Verschiedene: Die Gartenlaube (1884) | |
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Eine Kette von glücklichen Umständen – die häufig gerade zu der Zeit eintraten, wo alles mir aussichtslos erschien – hat meine Bemühungen, der deutschen Forschung, wie der Ausbreitung des deutschen Handels neue Wege zu weisen, mit Erfolg gekrönt. Zu solchen glücklichen Umständen gehörte zunächst meine über drei Jahre dauernde Dienstzeit in dem ersten Lagoshause G. L. Gaiser, Hamburg und Lagos, und die liebenswürdigste Unterstützung meiner Unternehmungen seitens des Chefs wie seiner Vertreter in Westafrika. Ich hatte vor allem den großen Vortheil, bei meiner anfangs nur sehr unbedeutenden financiellen Unterstützung hierher zurückkehren zu dürfen, und fand stets die liebenswürdigste, mich körperlich und geistig für meine Unternehmungen neustärkende Aufnahme.
Ein fernerer Glücksumstand war es, daß die Reise des „Henry Venn“ von 1879 gerade zu der Zeit stattfand, als ich meine contractlichen Verpflichtungen gegen das Haus G. L. Gaiser gehörig erfüllt hatte. Bei meiner ersten Meldung – ich wünschte als Passagier vom „Henry Venn“ mitgenommen zu werden – wurde ich abschlägig beschieden, da ich, vom Hause Gaiser kommend, Verdacht erregte, daß ich den englischen Firmen am Niger Concurrenz zu schaffen beabsichtigte. Da trat der glückliche Zufall wieder für mich in die Schranken. Der Rechnungsführer des Missionsschiffes war erkrankt und auf Anordnung des Arztes nach Europa gesandt worden. Ich erhielt hiervon Kenntniß und bot meine Dienste nicht vergeblich an. Unter der Flagge der Mission (auf blauem Grund das „Buch der Bücher“ in Weiß und eine weiße Taube mit dem Oelzweig im Schnabel darüber) machte ich meine erste erfolgreiche Benuëreise.
Fast hätte ich auch die zweite im Dienste derselben angetreten, ja antreten müssen, denn ich wollte und durfte nicht die Angebote abschlagen, die mir dort gemacht wurden – in Anbetracht der Sache selbst – wenn nicht noch im letzten Augenblick mir die erste Unterstützung deutscherseits durch Dr. G. Nachtigal’s und Prof. G. Neumeyer’s gütige Vermittelung zu Theil geworden wäre (1000 Mark Karl Ritter-Stiftung und 5000 Mark Afrikanische Gesellschaft i. D.).
So unternahm ich diese Reise in der Hoffnung, wiederum mit dem „Henry Venn“ nach Adamaua zu gelangen. – Da diese Hoffnung sich aber nicht erfüllte, weil damals gerade in der Mission (Church Missionary Society) Dinge vorgingen, deren Schilderung nicht hierherpaßt und die überhaupt die Nacht am besten für immer deckt, so wurde mir nach meinen Erfahrungen von 1879 klar, daß ich nicht direct auf mein Ziel Adamaua lossteuern dürfe, sondern erst – wenn ich reüssiren wollte – nach Sokoto zu gehen und mich um ein Erlaubnißschreiben des dortigen Sultans zu bewerben haben würde. Dieser Plan gelang über Erwarten gut. Die geographischen Resultate dieser Reise sind von „Petermann’s Mittheilungen“, dem „Ausland“ und vor allem natürlich von den „Mittheilungen der Afrikanischen Gesellschaft“ beleuchtet worden. Als ich zurückgekehrt war, wurde meine Lage schon besser – wenn ich auch viel Zeit verlor und manche Geduldsprobe zu bestehen hatte. Man war aufmerksam auf meine Bestrebungen geworden, und ich hatte das sichere Gefühl, mit einiger Geduld dennoch in vaterländischen Diensten bleiben zu können.
Der Brief des Sultans von Sokoto ist von der höchsten Bedeutung für den Erfolg meiner zweiten Adamauareise und die Entdeckung des Benuëquellgebietes gewesen, wie ich voraussah; denn ohne diese Empfehlung, die ich im Original (S. 711) und der Uebersetzung gebe, wäre ich schmählich abgewiesen worden wie Barth und die „Henry Venn“-Expedition. Sie allein öffnete mir die Thore Jola’s und somit der ganzen für praktische wie wissenschaftliche Ziele wichtigsten Provinz des Sokotoreiches, Adamaua.
Denn dieses reiche schöne Land ist uns nicht nur wichtig durch seine eigenthümlichen Vorzüge, mehr noch als Hinterland von Kamerun und als Schlüssel für das wissenschaftlich gegenwärtig interessanteste Gebiet der nördlichen Congozuflüsse. Wird doch durch eine Reise von Adamaua aus nach dem Congo hin der gewaltige Plan unseres großen Ad. Bastian, welchen dieser vor nunmehr nahezu zwölf Jahren zur Entschleierung der letzten Geheimnisse des dunklen Continentes aufstellte, abgeschlossen.
Das Schreiben des Sultans von Sokoto lautet in wörtlicher mir von Haussaleuten gegebener Uebersetzung:
„Im Namen Gottes, des allbarmherzigen, der Mitleid hat mit den Gläubigen, lasse ich wissen, wie es sich zugetragen hat mit diesem Schreiben, allen denen, die mir unterthan sind, und den Häuptlingen. Dieser Weiße ist bei mir gewesen, ist gekommen, um mich zu sehen und von mir Freundschaft zu erhalten. Aus diesem Grunde gab ich ihm diesen Brief an Euch Alle! Von mir kommt er (der Weiße)
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 712. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_712.jpg&oldid=- (Version vom 29.5.2024)