verschiedene: Die Gartenlaube (1882) | |
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A. von Humboldt schilderte, und ein Garten, wo sie häufig vorkommen, macht auf Jeden den Eindruck des Romantischen, Außerordentlichen. Wer hätte nicht schon in der freien Natur auf Gebüschauen den wilden Hopfen bewundert, wie er an Erlen und Weiden emporklimmt, oder die den wilden Rosenbusch umschlingende Waldrebe (Clematis), wenn sich die weißen seidenartigen Samenbüschel mit den Korallenfrüchten vermischen! Schön ist auch die Zaunwinde mit den großen weißen Kelchblumen und der Epheu, zumal wenn er in reicher Fülle und Ueppigkeit in südlicheren Gegenden den Baum umspinnt.
An Bäumen hat die Liane zwei verschiedene Aufgaben zu erfüllen; entweder: sie schmückt nur den Stamm in derselben Weise, wie die Säule, und überzieht, wie der Epheu, Stamm und Aeste, oder: Stamm und Aeste sind nur Träger der nackten Ranken; denn die grünenden suchen das Licht, klettern in die äußersten Zweige und entwickeln erst dort Blätter und Blüthen. Die erste Art, die Bekleidung des Stammes, darf nicht oft vorkommen, weil diese so geschmückten Stämme gekünstelt aussehen und ihre eigentliche Schönheit verloren geht; dagegen kann die zweite Art häufiger Anwendung finden, obgleich auch hier eine Beschränkung geboten ist. Man vertheile diesen Schmuck nicht im ganzen Parkgarten, sondern bringe ihn nur in gewissen Theilen an, namentlich an Ufern. Als Träger dieser Lianen sind Laubholz- und Nadelholzbäume gleich geeignet; nur fallen sie an letzteren mehr auf. Wer die Wildniß von Wildweinranken an den Fichten unterhalb der Villa Solms in Baden-Baden gesehen hat, wo die Ranken zwanzig Fuß hoch herab über den Bergweg hängen, der wird diesen reizenden seltenen Anblick nicht vergessen.
Herrlich ist auch der Jelängerjelieber, wenn er niedrige Nadelholz- und Lebensbäume durchschlingt und das magere Grün mit seinen Blättern und seinem herrlichen Grün schmückt. An Laubholzbäumen bemerkt man die eingeflochtenen Lianen erst recht, wenn die Blüthen erscheinen oder der Herbst die Blätter roth färbt, wie am Wildwein. In manchen Fällen macht die Aehnlichkeit der Blätter des Baumes mit denen der Lianen einen besonders guten Eindruck. So steht z. B. in Bad Kissingen, an einem der Mittelwege, jenseits des Curhausbrückenstegs eine Gruppe von Platanen, welche so von wilden amerikanischen Weinreben durchwachsen sind, daß man die ähnlichen Blätter fast nicht unterscheiden kann. Sie schlingen sich in verwilderten Guirlanden von Baum zu Baum und hängen von einer absterbenden Baumkrone in schöner Regellosigkeit herunter. Mit den Lianen in Gebüschen muß man vorsichtiger sein; denn manche unterdrücken ihren Träger so, daß er kaum das Leben fristet. Dies gilt besonders vom Hopfen, dessen weibliche Pflanze mit den duftigen Blüthenzapfen so überaus malerisch ist.
Am verträglichsten sind in dieser Hinsicht die Waldreben oder Clematis und die Gaisblatt-Ärten (Jelängerjelieber). Die niedrigen, großblumigen Clematis können auch kleinere Sträucher ohne Schaden für dieselben überziehen. Für größere Sträucher ist die gemeine Waldrebe, Clematis Vitalba, mit weißen, wohlriechenden Blumen und wie Federsterne geformten Samen unübertroffen.
Aber nicht nur Bäume und Sträucher werden von den Lianen bewohnt: auch mit dem Boden begnügen sich einige, wenn sie nur eine Stütze haben. Wo sie im Walde einen entwurzelten Baumstock finden, da umstricken sie ihn mit ihrem Geflechte. Man kann diesen Naturzufall absichtlich nachahmen und im Parke (ja nicht im Blumengarten) Baumstöcke mit Wurzeln so aufstellen, daß die Wurzeln nach oben stehen und diese mit verwilderten Lianen überwachsen lassen. Auch an Felsen sind sie gut angebracht.
„In der Oede liegt ein Stein
So ganz allein, ganz allein –
Ist der Epheu still gekommen,
Hat ihn in den Arm genommen.“
sang Clemens Brentano in der „Chronica des fahrenden Schülers“.
In bergigen Gärten giebt es Stellen, wo man die Aussicht frei halten, aber doch keinen Rasen haben will oder erhalten kann. In diesem Falle pflanze man geeignete Schlingpflanzen, besonders Jelängerjelieber an, weil dieser so besonders zur Geltung kommt, indem man die schönen Blüthen unter sich sieht und den herrlichen Duft voller als von oben genießt. Man zieht die Ranken über Draht oder auch nur über Baumäste, welche man ihnen als Unterlage giebt. Hierher gehören auch die großen Kürbisarten, die man auf kurzem Rasen sich ausbreiten läßt.
Die Zahl der in Gärten gezogenen Lianen ist sehr groß, und man muß sich auf eine kleine Auswahl derselben beschränken. Bieten doch die großen Samenhändler allein von der Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceen) etwa zweihundert Arten und Sorten als Samen an, wozu auch die oben genannten Guirlandenpflanzen gehören. Man unterscheidet holzartige und krautartige Lianen, von letzteren wieder ausdauernde und einjährige. Im Parke und Parkgarten, zu Lauben, Wänden etc. sind die holzartigen vorzuziehen, wogegen die krautartigen sich meist durch schöne Blüthen auszeichnen. H. Jäger.
Elektrische Sonden und Wünschelruthen. Der Erfinder des Telephons in seiner jetzigen Gestalt, Professor Graham Bell, hat neuerdings einen für die Chirurgie in Kriegs- und Friedenszeiten werthvollen Apparat erdacht, um mit möglichst geringer Belästigung des Verwundeten die in seinen Körper eingedrungenen Geschosse schnell und sicher zu finden. Von dem Schmerzenslager Garfield’s her wird es noch allen Lesern frisch im Gedächtnisse sein, wie viel Mühe es zuweilen machen kann, ein tiefer in den menschlichen Körper eingedrungenes Geschoß zu finden, und wie die zu dem Zwecke der Auffindung gemachten Einschnitte den Zustand des Verwundeten erheblich verschlimmern können. Schon früher (1877) hatte G. Trouvé ein derartiges Instrument erdacht, dessen Wirkungsweise darauf beruht, daß zwei nadelförmige Metallsonden einen ganz schwachen, durch sie in den Körper geleiteten Strom nur dann circuliren lassen, wenn beide Sondenspitzen auf den Metallkörper gestoßen sind; der Ausschlag der Magnetnadel eines mit den beiden Sonden verbundenen Galvanometers zeigt dann sofort an, daß das Geschoß gefunden wurde. Nun ist zwar das Einstoßen reiner Metallnadeln an den meisten Körperstellen durchaus gefahrlos und der geringe Schmerz dieser Operation kann sogar durch örtliche Aetherisation ganz aufgehoben werden, allein der neue Apparat ist insofern noch vollkommner, als dabei nur eine einzige Nadel eingeführt zu werden braucht. Es wird statt des Galvanometers ein Telephon verwendet, welches der Chirurg an sein Ohr hält, nachdem er die mit dem einen Drahtpole desselben verbundene Sonde in die Wunde eingeführt hat, während eine mit dem anderen Pol verbundene Platte aus dem gleichen Metall wie die Sonde auf die äußere Haut des Verwundeten gedrückt wird.
Sobald die Nadel das bleierne Geschoß erreicht, entsteht durch die Berührung der beiden verschiedenartigen Metalle ein schwacher elektrischer Strom, der in dem Telephon einen dumpfen Ton erzeugt, welcher durch Einschaltung eines sogenannten Stromunterbrechers und eines schwachen galvanischen Elementes noch verstärkt werden kann.
Diese elektrische Sonde, welche auf den Schlachtfeldern der Zukunft eine sehr wohlthätige Rolle spielen wird, erinnert in ihrem Principe lebhaft an die schon vor dreißig Jahren erfundene elektrische Wünschelruthe, welche dazu dienen sollte, auf dem Meeresgrunde verlorene größere Metallgegenstände aufzusuchen, und die einem Doppelrechen glich, bestehend aus einem gezahnten Kupfer- und einem gezahnten Zinkstreifen, welche parallel befestigt waren, ohne sich zu berühren.
Von jedem Streifen führte ein Draht zu einem Pole des auf dem Schiffe befindlichen Galvanometers, das heißt zu einer von Drahtwindungen umkreisten Magnetnadel, in die Höhe, und die letztere gab, umgekehrt wie bei der elektrischen Sonde, dann keinen Ausschlag mehr, wenn der Rechen tief auf dem Meeresgrunde über metallene Gegenstände, Kanonen etc., hinglitt. Mit einem in ähnlicher Weise zusammengesetzten neuen Apparat hat man nach Zeitungsberichten kürzlich auf dem Boden des Eriesees einen 1843 mit Kupferbarren beladenen Schooner aufgefunden. Da auf dem Boden des Meeres noch viel verlorenes Metallgut liegt, werden diese Einrichtungen vielleicht noch zu einer Schatzfischerei der eigenthümlichsten Art führen.
„Der Panther unseres Continents“. (Vergleiche Abbildung, Seite 213.) Der unfreundliche Geselle, welchen Friedrich Specht in unserer Illustration so mordgierig auf dem Eichenast lauern läßt, das Auge stechend, die furchtbaren Glieder zum Sprunge bereit, während unter ihm in dem anscheinlich so friedlichen Walde Ricke und Kitzchen in aller Harmlosigkeit als Todescandidaten lustwandeln, dieser wilde Gast, der Luchs, ist unseren Lesern schon durch zwei andere Meister der Thiermalerei, Guido Hammer und Ludwig Beckmann, vorgestellt und von jenem und Karl Müller geschildert worden. Guido Hammer läßt (Jahrgang 1872, Nr. 30) vorzugsweise seinen Waidmannszorn über die „zähe Höllenkatze“, das „funkeläugige Mordgeschöpf“, den „pardelgefleckten Satan“ aus, aber auch in Karl Müller kann (Jahrgang 1880, Nr. 10) der Naturforscher den Jägergeist nicht ganz bannen; auch er hält dem Uebelthäter alle seine Sünden vor, ehe er uns dann mit Art und Wesen dieser höheren Wildkatze, die besonders in den Karpathen und den skandinavischen und russischen Urwäldern zu Hause ist, bekannt macht. Während aber Hammer uns den unersättlichen Raubmörder schon siegreich auf dem Nacken seines unglücklichen Opfers darstellt, zeigt Specht uns ihn noch auf der Lauer, aber ohne uns das Gefühl zu ersparen, daß die armen Rehe doch verloren sind, und nur Beckmann gewährt uns die Freude, daß der Mordsprung des Unthiers sein Ziel verfehlt und der flüchtige Schneehase diesmal mit dem Leben davon kommt.
Haben wir nach den bisherigen Mittheilungen in der „Gartenlaube“, den Luchs betreffend, über dieses Raubthier somit nichts Neues zu berichten, so giebt uns eine Kunde über dasselbe einen großen allgemeinen Trost: der Luchs befindet sich, wie alle Seinesgleichen, vor der Cultur mehr und mehr auf der Flucht. Je weiter der Mensch mit seiner die Elemente beherrschenden Kraft auf der Erde vordringt, je weiter weichen die wilden, zerstörenden Thiergeschlechter zurück.
Das Maiblümchen ist giftig. Ja, auch dem lieblichen Maiblümchen (Convallaria majalis) hat sein Stündlein geschlagen. Wenigstens haben es die Mediciner durch pharmakologische Untersuchungen und Thierexperimente seines bisher so harmlosen Wesens entkleidet; denn seine Blüthe ist als „giftig“ erkannt worden. Schon seit alten Zeiten sind die Maiblümchen in Rußland ein beliebtes Volksmittel gegen schwere Nervenleiden, und dies hatte die dortigen Fachmänner veranlaßt, die bescheidenen Glöckchen einmal genauer vorzunehmen. Die Prüfung fiel sehr zu seinen Ungunsten aus; denn es ließen sich nicht nur die schon vor etwa zwanzig Jahren von Walz darin entdeckten zwei Gifte, das Convallamarin, (eine scharf-drastisch wirkende Substanz) und das Convallarin, ein dem Fingerhut ähnliches Herzgift, bestätigen, sondern außerdem ergaben die unter des berühmten Botkin Leitung angestellten Beobachtungen am Menschen auch noch, daß die Maiblümchen-Tinctur den Puls und Blutdruck in einem keineswegs unbedenklichen Grade beeinflußt – natürlich innerlich angewendet oder unter die Haut gespritzt. Wie oft schon mag ein solches Sträußchen „dem Herzen“ gefährlich geworden sein, wenn auch nur in bildlichem, poetischem Sinne! Jetzt scheint die Wissenschaft für dieses anheimelnde Bild der Dichtung eine wenig erfreuliche Deutung und unwillkommene Ergänzung gefunden zu haben. Doch – der Duft ist ungefährlich. Darum mögen sich die Liebhaber jenes reizenden Blümchens im kommenden Mai nur ja nicht davon abschrecken lassen, sich dieses Duftes zu freuen! Das Maiblümchen aber wird vielleicht noch für die ihm jetzt angethane Unbill durch eine Ehrenrettung entschädigt werden; denn wer weiß: möglichenfalls wird sein „Geist“ als „Tinctura Convallariae“ einmal eine Perle des Arzneischatzes werden und bei der Behandlung von Herzfehlern und deren Folgen eine Glanzrolle spielen. Dr. F.
verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1882, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_219.jpg&oldid=- (Version vom 10.1.2023)