verschiedene: Die Gartenlaube (1886) | |
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„Klause“; eben so ganz aus rohen Stämmen gezimmert, mit einem Rindendach und Glockenthürmchen. Die Wände sind mit Malereien auf rauher Packleinwand geschmückt; aus gleichem Stoffe sind auch die Vorhänge der winzigen Fenster. Der Hausrath besteht aus Fischernetzen und alten Thongefäßen, aus einem alten rohen Betschemel und einem dunklen Krucifix darüber. So erscheint die „Klause“ wie eine Erinnerung an jene dunklen Zeiten, als in diesen Thälern zum ersten Male das Christenthum eindrang. Man fühlt sich zurückversetzt in die Tage der Völkerwanderung, und wenn man hinaustritt in den schweigenden Bergwald, Abends nach Sonnenuntergang, kommt man unwillkürlich auf den Gedanken, als müßte von jenen schroffen Felszacken, den „Geierköpfen“, die dort über den dunklen Fichten in den Abendhimmel starren, Wodan der alte Heidengott mit seinem wüthenden Heer niederfahren zum nächtlichen Ritte durch das Grenzgebiet.
Der Raub in der Thierwelt.
(Schluß.)
Wir waren im ersten Theil dieses Artikels den Wieseln und
Mardern auf ihren Raubzügen in dem Dickicht der Büsche
und Bäume, zwischen Felsen und dem Gemäuer von Burg und
Haus gefolgt; wir besuchen jetzt unsere Teiche und Seen, Bäche
und Flüsse, um anderen Erscheinungen in der Ausführung des
Raubes zu begegnen. Der Fischotter, der „Marder der Gewässer“,
wie man ihn treffend bezeichnet, hat dieselben zu seinem Jagdrevier
erkoren. Sein plattgedrückter, aalartig glatter und geschmeidiger
Leib mit den Schwimmfüßen, sein außerordentlich
scharfes Gebiß, welches sich durch das feste Einpassen der Köpfe
der beiden Unterkieferäste in die Pfannen auszeichnet, wie seine
breite, drüsenreiche, gummiartige Schnauze befähigen diesen Feind
der Edelfische zum ausgiebigsten Fischer. Hierbei wird das
Thier durch das Geschick des Tauchens unterstützt. Der einmal,
wenn auch etwa knapp gepackte Fisch kann der mörderischen Beißzange
des Otterrachens meist nicht mehr entrinnen, und wenn
dies auch glückt, hinterläßt der Entwischte doch zwischen den Zähnen
des Räubers den Zehnten seines Körpers, was gewöhnlich sein
Verderben herbeiführt. Obgleich Nachtthier, benutzt der Otter doch
auch die Tageszeit, besonders die Frühe zu seinen Fischereien.
Er schwimmt, ohne Geräusch in die Tiefe tauchend, stromaufwärts;
von Zeit zu Zeit, gewöhnlich nach einer, auch wohl zwei Minuten,
erhebt er die Nase über die Wasserfläche und schöpft mit oft
vernehmlichem Brausen Athem. Sein Fang ist verschieden. Bald
jagt er die Fische im vollsten Sinne des Wortes, indem er die
vor ihm fliehenden ereilt und packt, bald wittert er sie mittelst
seines scharfen Geruchs und Gesichts hinter hohlen Ufern oder unter
Steinen und Blattpflanzen aus und ergreift sie in ihren Schlupfwinkeln.
Kleine Fische fängt er sehr leicht, gewöhnlich rasch hinter
einander deren mehrere, und verzehrt sie im Wasser, den Kopf
über die Oberfläche desselben erhebend. Mit großen Fischen
begiebt er sich auf seinen „Steigen“ (Pfaden) ans Ufer. Er reißt
der Beute, während er sie zwischen den Vorderpfoten hält, die
Rückentheile bis zum Schwanz an, verschmäht aber Kopf und
Schwanz. Im flachen Wasser und in Tümpeln und Buchten
trübt er durch Schlagen mit dem kräftigen Schwanze („Ruthe“)
das Wasser, um die in die Verstecke eilenden Fische sicher aufzuspüren.
Hier sucht er die still stehende Forelle oder den Hecht
von unten her zu packen; dort schießt er mit Gewalt des Blitzes
unter versammelte Fische, die sein Anblick verwirrt und die
eine leichte Beute für ihn werden. Seine große Raublust
läßt ihn oft und weit über Bedürfniß jagen, namentlich unedle,
ihm weniger mundende Fische. Den größeren Edelfischen, wie
z. B. dem Lachs, stellt er sogar gemeinschaftlich mit seines Gleichen
nach, denn es ist beobachtet worden, daß zwei Otter, der
eine in der Tiefe, der andere oben, den Lachs verfolgen. In
kurzer Zeit entvölkert dieser Verwüster ein Gewässer merkbar
und empfindlich von edlen Fischen. Uebrigens dienen zu seiner
Nahrung auch andere Wasserthiere, wie Frösche, Krebse, Wasserratten,
ferner auch kleinere Vögel und selbst großes Geflügel, wie
Enten. Auch dehnt der Otter seinen Raub aufs Land aus. Die
kleinen in Ufergewächsen schlafenden Vögel beschleicht er, die auf
dem Wasser schwimmenden zieht er, geräuschlos tauchend, von
unten ins Wasser. So haust verwüstend das Schreckbild der
Wasserthiere in großer Ausdehnung; denn der unermüdliche Räuber
tummelt sich in einem großen Jagdreviere.
Gleich nach den marderartigen Thieren tritt auf die Schaubühne des Raubes der vielgenannte und doch in so manchen Charakterzügen und Lebensäußerungen noch unbekannte oder auch verkannte Fuchs. In welcher Art der Diebs- und Mordkunst wäre der Allem sich bequemende Lumpaci Vagabundus nicht Meister!? Selbst das Klettern hat er sich im niederen Grade angeeignet. Seiner Gaunerstreiche und Mordthaten sind so viele, sie begreifen den thierischen Raubsport in einem so vielseitigen, ausgedehnten Maße, daß wir uns nur auf Skizzirung einiger Hauptzüge seiner Raubmanier beschränken müssen. Charakteristisch für ihn sind vornehmlich das Beschleichen und das Lauern. Letzteres wendet der alte erfahrene Fuchs besonders
verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 635. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_635.jpg&oldid=- (Version vom 28.9.2022)