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Seite:Die Gartenlaube (1887) 296.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)


hatten uns die Eingeborenen bemerkt und eilten an den Strand herab, um uns über den Berg nach dem Dorfe der Südseite zu geleiten, die von einem ausgedehnten Riff begrenzt wird. Schon auf dieser kurzen Tour bemerkte ich aus dem Benehmen der zum Theil englisch radebrechenden Eingeborenen, daß dieselben schon häufig mit Europäern in Verkehr gestanden, und war daher freudig überrascht, in dem Dorfe selbst noch so viele Originalität vorzufinden.

Baubauraucherinnen auf Samarai (Dinner-Insel).

Vor Allem war es die Eigenartigkeit des Baustils, welche meine Aufmerksamkeit erregte. Die Häuser (vergl. die untenstehende Abbildung) stehen auf soliden, rund behauenen Pfählen mit einer runden Scheibe, zum Schutze gegen Ratten u. dergl., und sind an der Giebelseite zum Theil mit buntbemaltem Schnitzwerk versehen. Das mit Kokospalmblättern belegte Dach besteht aus einer Art Schilf oder Gras, die Wände sehr praktisch aus verstellbarem Mattenwerk von Kokospalmblatt. Unsere Abbildung zeigt neben dem Hause noch ein Grab, in Miniaturform eines Hauses, aber außer diesem Denkmal des Todes auch ein Bild des Lebens in Gestalt einer Töpferin, die für Teste-Insel eine besondere Bedeutung erlangt. Verdankt die Insel doch der Töpferei ihren Wohlstand und ihre bevorzugte Stellung als Handelscentrum der Ostspitze Neu-Guineas. Der treffliche Thon, aus dem die Insel besteht, liefert das Material und machte die Töpferei überhaupt möglich. Bei meinem Interesse für Keramik ließ ich gleich ein paar Weiber, Meisterinnen in dieser Kunst, antreten, um die Fabrikation kennen zu lernen. Das Herz des Prähistorikers schlug heftiger, als ich eine einfache Methode noch von Lebenden gehandhabt sah, in welcher unsere werthen Vorfahren des Steinalters ihre Töpfe herstellten, Töpfe, deren Reste, als Scherben in kostbaren Schränken verwahrt, den Stolz des Forschers erregen. Hier hätte man mit Hilfe der vereinigten Weiber in kurzer Zeit ganze Museen füllen können, denn jede Insulanerin ist selbstredend auch Töpferin, das gehört zu ihrer Erziehung, und diese Kunstfertigkeit wird schon in früher Jugend ausgebildet. In der That ist die Fabrikationsweise die denkbar einfachste. Außer einer Muschelschale zum Glätten bedient sich die Töpferin nur ihrer Finger, mit denen sie den in eine lange, dünne Wurst gerollten Thon spiralig aufrollt, bis er die gewünschte Größe erreicht. Das Randmuster, in ebenso einfacher Weise mittelst gabelförmiger Stäbchen aus Bambu eingeritzt, ist hier, wie anderwärts, eine Art Handelsmarke, mit welcher die Verfertigerin ihr Fabrikat schützt.

Häuser und Grabstätte in Hausform auf Chas (Teste-Inseln).

Chas zählt gegenwärtig kaum mehr als 300 Bewohner, echte Melanesier, das heißt Papuas, die sich alle mehr oder minder zum Christentum bekennen. Wie die Eingeborenen selbst mit einem gewissen Stolz erzählten, waren sie vorher arge Kannibalen, die ihre Raubzüge namentlich nach Barsiraki (Moresby-Insel) ausführten, woher wahrscheinlich die Schädel stammen, welche ich als letzte Zeugen einer glücklicher Weise untergegangenen Bildungsstufe hier erhielt.

Wir besuchten selbstredend auch die Missionsanstalt und fanden hier in einem hübschen Wohnhause den Lehrer, einen Schwarzen von den Loyalitäts-Inseln, der früher Matrose war und uns während unseres Besuches viel von seinen Fahrten auf einem Walfischfänger erzählte. Dabei hatte er auch ziemlich gut Englisch gelernt, was bei den meisten dieser Lehrer sonst nicht der Fall ist. Die Londoner Gesellschaft lehrt den Eingeborenen überhaupt nicht Englisch, sondern bemüht sich, dieselben in der eigenen Sprache zu unterrichten, was bei der Unzahl melanesischer Sprachen und Dialekte natürlich eine äußerst schwierige Sache ist.

Der Lehrer, welcher, wie dies stets der Fall ist, über Mangel gewisser Lebensbedürfnisse klagte, da das jährliche Missionsschiff noch fällig war, gab uns zwei alte Hühner und eine Ananas als Gegengeschenk. Letztere, die erste und einzige, welche wir auf unseren bisherigen Fahrten überhaupt gesehen hatten, bestimmte ich zu einer Bowle, bei der wir auf der Reise nach Cooktown Sylvester feiern wollten. Das Meer war an jenem Abende ruhig wie ein Spiegel; der Dampfer glitt daher sanft wie ein Schwan durchs Wasser. Die Bowle war in Ermangelung von etwas Anderem im Wasserfilter angerichtet, Steuerleute und Maschinisten hatten ihren Theil bekommen, Kapitän Dallmann und ich saßen behaglich auf dem Quarterdeck, um bei dem Labetrunke all der Lieben daheim und der theuren Heimath selbst zu gedenken, es herrschte eine feierliche Stimmung! Eben wollte ich die Gläser füllen; da – eine unerwartete Schwenkung – ein Krach und unsere Bowle lag am Boden! Ja! ja! Die kleine „Samoa“ hatte so ihre Mucken und spielte uns auch diesmal einen Streich! Mit der Bowle war es also aus und mit der Sylvesterfeier ebenfalls. Was war zu thun? – nichts! – wir krochen zur Koje! Und damit „Gute Nacht“!



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_296.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)
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