Verschiedene: Die Gartenlaube (1888) | |
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vergessen bei diesem Anblick, der so deutlich sprach, und die Geliebte in seine Arme gezogen; für ihn war sie nur die Braut seines Freundes, der er um keinen Preis der Welt mit einem Liebesworte genaht wäre – er trat langsam einige Schritte zurück.
„Es ist doch gut, daß ich nach Neuenfeld gehe!“ sagte er kaum hörbar. „Ich wußte längst, daß es nothwendig war!“
Die beiden hatten keine Ahnung davon, daß sie belauscht wurden. Schon in jenem Augenblick, wo der Doktor die Hände des jungen Mädchens ergriff, theilte sich das Gebüsch am Fuße des Felsens, und Wally, die eine neckende Ueberraschung beabsichtigte, lugte daraus hervor.
Ihr muthwilliges Gesicht nahm aber den Ausdruck höchster Verwunderung an, als sie Alice, die sie allein glaubte, in Gesellschaft des Vetter Benno und in einer sehr vielsagenden Vertraulichkeit mit ihm erblickte.
Zu den vielen lobenswerthen Eigenschaften der Frau Doktor Gersdorf gehörte auch eine sehr hervorragende Neugierde. Sie wollte unter allen Umständen wissen, wie dieses verfängliche Zusammensein sich weiter entwickelte. Sie verharrte daher regungslos auf ihrem Lauscherposten und hörte das ganze folgende Gespräch mit an, bis Ernas und Waltenbergs Schritte sich vernehmen ließen, die erst jetzt den Felspfad herabkamen.
Zum Glück besaß die kleine Frau Geistesgegenwart, und überdies hatte sie während ihrer eigenen Brautzeit Alice so nachdrücklich als Schutzgeist in Anspruch genommen, daß sie sich nun auch ihrerseits zu dieser Rolle verpflichtet fühlte. Sie tauchte daher geräuschlos in das Gebüsch zurück und rief dann laut und lustig den Niedersteigenden zu, daß sie ihnen schon weit voraus sei. Das that denn auch seine Wirkung; als alle drei einige Minuten später die Bergwiese
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 720. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_720.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)