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Seite:Die Gartenlaube (1885) 548.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

von Freud und Leid, das sie sich fürs ganze Leben zuschwören werden, nur für Sonn- und Feiertage als bindend erachten.

Und so wird hier der feierliche Akt wirklich vollbracht. Die Herrschaft stiftet das unumgänglich nöthige Heiligenbild, und nach vollzogenem Ehebündniß und nach vollendetem Hochzeitsmahl kehrt jedes der „jungen Eheleute“ auf seinen Posten zurück und dient weiter in verschiedenen Häusern.

Ein sonderbares Familienleben! An Werkeltagen sehen sich die Gatten höchstens im Fluge, wenn sie sich zufällig auf der Straße begegnen; nur an Feiertagen, die, nebenbei gesagt, in Rußland häufiger im Kalender auftreten als bei uns, suchen sie redlich den Spruch zu bewahrheiten:

„Die Hand, die Samstags ihren Besen führt,
Dich Sonntags wird am besten karessiren.“

Selbst der Kindersegen kann diese eheliche „Zwei-Häuser-Theorie“ nicht erschüttern, denn es finden sich stets Basen und Tanten, welche die Kleinen gegen billiges Entgelt in Erziehung nehmen. Die Gatten aber arbeiten unverdrossen fort und sparen fleißig, nicht um ihre längst geschwundenen Flitterwochen zu genießen, sondern um gemeinsam ihren Lebensabend zu verbringen. Ist nach Jahren das nöthige Sümmchen voll, so wird ein kleiner Handel begonnen oder auf dem Lande ein kleiner Hof gekauft, und die „erfahrenen Eheleute“ leben alsdann unter den Bauern in nicht geringem Ansehen. Und sonderbar, diese Ehen sind zumeist gut und glücklich. Ein Spötter sagte allerdings: sie wären es darum, weil sich die Gatten nur selten sähen.


Nothsignale auf Eisenbahnen früherer Zeit. Schon in den ersten Jahren des Eisenbahn-Betriebes stellte sich das Bedürfniß nach Vorrichtungen heraus, welche im Nothfalle die Verständigung des reisenden Publikums mit dem Zugpersonale ermöglichen konnten. So waren auf einigen Bahnen in den damals noch unbedeckten Wagen dritter Klasse rothe Fahnen vorhanden, durch deren Hin- und Herschwenken man die Aufmerksamkeit der Beamten erregen und den Zug zum Anhalten bringen konnte. Das reisende Publikum machte hiervon mitunter, zum allgemeinen Aergerniß und zum Verdruß der Beamten, den ausgedehntesten Gebrauch; bisweilen unter den lächerlichsten Vorwänden. Beispielsweise wird uns von einer Dame erzählt, welche, das Wagniß der ersten Eisenbahnfahrt unternehmend, den in voller Fahrt begriffenen Zug mitten im freien Felde halten ließ, weil sie glaubte, daß der Zug zu schnell fahre, als daß er auf der nächsten Station, wo sie aussteigen wollte, werde halten können. Ein andermal alarmirte ein Mitreisender das Zugpersonal, weil ihm durch den scharfen Luftzug seine Mütze entführt worden sei und er ohne diese nothwendige Kopfbedeckung die Reise nicht fortsetzen könne.

Die Bahnverwaltungen waren im Interesse eines geregelten Betriebes genöthigt, den Gebrauch dieser Signale mehr und mehr einzuschränken und mißbräuchliche Benutzung mit Strafen zu belegen.Br.     


„Pst! die Depesche!“ (Mit Illustration S. 541.) Das reizende Genrebildchen ist frisch aus dem Leben herausgegriffen und erinnert Jeden unwillkürlich an seine eigene naive Kinderzeit, wo in dem kleinen Kopfe gar sonderbare Gedanken über die in dem Telegraphendraht dahineilende „Depesche“ ihren Spuk trieben. Der Künstler, dem wir diesen originellen Schmuck unserer heutigen Nummer verdanken, ist Professor Heinrich Max in Wien, der jüngste Bruder des rühmlichst bekannten Gabriel Max. Er wurde 1847 in Prag geboren und lieferte schon viele von der Kritik günstig beurtheilte Kunstwerke, unter denen namentlich „Die Klostermalerin“ und „Ein Wiedersehen“ hervorzuheben sind. Auch die Gattin von Heinrich Max, die Florentinerin Ehrler, ist eine geschätzte und unter dem Künstlernamen Max-Ehrler bekannte Genremalerin. Eines ihrer lezten Bilder „Die Fächermalerin“ ist vor Kurzem vom österreichischen Kaiser gekauft worden.


Der Werth eines Geldstückes kann mit der Zeit ein unerhört großer werden. In London wurde vor Kurzem eine Sammlung seltener Münzen versteigert und für einen sehr alten Penny, ein Geldstück, dessen Werth etwa 8 Pf. beträgt, die nette Summe von 600 Mark bezahlt.


An die Mildthätigkeit und Großmuth der Glücklichen wendet sich eine arme Mutter für ihr unglückliches Kind. Eine Beamtenwittwe mit 150 Mark Jahrespension wurde in der Erziehung ihrer übrigen drei Kinder bis jezt von ihrer ältesten Tochter unterstützt. Als Mädchen von 19 Jahren Lehrerin an einer über 80 Schüler und Schülerinnen zählenden Klasse einer Volksschule und nebenbei noch in Privatunterricht thätig, hat sie sich durch diese Ueberanstrengung ein Lungenleiden zugezogen, das ihr jede fernere Lehrthätigkeit verbietet und den Genuß südlicher Luft als einziges Lebensrettungsmittel vorschreibt.

Die Aermste weilt derzeit in Meran zur Kur; nächsten Monat bezieht sie ihr letztes Lehreringehalt. Dann ist sie vollständig mittel- und rathlos. Arzt und Obrigkeit aber bezeugen mit warmen Worten die Würdigkeit und Noth der Bittenden.

Zur Entgegennahme von Gaben ist die Expedition der „Gartenlaube“ bereit.


Allerlei Kurzweil.


Zahlen-Kryptogramm:0 „Der Berg“.


Auflösung der Schachaufgabe Nr. 3 in Nr. 31.
 Weiß:   Schwarz:
1. D a 3 – e 7 T h 8 – h6 :
2. D e 7 – f 8 † K g 7 – f 8 :
3. T d 5 – d 8 † K f 8 - e 7, g 7
4. T d 8 - e 8 resp. g 8 matt.

Auf 2. ...., K g 6: folgt 3. D g 8 † nebst 4. D g 4 matt.

Varianten: a) 1. ..., T g 8; 2. S g 4, c 6; T oder L a 5 (S d 7, S a 6; 3. e 5 – e 6 : (T : S d 7) etc. oder 2. ..., beliebig anders; 3. D g 5 † resp. f 6 † etc. (2. S : T g 8, statt S g 4, scheitert an S d 7; 3. T : S d 7, T : S g 8!) – b) 1. ..., L f 4; 2. S e 8 †, K g 8; 3. T g 6 † etc. oder: 2. ..., K : T (T : T); 3. D f 6 † etc. – c) 1. ..., K : T; 2. S g 4 †, K g 7; 3. D g 5 † etc. – Auf sonstige Züge entscheidet: 2. S h 5 † oder 2. S e 8 † etc.


Auflösung des Räthsels in Nr. 31: 0Besuch, Buch.


Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

Frl. A. D. in Demmin. Wir vermögen Ihnen leider keine Auskunft zu geben, da auf unsere Anfrage im kleinen Briefkasten der Nr. 18. dieses Jahrganges: „Wer kauft gebrauchte Korke, Stahlfedern, alte Glacéhandschuhe etc., die zu wohlthätigen Zwecken gesammelt sind?“ keine Antwort eingegangen ist.

W. F. in England. Nein, wir können Ihnen nicht dazu rathen.

Ella, „Alleine“, Illas G., Sch.-Waldhaus, K. M. in Dresden: Nicht geeignet.

F. S. in A. Wir empfehlen Ihnen das „Lehrbuch des Schachspiels von Jean Dufresne“ (Verlag von Philipp Reclam jun. in Leipzig, vierte Auflage, Preis geb. 1 Mk. 50 Pf.); ein vortreffliches Werk, welches sich trotz des billigen Preises durch Gründlichkeit auszeichnet.

H. S. in Frankfurt a. M. Es mangelt uns leider an Zeit und Raum, um Ihnen die gewünschten Kommentare zu geben.

P. K. in W–g. In solchen Fällen müssen Sie sich unbedingt persönlich an einen Arzt wenden.


Inhalt: [ zu diesem Heft, hier nicht transkribiert. ]



Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger. in Leipzig.

In unserem Verlage ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

„Gartenlaube-Kalender

für das Jahr 1886.
8. 251 Seiten mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt, eleg. geb. Preis ℳ 1,50.

Der Kalender, im Geiste der „Gartenlaube“ geschrieben, enthält neben zahlreichen praktischen Nachweisen und Notizen eine Lulle unterhaltender und belehrender beitrage und wird sich dadurch, wie wir hoffen, rasch Eingang in die deutsche Familie verschaffen.

Leipzig, im Juli 1885. Ernst Keil’s Nachfolger.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_548.jpg&oldid=- (Version vom 28.3.2024)
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