmal die großen Vortheile aus einander gesetzt hatte, die eine bessere Einrichtung der kurfürstlichen Münze mit sich bringen müßte. In seiner Geldnoth wandte sich jetzt Joachim an diesen Mann, und nach kurzen Unterhandlungen trat der Jude Lippold als Kämmerer und Münzmeister in kurfürstliche Dienste. Ehrgeizig, wie er war, verließ er im Jahre 1558 sein bescheidenes Häuschen in der Stralauer Straße, um seine Wohnung in der kurfürstlichen Münze aufzuschlagen.

Je öfter er dem Kurfürsten aus dringenden Verlegenheiten half, eine um so bedeutendere und einflußreichere Persönlichkeit wurde der Jude Lippold in Berlin, und man kann es ihm nur zur Ehre anrechnen, wenn er den Versuch machte, seinen unglücklichen Glaubensgenossen das Joch, das schwer auf ihnen lag, etwas zu erleichtern. Es gelang seiner Fürsprache beim Kurfürsten, die jährliche Abgabe der Juden im Jahre 1564 um ein Bedeutendes zu erniedrigen, zugleich wohl ein Zeichen dafür, daß seine Finanz- und Münzkünste diesen Ausfall in der Casse seines Herrn offenbar ersetzten, den die übrigen Unternehmungen Joachim’s, sein Einkommen zu vergrößern, namentlich die Goldmacherei, brachten ihm pecunitär nur Schaden, wenn sie auch vieles bisher Unbekannte für die Wissenschaft zu Tage förderten; wir erfahren wenigstens aus den Rechnungen Lippold’s nur von großen Ausgaben die für die Goldmacher und ihre Werkstätten im grauen Kloster aufgewendet wurden, niemals aber von Einnahmen, die aus jener Quelle geflossen wären.

Am Hofe und in der Stadt sah man es nicht nur mit Widerwillen, daß ein Mitglied des jüdischen Stammes zu so hohem Ansehen gelangt war, sondern übertrug auch seinen Haß auf alle Juden; der Pöbel nannte sie grollend nur das „Hamansgesindel“.

Dieser Haß wurde durch Lippold’s allerdings grenzenlosen Hochmuth und seine verletzende Anmaßung noch vermehrt. Er war unklug genug, diese Schwäche selbst hochgestellten Personen des kurfürstlichen Hofes in beleidigender Weise fühlen zu lassen. Freilich schwiegen die hohen Herren und unterdrückten ihren Groll einstweilen, wenn der Jude sie wie Bediente stundenlang im Vorzimmer des Kurfürsten auf Audienz warten ließ; denn wie damals die Verhältnisse lagen, waren sie ohnmächtig gegen den allmächtigen Günstling, zumal sich die meisten von ihnen noch außerdem selbst die Hände dem Juden gegenüber gebunden hatten.

Lippold machte nämlich neben seiner Staatsstellung noch auf eigene Rechnung etwas anrüchige Geschäfte; er hatte ein großartiges Lombardgeschäft etablirt, das schnell zu hoher Blüthe und fabelhafter Ausdehnung gelangt war. Unter den Versatzzetteln, die zum großen Theile noch vorhanden sind, finden wir die ersten Namen adeligen und bürgerlichen Standes; selbst ein Bürgermeister von Berlin ist darunter.

Dazu kam noch Eines: Lippold hatte die Spitze der Bürgerschaft, die damals sehr wohlhabend war, noch bei einer besonderen Gelegenheit schwer verletzt. Der Kurfürst hatte nämlich, um Metall für die Münze herbei zu schaffen, vielleicht auf Lippold’s Rath, den Befehl an die Bürger Berlins ergehen lassen, alle ihre alten Münzen gegen Bezahlung des vollen Werthes abzuliefern. Da aber nur Wenige, namentlich unter den Reicheren, dem Befehle Folge leisteten, so erschien eines Tages plötzlich Lippold in den Häusern von achtzehn der vornehmsten Bürger in Begleitung kurfürstlicher Trabanten, legte den erschrockene Männern den Handbefehl des Kurfürsten vor und erzwang so gegen Schadenersatz die Auslieferung alles vorhandenen gemünzten Geldes älteren und fremden Gepräges. Daß ein so gewaltsamer Eingriff in die Rechte und das Eigenthum ehrlicher Bürger selbst in jenen beschränkten Zeiten des fürstlichen Absolutismus viel Aufregung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 676. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_676.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)
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