Verschiedene: Die Gartenlaube (1884) | |
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Blätter und Blüthen.
Dank und neue Bitte, wie immer. – Seitdem wir in Nr. 27
der „Gartenlaube“ unsern „Dank für dreifache Wohlthätigkeit“
veröffentlichten, ist uns wiederum Gelegenheit gegeben worden, über neue
Wohlthaten zu berichten.
Vor Allem wird es unsere Leser mit erfreuen, daß unserem „einbeinigen früheren Unterofficier Schultze“ in Berlin: zu einem künstlichen Bein verholfen worden ist. Die Firma J. Schmickler in Bochum nahm sich des invaliden braven Mannes an, der uns „hocherfreut“ meldet, daß er uns demnächst anzeigen werde, wie mit dem neuen Fuß das Laufen gehe. Dem edlen Wohlthäter sprechen wir für sein ansehnliches Opfer hiermit auch unsern Dank aus.
Unsere Bitte um Beschneidemaschinen ist nur für den böhmischen Buchbinder durch den Papierfabrikbesitzer Herrn Ernst Haase in Wran erfüllt worden. Zwei Andere, in Ostpreußen und Baden, warten noch vergeblich auf Erlösung aus ihrer Noth und wiederholen dringend ihre bitteren Klagen, da sie ohne eine solche Hülfe ihre Familien nicht mehr ernähren können. In Deutschland bestehen viele große blühende Buchbindereien, denen wir diese Bitte für bedrängte Handwerker ihres Fachs nahe legen möchten.
Große Freuden sind zwei armen Kranken bereitet worden. Ein seit Jahren an das Bett gefesseltes Kind in Bischofswerda erhielt durch die mildthätige Hand der Frau Justizrath Clara Böhmig in Chemnitz einen sehr praktisch für alle Lagen eingerichteten Krankenstuhl. Ebenso ist der Wunsch einer seit acht Jahren rückenmarkskranken Frau erfüllt, welcher durch den Herrn Geheimen Kirchenrath Dr. Köhler in Auma ein nur wenig gebrauchter Fahrstuhl übermittelt wurde.
Aber noch harren fünf unglückliche Gelähmte sehnlich derselben Wohlthat.
Da lebt in Magdeburg ein junger Mann von 26 Jahren, der seit 12 Jahren total gelähmt ist, „sodaß er wie ein neugeborenes Kind gewartet werden muß.“ Seit 6 Jahren hatte er seine Krankenkammer nicht verlassen, als es ihm vor wenigen Wochen einmal vergönnt wurde, auf einem gemietheten Fahrstuhl in die frische Luft gebracht zu werden. „Die Freude, nach so vielen Jahren wieder einmal ein Stückchen Welt und seine lieben Bäume sehen zu können, spottet jeder Beschreibung.“. Welches Glück würde für diesen Beklagenswerthen ein eigener Fahrstuhl sein!
Ebenso für jene vierzigjährige Frau und Mutter in der Niederlausitz, welche seit 15 Jahren durch die Gicht gelähmt und an Händen und Füßen verkrüppelt ist. Welches Wehe liegt in ihrer Klage: „Ich muß, wenn sich Andere in Gottes freier Natur ergötzen, die vier Wände ansehen.“
Dieselbe Klage erhebt die zweiundsechszigjährige Frau eines armen Fabrikarbeiters. Seit 5 Jahren lahm, hat sie den einzigen Wunsch, daß sie am Abend ihres Lebens in ihren Leiden noch bisweilen an die frische Luft gefahren werden könnte.
Denselben Wunsch hegt ein neunundsechszigjähriger Invalid, dessen gichtgeschwollene Hände und Füße ihm den ferneren Gebrauch der Krücken unmöglich machen, sodaß der Aermste sich nicht einmal „an Gottes schöner Natur noch erlaben kann“.
Ganz anders lautet das dringende Verlangen eines Einundzwanzigjährigen, der durch Rückenwirbelentzündung an den Füßen unheilbar gelähmt ist. Am Oberkörper wieder gekräftigt und sogar fähig, kleine Strecken, wenn auch mühsam, an zwei Krücken zu gehen, hegt er den Wunsch, auf dem Fahrstuhl dahin zu gelangen, wo er als Schlosser Arbeit findet, um sich ehrlich sein Brod zu verdienen.
Es ist jetzt die Zeit, wo Tausende, von ihren Ausflügen in Sommerfrischen und Bäder wieder heimgekehrt sind, den Leib gestärkt und das Herz erfüllt von den Freuden, die sie in den Herrlichkeiten der schönen Welt genossen, – diesen Glücklichen sollte es am nächsten liegen, der Unglücklichen zu gedenken, welche dieselbe wonnige Zeit gliederlahm in dumpfen Stuben verleben müssen. Es gäbe weniger Elend, wenn die Glücklichen dankbarer für ihr freundliches Schicksal wären.
Für dringend erbetene Nähmaschinen hat abermals die Firma G. Neidlinger sich unsern Dank in fünf Fällen verdient, deren Einzelaufzählung wir uns für unseren nächsten Dankesbericht vorbehalten. Eine Nähmaschine ist ferner durch eine wohlthätige Dame zu Weißenburg in Mittelfranken einer armen Lehrerwittwe in Bonn zugekommen, und auch mit zwei Hand-Nähmaschinen haben wir zwei Familien erfreuen können.
Wir schließen diesen „Dank, mit seinen neuen Bitten“ mit der wiederholten Zusicherung für Geber und Empfänger, daß für die Frachtkosten aller Geschenke die Verlagshandlung der „Gartenlaube“ einsteht.
Vorbereitungen zur Reise. (Mit Illustration S. 697.) Das ist eine lustige Gesellschaft! Eins, zwei – vier Junge und eine Alte: ihrer gerade genug, um etwas Ordentliches zu Stande zu bringen. Das wird die Besitzerin der Sachen, die von den Kätzchen hier einer sichtlich etwas gewaltthätigen Revision unterzogen werden, anerkennen müssen, wenn sie, um ihre Vorbereitungen zur geplanten Reise zu vollenden, wieder das Zimmer betritt. Der Koffer in heilloser Unordnung, drin wohl gar noch ein Kätzchen, die Schachtel umgestoßen, der schöne neue Hut, der extra für die Reise angeschafft ist, zerdrückt und zerquetscht – es ist zum Verzweifeln! Vielleicht aber zieht sie aus dem angerichteten Unheil eine gute Lehre – die, daß auch Schachteldeckel und Stubenthüren ihren Beruf verfehlen, wenn sie nicht geschlossen werden.
Ein neuer Motor für Nähmaschinen. Nachdem die Frauenhand durch die Erfindung der Nähmaschine von der Führung der Nähnadel befreit worden war, stellte sich bald das Bedürfniß ein, auch die lästige Tretarbeit der Füße durch maschinelle Einrichtungen zu ersetzen. Hygieinische Rücksichten gaben hierzu in erster Linie Veranlassung. Bald erschien auch im Handel eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Motoren für Nähmaschinen, die als mehr oder minder gelungene Versuche zur Lösung dieser Frage betrachtet werden konnten. Die brauchbarsten waren entschieden die Wassermotoren, die durch einen Strahl der gewöhnlichen Wasserleitungen in Betrieb gesetzt werden, sie haben nur den Fehler, daß sie nicht überall verwendbar sind, da bei ihrer Anwendung das Vorhandensein einer Wasserleitung vorausgesetzt werden muß. Auf den elektrischen Ausstellungen sah man in letzter Zeit gleichfalls vorzügliche Nähmaschinenmotoren, nur kommen sie uns heute vor wie unsichere Wechsel auf Zukunft, da wir noch weit von dem Augenblick entfernt sind, an dem in jedes Haus der elektrische Strom geleitet wird.
Für unsere Zwecke brauchen wir einen Motor, der überall aufgestellt
werden und überall arbeiten kann. Wir glauben nun, daß es dem Fabrikanten
Louis Heinrici in Zwickau endlich gelungen ist, etwas zu construiren, was
von der endgültigen Lösung der Aufgabe nicht mehr weit entfernt ist. Sein
Motor, den wir in Verbindung mit einer Nähmaschine hier abbilden, wird durch
Dampf getrieben, der in dem über der Maschine befindlichen Kessel erzeugt
wird. Die zur Erzeugung des Dampfes nöthige Wärme liefert eine starke
Petroleumlampe, welche zu gleicher Zeit das Arbeitsfeld der Nähterin
beleuchtet. Der überschüssige Dampf kann durch einen Gummischlauch zum
Fenster oder zum Ofen hinaus geleitet, oder auch nach Wunsch in einem
besonderen Apparate condensirt werden, der zugleich als Wärme-Apparat
und Behälter mit heißem Wasser dient. Der Arbeitseffect der kleinen Maschine
beträgt 1/10 Pferdekraft, und sie eignet sich darum auch als Motor
für andere Apparate des Kleingewerbes. –i.
Guter Rath. Unter dem Nachlasse des berühmten holländischen
Arztes Dr. Boerhaave befand sich ein wohlverpacktes und versiegeltes
Paket mit der Aufschrift: „Die einzigen und tiefsten Geheimnisse der
Arzneikunst.“ Bei der Versteigerung der Bibliothek wurde das Paket mit
zehntausend Gulden bezahlt. Als der Käufer seinen Schatz zu Hause mit
fieberhafter Eile geöffnet, fand er in einer Unzahl Umhüllungen ein Blatt
Papier mit den Worten: „Halte den Kopf kalt, die Füße warm und lebe
regelmäßig, so kannst Du aller Aerzte spotten.“ L. M.
Allerlei Kurzweil.
Auflösung des Scherz-Räthsels in Nr. 41: Rothenburg an der Tauber.
Auflösung des magischen Tableaus „Die Sterne“ in Nr. 41: Die Zahl der bei jedem Buchstaben befindlichen Sterne zeigt an, in welcher Aufeinanderfolge die Buchstaben zum Worte verbunden werden müssen, wobei jedes der 6 Sternenfelder ein Wort für sich ergibt. Die Worte aller dieser 6 Gruppen in der Ordnung, von oben links angefangen, zusammengestellt, geben den
Satz: Glück und Macht kommen über Nacht.
Auflösung des Homonym in Nr. 41: Fassung.
Auflösung des Scherz-Räthsels in Nr. 41: Damaskus.
Kleiner Briefkasten.
O. E., Riga. Sie fragen, ob eine Frau ohne Wissen und Einwilligung ihres Ehemanns einen Paß für’s Ausland erlangen kann? und auf welchem Wege? Solche Anfrage sollte eine Frau nicht stellen – wir geben keine Antwort darauf.
A. H. in Budapest, A. V. in C., F. M. in M.: Ungeeignet.
[Inhaltsverzeichnis der Nr. 42/1884, hierher z. Zt. nicht übernommen.]
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 700. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_700.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2024)