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Seite:Die Gartenlaube (1882) 534.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Mancher wird zum ersten Mal eine klare Idee gewinnen von der Großartigkeit des Welthandels, seinen Factoren und seiner Bedeutung für das Culturleben. Dabei aber werden die Festgäste einsehen, daß emsiges Streben nach materiellem Gewinn sich gar wohl mit frendigem Ringen um die Palme idealen Genusses vereinigen läßt, und sie werden nach den frohen Tagen des Zusammenseins mit Hamburger Sangesgenossen und Sangesfreunden nicht mehr mit einstimmen, wenn spöttisch von „Pfeffer- und Kaffeesäcken“ die Rede ist, die nur für solche Dinge Sinn haben, die ihrem Arnheim neue Schätze einbringen.

Vor allen Dingen aber wird den Sängern im gemeinsamen Chorgesange mit Macht das Gefühl erstarken, daß sie die Söhne eines Volkes sind, welches zusammenstehen soll in Freud’ und Leid, damit seine Willensäußerungen immer mehr und mehr hinausklingen als mächtige Accorde in die weite Halle der Zeitgeschichte. Wie die einzelnen Stimmen sich ergänzen und harmonisch verbinden, so möge das gesammte deutsche Volk von den himmelanstrebenden Wänden der Alpen bis zu den Borden der wogenden See in Zukunft stets einen gewaltigen Chor bilden, und in diesem Sinne ruft die „Gartenlaube“ den versammelten Sangesbrüdern in Hammonias Mauern einen frohen Sängergruß zu. Ihr schönes Fest möge groß und erhebend ausklingen wie eine imposante Jubelhymne!

„Tenor sei Süd und Baß der Nord –
so kling’ die Hymne jubelnd fort!
Sie klinge fort die Welt entlang
In deutscher Männer Chorgesang!“

Harbert Harberts.




Zum Verständniß der Ereignisse in Aegypten.

Von Adolf Ebeling.
II.

Das Institut der Generalcontroleure gab, wie wir gesehen haben, der Autorität des Khedives Ismaïl einen gewaltigen Stoß, aber von einem durchgreifenden Nutzen für das Land ist es nicht gewesen und konnte es, schon der Persönlichkeiten wegen, aus denen es zusammengesetzt war, nicht sein. Dieser letztere Punkt ist schon deshalb wichtig, weil er nicht allein den Haß der Aegypter gegen die Engländer und gegen alles englische Wesen erklärt, sondern auch denjenigen Recht giebt, die bezweifeln, daß gerade die Engländer jetzt berufen sein sollten, das Land zu organisiren und einer glücklichen und ruhigen Zukunft entgegenzuführen. Auf ihre Weise wohl, wie wir das in Indien gesehen und noch täglich sehen können, und zwar etwa folgendermaßen: Dem völlig von ihnen abhängigen Khedive wird eine Civilliste und ein kleiner Hof gewährt, im Uebrigen das Land von englischen Beamten verwaltet und regiert, dabei jede nationale Regung und vollends jedes Streben nach Selbstständigkeit mißachtet und unterdrückt, aber die Productionskraft des Landes, durch geschickte Benutzung aller Hülfsquellen, auf’s Höchste angespannt, um so viel Geld wie nur irgend möglich daraus zu machen – das war mit zwei Worten ungefähr das Programm, welches der englischen Controle zu Grunde lag, oder wie es doch vom ägyptischen Volke aufgefaßt wurde. Von da bis zur völligen Umwandlung Aegyptens in eine englische Provinz war nur ein Schritt, mit dem es vor der Hand noch nicht drängte.

Frankreich kam, wie wir wissen, immer erst in zweiter Reihe; England hätte es gern ganz abgeschüttelt, aber die finanziellen Interessen Frankreichs in Aegypten erlaubten dies nicht und die Politik noch weniger. Doch wer weiß, ob nicht schon damals ein leiser Wink vom Londoner Cabinet nach Paris gefallen ist, der den Franzosen ungestörte Freiheit in Tunis verhieß, um sie von Aegypten abzulenken. Brachte doch die „Times“ in jener Zeit einen sehr charakteristischen Artikel über die Nothwendigkeit einer vollständigen Christianisirung des ganzen nördlichen Afrikas, wobei Marokko Spanien, Tripolis Italien und Tunis Frankreich zugesprochen wurden. Der Löwenantheil, Aegypten, blieb unberührt, aber ein Kind konnte zwischen den Zeilen lesen, daß derselbe England zufallen müsse. Und das hauptsächlich wegen des Suezcanals, der großen Fahrstraße mach Indien, auf die England so gern die alleinige Hand legen möchte, wobei freilich in Betracht kommt, daß von zehn den Canal passirenden Schiffen neun englische sind. So lange der Suezcanal im Entstehen war, wurde das Werk von England bekämpft, einestheils, weil der kurzsichtige Palmerston die Ausführung für unmöglich hielt, und anderntheils, weil er daraus Verwickelungen mit der Türkei befürchtete – jetzt, wo der Canal vollendet ist und sich längst bewährt hat, erheben die Engländer den Hauptanspruch darauf: das ist englische Politik. Doch kehren wir zur Lage Aegyptens im letzten Regierungsjahre Ismaïl Pascha’s zurück!

England und Frankreich, als die bedeutendsten finanziellen Interessenten, hatten ihm, schon im August 1878, außer den Generalcontroleuren und dem damit verbundenen Beamtenheere, auch noch ein Ministerium ihrer Façon aufoctroyirt, das er sich, wie alle übrigen Maßregeln, gefallen lassen mußte.

In diesem Ministerium figurirte, um den Schein zu wahren, Nubar Pascha als Präsident, aber die Finanzen hatte der Engländer Rivers Wilson und das Innere der Franzose Blignières übernommen. Wilson war mithin die eigentliche Seele des Cabinets; denn er hatte die Hand auf dem Staatssäckel und sorgte für die richtige Zahlung der Coupons, die allein für die consolidirte Schuld 800,000 Pfund Sterling pro Semester betrugen, aber auch für nichts weiter. Man erstaunt, wie es bei der allgemeinen finanziellen Zerrüttung Aegyptens überall noch möglich war, so ungeheuere Summen aufzubringen; es geschah indeß auch nur durch Aufwendung der gesammten Steuerkraft des unglücklichen Landes. Alle sonstigen Zahlungsansprüche blieben gänzlich unberücksichtigt, auch die berechtigtsten, und dazu gehörten doch in erster Reihe die Beamtengehälter für Civil und Militär; nur die fremden Beamten bezogen nach wie vor pränumerando ihre immensen Besoldungen.

Daß nicht schon damals eine Revolution ausbrach, hat einfach seinen Grund in dem sanften und schüchternen ägyptischen Volkscharakter, vielleicht auch darin, daß sich kein energischer Führer vorfand, um sich an die Spitze der Unzufriedenen zu stellen. Dieser Führer (Arabi) existierte aber schon; nur wagte er noch nicht hervorzutreten; denn die Zeit seiner „erlösenden Mission“ war noch nicht gekommen.

Daß der Khedive ingrimmig war über seine Lage und die ihm aufgedrängte Vormundschaft abzuschütteln suchte, liegt auf der Hand, er war aber doch schon zu sehr abendländisch civilisirt, das heißt zu klug, um es mit einer Tasse Kaffee zu versuchen, dem gewöhnlichen Mittel im Orient, sich unliebsamer Leute, denen man sonst nicht beikommen kann, zu entledigen; er entschied sich daher für einen anderen Weg, nämlich für einen Staatsstreich, und die Gelegenheit dazu war wirklich nicht ungünstig. Das Ministerium hatte, um Ersparnisse zu machen, den Effectivbestand der Armee um 10,000 Mann vermindert und in Folge dessen gegen 1200 Officiere aller Grade entlassen; an sich keine üble Maßregel, vorzüglich wenn man sie einige Jahre früher ausgeführt hätte, in jenem Moment aber ein kopfloser, schlimmer Gewaltstreich und zwar um so mehr, als man gar nicht daran dachte, den guten Leuten ihren rückständigen fünfzehn- und zwanzigmonatlichen Sold auszuzahlen.

In wie weit der Khedive dabei die Hand im Spiele gehabt, ist niemals aufgeklärt worden; sehr wahrscheinlich ist es indeß, daß er die revoltirenden Officiere im Geheimen hatte ermuthigen lassen; genug, eines schönen Morgens, im Frühjahr 1879, wachte die Stadt Kairo mit einer kleinen Revolution auf. Tausende von Soldaten und mehrere hundert Officiere zogen lärmend durch die Stadt nach dem Abdin-Palast, um beim Khedive Schutz gegen das Ministerium zu verlangen und zugleich ihr Geld, auf das man sie seit Jahr und Tag vertröstet hatte. Als die Tumultuanten am Finanzministerium vorbeikamen, wollte es ein unglücklicher Zufall, daß die Minister sich gleichfalls zu einer Sitzung dorthin begaben, und nun wurde die Sache ernst. Nubar wurde zuerst aus dem Wagen gerissen und dergestalt gemißhandelt, daß fast sein Leben in Gefahr kam, und den Herren Wilson und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 534. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_534.jpg&oldid=- (Version vom 14.8.2023)
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