Verschiedene: Die Gartenlaube (1882) | |
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Vermißte. (Fortsetzung von Nr. 30):
48) Der Techniker und Telegraphist, Vincenz Hübsch, 1850 in Prag geboren, war bei der privilegirten österreichischen Nordwestbahn von 1872 bis 1874 Beamter, von 1875 bis 1877 Calculant des obersten Rechnungshofes und ist seit dem 13. Mai 1877 verschwunden. Er war von mittlerer Größe, untersetzt, hatte kastanienbraune Haare, dunkelblonden Vollbart, im Knöchel des linken Fußes eine veraltete Luxation.
49) Doppelt zu beklagen als arme Wittwe und unglückliche Mutter ist Frau M. Wandt in Schneidemühl, die ihre einzige Stütze, ihren Sohn, nun schon seit vier Jahren vergeblich aus unbekannter Fremde zurückerwartet. Dieser Vermißte, Hermann Wandt, geboren den 1. September 1854 zu Greifswald, wo sein Vater Nagelschmiedemeister war, wanderte als Tapezierer und Decorateur 1878 nach Nordhausen und schrieb von da, daß er nach Berlin gehen wolle. Von dieser Zeit an ist keine Nachricht mehr weder von ihm noch über ihn zu erlangen gewesen. Bei der Berliner Polizeibehörde war er nicht angemeldet worden. Man vermuthet nun, daß er nach Rußland gegangen sei. Der noch nicht achtundzwanzigjährige junge Mann hatte, als er seine Mutter verließ, ein bleiches Aussehen und trug keinen Bart; er ist blondhaarig. Vielleicht haben unsere Leser in Rußland das Glück, ihn dort zu finden und ihm diese Zeilen mitzutheilen.
50) Der Schuhmachergehülfe Moritz Wartenberg aus Dresden, 1855 geboren, ein junger Mann von mittlerer Größe, blondhaarig und mit etwas gekrümmten Beinen, ging 1876 nach Stuttgart, reiste von da ab, ohne den Seinen darüber zu schreiben, und ist seitdem verschollen. Er wird von seinem alten Vater gesucht.
51) Friedrich Waschmann, Sohn des verstorbenen Dr. Rudolf Waschmann auf Windheim in Kurland, ging, weil sein Fortkommen dort aussichtslos war, im Oktober 1862, achtzehn Jahre alt, als Seemann mit einem Dampfer von Memel nach England und ist seitdem verschollen, während beim Magistrat von Libau ein Erbe von 15,000 Silberrubel auf ihn wartet. Seine Geschwister leben noch.
52) Aus Oberspaar bei Meißen in Sachsen ging August Wolf als zwanzigjähriger Zimmermannsgeselle nach Hamburg und von da nach Australien. Dort kaufte er sich ein Landstück in, wie uns geschrieben wird, „Lonigbek bei Gobanton“, von wo zwei Briefe, im November 1871 und im August 1876, an seinen nun achtzigjährigen Vater kamen. Im letztern Briefe, von anderer Hand, steht, daß er vollständig erblindet sei, und daß seine Frau und die ältesten seiner sechs Kinder alle Arbeit allein verrichten müssen. Briefe unter obiger Adresse kamen seit 1876 theils als unbestellbar zurück, theils blieben sie ohne Antwort.
53) Ein anderer Zimmergeselle, Max Wolff, aus Berlin, geboren am 20. November 1861, ging am 2. März 1879 auf die Wanderschaft, schrieb seiner Mutter, einer Wittwe, am 9. November desselben Jahres, daß er über Straßburg, Metz, Luxemburg, Namur und Brüssel nach Antwerpen oder Amsterdam reisen wolle, um den Schiffbau zu lernen und dann zur See zu gehen. Das war sein letzter Brief. In ihrer Angst wandte sich die Mutter im März 1881 mit der Bitte um Erkundigung nach ihrem Sohne an den „Deutschen Hülfsverein in Antwerpen“ und erhielt am 30. März die Nachricht, daß Max Wolff am 14. April 1880 zum letzten Male Unterstützung von demselben erhalten habe. Sollte man in der holländischen Armee wohl den Namen kennen? Da ist wieder einmal einer Mutter die Stütze ihrer alten Tage zerbrochen.
54) August Wilhelm Wunderlich, aus Landwüst im sächsischen Vogtlande, geboren den 13. September 1846, stand 1877 bis 1880 im Dienst der Indo-Europäischen Telegraphen-Gesellschaft als Mechaniker, und zwar im Kaukasus. Einige Zeit war er in Suchum Kaleh, dann in Station Mineralwasser, zuletzt in Georgiewsk. Von da an schweigen die Nachrichten über ihn; auch der Oberingenieur E. Günzel in Tiflis konnte nur die Kunde geben, daß Wunderlich Mitte des Jahres 1880 den Dienst verlassen habe.
55) Der Seemann Hans Zinserling aus Erfurt wurde am 15. August 1881 als Bootsmann auf Sr. Maj. Schiff „Vineta“ in Port-Elizabeth, Capland, auf Urlaub entlassen und ist seitdem verschollen.
56) Der 1853 zu Dresden geborene Schreinergehülfe Franz Zwintscher begab sich 1872 auf Wanderschaft nach der Schweiz, schrieb 1874 und zuletzt 1877 aus Basel und ist seitdem von seinen Eltern vergeblich gesucht worden.
57) Aehnliches haben die Eltern Hartwigsen in Meyn-Mühle bei Wallsbüll im Kreise Flensburg zu beklagen. Ihr achtzehnjähriger Sohn Andreas Lorenz Hartwigsen diente als Knecht bei einem Bauern in Hachstedt, verließ diesen am 29. Mai 1880, wurde zuletzt noch auf der Station „Nordschleswigsche Weiche“ bei Flensburg gesehen, auf dem Zuge nach Süden, und seitdem nicht wieder. Der junge Mensch ist von mittlerer Statur, blondhaarig und besonders kenntlich an den auf die linke Hand tättowirten Buchstaben A. H. und an einem Muttermale am rechten Unterarme.
58) Eine unglückliche Frau sucht ihren verschollenen Gatten, Johann Kündig aus Augsburg, der, nach dem Aufgeben seiner eigenen Fabrik, sich in die Schweiz begab, um eine Stelle als Werkmeister in einer Weberei anzunehmen. Er wollte, sobald ihm dies geglückt, seine Familie nachkommen lassen. Leider schien ersteres nicht der Fall gewesen zu sein; denn nach längerer Zeit überraschte die Gattin ein Brief aus Liverpool, nach welchem ihr Gatte an einer dortigen Maschinenfabrik Stellung gefunden, aber auch den Auftrag erhalten habe, erst in Brasilien, dann in Indien neue Fabriken anzulegen. Von Brasilien aus wollte er wieder schreiben. Da nun aber wieder eine lange Zeit vergangen ist und die mit ihren Kindern verlassene Frau weder die Firma in Liverpool noch den Namen der betreffenden brasilianischen Stadt kennt, so muß sie, das Schlimmste befürchtend, die Hülfe der Oeffentlichkeit zur Auffindung des Vaters ihrer Kinder in Anspruch nehmen.
59) Der Bruder einer armen Näherin, Tischler Gustav Hermann Geißler, am 7. April 1839 in Bautzen (Sachsen) geboren, arbeitete zuletzt in Düsseldorf am Rhein, wo er Bolkerstraße 20 gewohnt hat. Der letzte Brief an seine Schwester ist vom März 1876 datirt; die Antwort derselben kam am 29. April 1877 mit dem Postvermerke zurück: „Auch mit polizeilicher Hülfe nicht zu ermitteln.“
60) Gustav Neumann, ein Müller, geboren den 10. September 1849 zu Groß-Hoppenbruck, Kreis Heiligenbeil in Ostpreußen, ging im Sommer 1870 auf die Wanderschaft, war bis zum Herbst 1872 in Berlin bei einem Kaufmann Sommer, soll dann nach Süddeutschland, nach anderer Vermuthung nach Amerika, abgereist sein und ist seitdem verschollen.
61) Lebt in Punta Arenas, Mina Martha, im chilenischen Territorium Magallanes, ein Maschinenbauer Rudolf Schultz aus Berlin? Er ist 1859 geboren und reiste 1880 über Bremen nach Südamerika.
62) Den jetzt etwa vierzigjährigen Kaufmann Theodor Frömel aus Wenden in Ostpreußen bittet sein Bruder in Berlin (Lindenstraße 63, III.) um Heimkehr.
63) Vor etwa zwanzig Jahren verließ der Kaufmann Matthäus Schumacher die Stadt Chur in der Schweiz; inzwischen sind alle Glieder seiner Familie gestorben bis auf seine Tochter Katharina, die einst sein Liebling war.
64) Ob sich wohl Jemand noch des Seemannes Ludwig Bähre erinnert? Er stammte aus Groß-Goltern in Hannover, besuchte die Schule in Bremen, von wo er als Steuermann eines Kauffahrers in See ging, ohne, stürmisch und leichtlebig, wie er als junger Mensch war, je wieder nach den Seinen zu fragen. Jetzt, da er ein höherer Fünfziger geworden, erfreut es ihn vielleicht, von einem Neffen in Wesel zu hören.
65) Der Nagelschmied Gottfried Hermann Bork aus Scharnikau bei Posen, den 20. December 1837 geboren, kam auf seiner Wanderschaft 1867 nach Hamburg, von wo er zum letzten Mal schrieb und wohin ihm sein Taufschein nachgeschickt wurde. Jetzt fragt seine Schwester Auguste in Berlin nach ihm.
66) Ebenfalls eine schwesterliche Nachfrage ergeht nach Hermann Goedecke aus Magdeburg, welcher 1866 Deutschland verlassen, sechs Jahre in Algier in der Fremdenlegion gedient und zuletzt aus dem Lazareth daselbst (1873) geschrieben hat, daß er nach Brasilien reisen werde. Seine Schwester lebt zu Rositz in Sachsen-Altenburg.
67) Eine Mutter, welche in kurzer Zeit ihre vier Töchter von sieben, siebenzehn, neunzehn und einundzwanzig Jahren verloren und indeß Wittwe geworden, sucht ihren einzigen Sohn schon seit Jahren vergeblich auf allen Meeren. Egydius Friedrich Georg Kleeblatt aus Oedenburg in Ungarn, der sich auch Georg Kossuth genannt, diente vom April 1859 bis 1862 als Matrose auf verschiedenen Schiffen, trat am 25. April 1862 wieder eine Reise nach St. Jago in Cuba an und schrieb am 25. December desselben Jahres aus Marseille um Verlängerung seines Passes zu einer Fahrt nach Valparaiso. Von da am 5. März 1863 zurückgekehrt, theilte er den Seinen seinen Vorsatz mit, sich von Neuem zu verheuern. Das ist die letzte Nachricht von ihm. Um seine Spur zu finden, ließ die bekümmerte Mutter mit großen Opfern alle Schiffskataloge und Mannschaftsbücher in Marseille revidiren und Aufrufe in amerikanischen und englischen Blättern ergehen – aber Alles vergeblich! Nun setzt sie ihre letzte Hoffnung auf die „Gartenlaube“. Sollte vielleicht doch Einer von unseren Lesern an den fernen Oceansgestaden dem Verschollenen begegnet sein?
68) Der Schweizer Franz Huber aus Oberwyl bei Bremgarten im Aargau hat sich, in Liebe und Frieden von den Seinen scheidend, erst nach Lausanne und von da nach Marseille begeben, seit 1876 aber die Seinen ohne Nachricht gelassen, während daheim ihm eine ansehnliche Erbschaft zugefallen ist.
Berichtigung. In unserem kleinen Artikel „Ein Fürst unter den Musikern der Gegenwart“ („Blätter und Blüthen“ von Nr. 28 d. J.) hat sich leider ein sinnentstellender Druckfehler eingeschlichen; es muß daselbst Zeile 33 von oben heißen: „Anderen lebt“ statt: „Andere lobt“.
E. R. in Danzig. Ob ein Militäranwärter, der auf seinen Civilversorgungsschein hin einen Civildienst erhielt, falls er diesen aus Krankheit oder Altersschwäche nicht mehr versehen kann, eine Geldentschädigung erhält, wenn er der Behörde den Civilversorgungsschein wieder einreicht? Vielleicht werden sachkundige Leser diese Frage eines unserer Kriegsinvaliden freundlichst beantworten.[WS 1]
F. W. in Neuß. Unbedingt müssen Sie in diesem Falle den Arzt um Rath fragen.
R. Vorbitz. Sie erwarten von uns eine Antwort, geben Straße und Hausnummer, aber nicht Ihren Wohnort an. Wo wohnen Sie denn im großen deutschen Reiche?
W. G. in Chemnitz. Wie uns Herr F. Clouth aus Nippes bei Köln mittheilt, beträgt jetzt der wirkliche Preis der Tourniquet-Hosenträger (vergleiche Nr. 29) M. 2.20 pro Stück.
E. K. in Constanz. Ihre Beiträge, obgleich nicht talentlos, sind für unser Blatt nicht geeignet.
H. K. in Dresden. Ueber „Freimaurer“ verzeichnet unser Register nur einen Artikel: „Der Bund der Freimaurer“ („Ein unbekannter Bekannter“), im Jahrgang 1873, S. 452, und eine Notiz über die Freimaurer in Amerika, Jahrgang 1875, S. 241. Was Sie aber suchen, bietet Ihnen vielleicht die Schrift: „Die Grundsätze der Freimaurerei im Völkerleben. Ein geschichtsphilosophisches Erbauungsbuch von J. G. Findel.“
Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Auskunft hierzu: Kleiner Briefkasten (Heft 37), „E. R. in Danzig.“
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 568. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_568.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2023)