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Seite:Die Gartenlaube (1885) 157.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

No. 10.   1885.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 30 Pfennig.


Die Frau mit den Karfunkelsteinen.

Roman von E. Marlitt.
(Fortsetzung.)


Einen Moment noch horchte Grete nach der verriegelten Thür hin – es blieb todtenstill dahinter - dann stieg sie mit zitternden Knieen aus ihrem Versteck, raffte ihre vorhin abgeworfenen Oberkleider zusammen und flog nach einem der vorderen Zimmer, um dort ihren Anzug schleunigst wieder in Ordnung zu bringen. ... Welch ein Glück, daß der Papa nicht zehn Minuten früher nach Hause gekommen war! Versetzte ihn schon die gemalte leblose Leinwand in eine so hochgradige Aufregung, was wäre da wohl geschehen, wenn er das unselige Weib scheinbar leibhaftig jählings vor sich gesehen hätte! Daß die Mummerei bereits ein anderes Unheil angerichtet, daran dachte ihre Seele nicht.

Seit einer halben Stunde saß er drunten auf der Küchenbank, der erschrockene Hausknecht. Die zitternden Beine trugen ihn noch immer nicht, und die sonst so schön roth lackirten Backen blieben blaß. Die ganze Küche roch nach Liquor – „nichts Besseres als das!“ hatte Bärbe gesagt und ihm ein beträufeltes Stück Zucker um das andere in den Mund geschoben. Und das ganze Hausgesinde stand um ihn her und konnte sich nicht satt hören und „graulen“.

„Nein, nein, nein - ein- für allemal nicht!“ wiederholte er zum so und so vielten Male entschieden. „Ich rühre sie nicht wieder an - nicht um die Welt! Mag sie doch sehen, wie sie wieder hinaufkommt an ihren Haken. ... Ich und Etwas zerbrechen! - Du lieber Gott, meinen Pfeifenkopf hab’ ich nun schon an die vierzehn Jahre, und soll nur ’mal Einer herkommen und auch nur ein Ritzchen daran finden! Und zeigen Sie mir den Teller oder das Glas, das ich beim Abtrocknen hier in der Küche zerbrochen hätte, Bärbe! Sie können’s nicht, mit dem besten Willen können Sie’s nicht - so ’was giebt’s nicht bei mir! Und da oben fliegt mir das Ding, die Vase, nur so aus der Hand! So ein heimlicher Puff von hinten an den Ellenbogen und, krach, da lag die Bescheerung am Erdboden! Und das war die Strafe, weil ich sie von ihrem Platze genommen hatte, die Boshaftige! ... Ich dachte mir’s gleich und wollte nicht. ‚Die Stube wird ja nicht


Oberbayrisches Mädchen. 0Studienkopf von Hans Fechner jun.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_157.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2024)
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