Verschiedene: Die Gartenlaube (1888) | |
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Eine Hofgeschichte aus dem 17. Jahrhundert von Stefanie Keyser.
(Fortsetzung.)
Auf dem weiten Schloßhof zu Weimar rannte die Dienerschaft durch einander wie Ameisen in einem verstörten Bau.
Plötzlich wandten sich die Köpfe der jungen eilfertigen Mägde nach dem Schloßthor. Achatius von Krombsdorff schritt durch dasselbe herein.
Die Amme des kleinen Prinzen, eine Thüringer Bäuerin in hoher Bändermütze, lachte ihn an, als sie das Herrlein auf dem Arm, an ihm vorüber nach dem welschen Garten wandelte.
Er winkte ihr einen Gruß zu, während er seinen Hut vor dem kleinen Prinzen schwenkte. Aber unter den halb gesenkten Wimpern hervor spähten seine Augen scharf an beiden vorüber.
In dem Laubengang, der vor dem Grünen Schloß, der Residenz der jungen Herzöge, sich hinzog, schimmerte etwas Weißes; Achatius lenkte seine Schritte dahin. Es war die hübsche Silberwäscherin mit ihren weißen Messertüchern, die ihm erwartungsvoll entgegenschaute.
„Goldmägdlein!“ flüsterten seine Lippen, während er, ohne eine Miene zu verziehen, an ihr vorübereilte.
Er trat in das Grüne Schloß ein.
Hackenschuhe klapperten über ihm auf der Treppe. Er horchte gespannt. Es war die blonde Benigna, die ihm entgegen kam.
„Ach, Ihr seid es, holde Nymphe?“ sprach Achatius mit süßem Ton und enttäuschtem Gesicht.
„Haltet mich ja nicht auf,“ rief sie, indem sie zugleich stehen blieb. „Die Frau Herzogin hat mich in die Käserei zur Käsemutter entsendet. Ihre fürstliche Gnaden wünschen Schafkäse bei der Tafel morgen zu geben.“
„Für den Schafkäse habt Ihr Zeit, für den Schäfer nicht,“ entgegnete er mit galantem Vorwurf und entschlüpfte auf der Wendelstiege.
Fröhliches Lachen tönte zum Korridorfenster herein. Er machte Halt und schaute hinaus. Drüben im Rothen Schloß, dem ehemaligen Witwensitz der Großmutter der jetzigen Herren, wurde das Losament für die fürstlichen Gäste hergerichtet.
In den Rosenkammern, wo die Dornburger Herrschaft wohnen sollte, waren die Fenster geöffnet, und die Hofwäscherinnen zogen den Pfühlen in den marmornen Bettstellen die Gewände über. Als sie seiner ansichtig wurden, stießen sie sich kichernd an und lugten nach ihm aus.
Plötzlich verschwanden sie vom Fenster und rannten an ihre Arbeit. Da war gewiß die Gertrud Hellingen jetzt drüben eingetreten. Der kleine tugendliche Sauertopf!
Er konnte nicht an sie denken, ohne sich zu ärgern. War es denn etwas so Schlimmes gewesen, daß er ihren Weg nach der Burgmühle ein paarmal gekreuzt hatte? Mußte sie ihn darum
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 725. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_725.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2018)