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Seite:Die Gartenlaube (1885) 832.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

ihn zu Blei – der Athem begann ihm zu versagen – von Schritt zu Schritt verminderte sich die Hast seines Laufes – aus dem Walde vermochte er noch hinauszuwanken auf eine lichtere Rodung, dann versagten ihm die Kräfte. Da stand auch schon der Verfolger vor ihm und Aug’ in Auge starrten sich die Beiden an.

„Finkenbauer! Du!“

„Ja, Gidi – ich bin’s – ich – aber – mußt Dir net denken – um Tausendgottswillen bitt’ ich Dich – komm – komm morgen zu mir – und laß – laß mit Dir reden –“

„Der Finkenbauer auf Schleicherweg’? Na – das hätt’ ich mir nie net ’denkt! Und da brauch’ ich auch weiters nix z’wissen. Das geht ja kein Jaager nix an – das schlagt ja ins Steuerfach!“

Die Achseln zuckend, wandte er sich von Jörg und schritt, auf die leisen, flehenden Rufe des Bauern nicht hörend, dem Saume des Waldes zu. Er suchte den Steig nicht wieder zu gewinnen, quer über den waldigen Berghang nahm er die Richtung nach der Jagdhütte.

Manchmal blieb er stehen, um seinen erregten Athem zur Ruhe kommen zu lassen, und dann immer murmelte er kopfschüttelnd vor sich hin „Na, na, was man derleben kann! Der Finkenbauer auf Schleicherweg’!“

So stand er wieder einmal stille und da war es ihm, als vernähme er zwischen den Bäumen leise Tritte, die sich ihm zu nähern schienen.

„Ja Himmel! Is denn heut’ der ganze Berg lebendig?“ flüsterte er vor sich hin und lauschte wieder auf jene Schritte.

Jetzt sah er eine dunkle Gestalt unfern an ihm vorüberschreiten. Heiß schoß ihm das Blut zu Kopfe, als er über die Schultern jener Gestalt den schwarzen Lauf einer Büchse aufragen sah – und im gleichen Augenblicke gewahrte er auch die scharfe Linie des Gesichtes mit dem lang niederhängenden Schnurrbarte.

„Meiner Seel’! Der Valtl!“ fuhr es ihm durch die Zähne, und da sprang er auch schon mit mächtigem Satze auf den Burschen los und schlug ihm die Fäuste ins Genick. „Hab’ ich Dich amal, Du Lump, Du gottvergessener!“

„Für heut noch net!“ zischte Valtl auf und riß, unter Gidi's Fäusten sich duckend, das Gewehr von der Schulter.

Gidi erkannte die Gefahr und fuhr mit beiden Händen nach der Büchse – zu spät.

Ein Blitz und ein Knall – und „Jesus Maria!“ konnte Gidi noch stöhnen, dann stürzte er zusammen, und Moos und Farren tranken sein rinnendes Blut.

(Fortsetzung folgt.)

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Unterseeische Schiffe.

Der Mensch ist doch ein jämmerliches Geschöpf, meinte kürzlich ein pessimistisch angehauchter Freund. Bei aller Kunstfertigkeit, trotz seiner vielgerühmten Erfindungsgabe, hat er es in den Jahrtausenden noch nicht einmal so weit gebracht, wie der erste beste Vogel, der, kaum befiedert, sich frei in die Lüfte schwingt, wie der Fisch, welchem es ebenfalls von Natur gegeben ist, sich nicht bloß horizontal, sondern auch auf- und abwärts zu bewegen. Weit überlegener seien dem Menschen noch die Ente, der Schwan, überhaupt das zahlreiche Geschlecht der Wasservögel, denen ja drei Elemente zu Gebote stehen: die Luft, das Land und das Wasser, während er schwerfällig auf dem Erdboden dahin kriecht und nicht einmal wie die meisten Landthiere instinktmäßig schwimmen kann. Mit seiner Ansicht steht besagter Freund offenbar nicht vereinzelt da, und so erklärt es sich, weßhalb sich seit Ikarus’ Zeiten unzählige Sterbliche mit dem Problem des Fliegens und der Luftschifffahrt vergeblich abgequält, weßhalb es auch immer Leute giebt, die den Wahn eines sich fischartig in den tiefsten Meeresgründen bewegenden Fahrzeuges mit einer Ausdauer verfolgen, die eines besseren Lohnes würdig wäre.

Nordenfelt’s Unterseeboot von einem Dampfer bugsiert.

Ist dieses Ziel überhaupt erreichbar? Ist einige Aussicht vorhanden, daß der Mensch dereinst, den Wogen und ihren Gefahren entrückt, die Meeresfluthen in der Tiefe durchfurchen werde, daß das Problem eines dauernd unter Wasser dahinschwimmenden Schiffs jemals seine Lösung finde? In absehbarer Zeit ist unseres Erachtens nur wenig Aussicht vorhanden.

Warum? frägt vielleicht der geneigte Leser. Nun, die Antwort fällt nicht schwer. Wir wollen von nebensächlichen Hindernissen absehen, wie z. B. von dem ungeheuren Druck, den das Wasser schon in einer geringen Tiefe auf die Wände eines unterseeischen Schiffs ausübt, sowie von der Schwierigkeit der Beleuchtung der unterseeischen Fahrstraße, und einzig und allein die beiden Hauptbedingungen ins Auge fassen, welche von einem solchen Fahrzeuge zu erfüllen sind.

Die erste Bedingung ist die der Triebkraft. Dem Menschen stehen augenblicklich zur Erzeugung von mechanischen Bewegungen, abgesehen von seiner eigenen Körperstärke und von der Kraft der Thiere, nur drei Mittel zu Gebote: der Wind, ein Wassergefälle und die Dampfmaschine, nebst ihren Abarten. Wind weht aber unter dem Wasser nicht, und es ist hier an Wassergefälle nicht zu denken. Folglich bleibt nur die Dampfmaschine übrig, welche aber die Verbrennung von Kohle bedingt. Verbrennung hat jedoch eine ununterbroche Luftzufuhr zur ersten Bedingung, welche unter Wasser ebenfalls unmöglich ist. Hieraus folgt, daß ein unterseeisches Fahrzeug sich nicht oder nur kurze Zeit fortbewegen kann, es sei denn, daß die Mannschaft sich selbst ins Zeug legt und die Schraube dreht. Lange möchte sie es aber nicht aushalten.

Nordenfelt’s Unterseeboot unter Wasser.

Wo bleibt aber das Allerweltsmittel Elektricität? Nun, auch dieses Mittel versagt hier den Dienst, einfach weil wir zur Erzeugung des elektrischen Stromes immer noch der Dampfmaschine, beziehungsweise des Feuers bedürfen, es sei denn, daß man zu galvanischen Elementen oder zu Akkumulatoren greift, die aber in dem besonderen Falle aus vielen Gründen nahezu unbrauchbar sind. Erst wenn wir etwa gelernt haben, Elektricität direkt aus dem Wasser zu gewinnen, und zwar ohne Anwendung von Brennstoffen, werden wir eine Kraft besitzen, die ein Unterseeschiff fortzubewegen vermag und es zu weiten Reisen tauglich macht, weil es seinen Kraftvorrath stets aus der Umgebung ergänzen kann. Die Lösung einer solchen Aufgabe ist indessen nicht einmal angebahnt, und es versteigen sich augenblicklich auch die kühnsten Forscher nur zu der Hoffnung, der Mensch werde es lernen, Elektricität aus der Kohle, und zwar durch Verbrennung derselben, direkt zu gewinnen.


Die zweite, allerdings bei Weitem nicht so heikle Bedingung ist die der Erneuerung der Luft im Inneren eines Unterseeschiffs. Die Frage werden indessen die Herren Chemiker schon lösen. Sie haben es im Kleinen schon vielfach gethan und überhaupt ganz andere Kunststücke schon fertig gebracht.

Vorerst ist es also mit dem echten fischähnlichen Unterseefahrzeug nichts, und die Seekrankheit behält ihr Recht.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 832. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_832.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2024)
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