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Seite:Die Gartenlaube (1889) 110.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Norddeutschen Lloyd gebauten Reichspostdampfer „Stettin“, „Lübeck“, „Danzig“, „Preußen“, „Sachsen“ und „Bayern“, die Postdampfer „Rugia“, „Gertrud Woermann“, den Schnelldampfer „Augusta Viktoria“ für die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Aktiengesellschaft, vieler anderer kleinerer Schiffe zu geschweigen. Im Bau begriffen sind ein weiterer Reichspostdampfer „Kaiser Wilhelm II.“ für die Fahrt nach Australien und 2 Passagierdampfer „Skandinavia“ und „Dania“ für die Hamburger Gesellschaft, welche letzteren ihre Namen zum Andenken an die Nordlandfahrten unseres Kaisers tragen, endlich ein Frachtdampfer für die Neue Stettiner Dampfer-Compagnie.

Wir dürfen es jedoch wohl als den größten Erfolg des Etablissements bezeichnen, daß es ihm gelang, den Bann zu brechen, der bisher auf der deutschen Schiffsbauindustrie dem Ausland gegenüber lag, der „Vulkan“ war die erste deutsche Werft, welche Aufträge für das Ausland erhielt, von seinen Hellingen liefen zum ersten Male in Deutschland fremde Kriegsschiffe vom Stapel,

Dampfer zur Kohlenbeförderung.

und zwar gerade Fahrzeuge derjenigen Gattungen, deren Konstruktion bisher fast als Monopol Englands gegolten hatte. Bereits 1880 stellte die Werft zwei Torpedoboote für die russische Regierung fertig, und in der Mitte der achtziger Jahre wurde ihre Thätigkeit in ausgedehntem Maße durch Bestellungen Chinas in Anspruch genommen; außer anderem Material hatte sie an das Reich der Mitte nicht weniger als 15 Torpedoboote und fünf große Panzerkorvetten zu liefern. Allein der Werth der letzteren dürfte mit 30 Millionen Mark eher zu niedrig als zu hoch veranschlagt werden – wohl der beste Beweis, welche Summen ein Werk wie der „Vulkan“ dem Nationalwohlstand zuzuführen vermag.

Der stets wachsende Umfang des Betriebes hat dem Etablissement allmählich eine sehr bedeutende räumliche Ausdehnung gegeben; es ist ein kleiner Ort für sich geworden, ein Industrieort im besten Sinne des Wortes, der an den freundlichen Ufern des Oderstromes eine Wegstunde nördlich Stettins im Lauf weniger Jahrzehnte erwachsen ist. Langhingestreckt bauen sich am Strande die mächtigen Hellinge, die eigentlichen Baustätten der Oceandurchfurcher, auf, eingeschlossen und überragt von einem scheinbar regellos durcheinandergewürfelten Chaos von Gebäuden, gekrönt von hohen Schloten und Essen. Aber das Durcheinander ist in der That nur ein scheinbares – in Wirklichkeit herrscht in der Anordnung des Ganzen das festeste System und jene strenge Gesetzmäßigkeit, welche das genaue Ineinandergreifen der einzelnen Zweige der vielgestaltigen Thätigkeit allein ermöglichen und gewährleisten kann. Von dem mächtigen Schwimmdock, das als ein breitgegründeter, ungefügiger und doch dem leisesten Druck der Menschenhand gehorchender Koloß auf dem geduldigen Rücken des Stromes ruht, bis zu den weiten Hallen der Gießerei hinauf, von der umfangreichen Kesselschmiede an der Nordgrenze bis zu den Räumen für die Tischlerei und die Holzschneidemühle durchkreuzen die weiten Arbeitsstätten zahllose Geleise, überallhin reichen Drahtseiltransmissionen und übermitteln den Arbeiterscharen die unentbehrliche Dampfkraft. Weithin verräth das donnernde Getön der Dampfhämmer, das Kreischen der Sägen, der schrille Pfiff der Maschinen eine Stätte emsiger Arbeit, das echte Werk des Eisengottes Vulkan.

Die breite, seit einigen Jahren von einer Stettiner Pferdebahnlinie durchzogene Vulkanstraße scheidet das Etablissement in zwei fast gleich große Theile; westlich schließen sich an sie die Bureaubauten und ausgedehnten Magazine, die Maschinenbauanstalten und Gießereien, von denen auf dem Bilde „Auffahrt zum Oberhof“ das große langgestreckte Gebäude links die neue Gießerei mit dem davorliegenden Roheisenlager und das rechts befindliche kleinere Gebäude die Gelbgießerei sind. Weiter hinauf, in der Mitte des Oberhofs, steht der Aussichtsthurm mit dem Wasserreservoir und den im Erdgeschoß liegenden Bureaus der Betriebsingenieure. Helle Schmiedefeuer künden die Kesselschmiede an, aus der, beiläufig bemerkt, bereits 2300 Dampfkessel hervorgingen – langgestreckt dehnen sich durch die einzelnen Abtheilungen die vor drei Jahren neuerbauten Kesselschmieden (eine alte befand sich auf der Werft) aus, in denen eine stattliche Schar rußgeschwärzter Cyklopen mit der Kraft schnellarbeitender Hilfsmaschinen zu wetteifern scheint. Nach Osten zu dehnt sich bis zur Oder hinab die eigentliche Werft aus. Sie ist es, die für uns das Merkwürdigste birgt; so großartig die Einrichtungen der Maschinenbauanstalt und der Gießerei, welche besonders in der schwierigen Herstellung der riesigen Dampfcylinder sich auszeichnet, sind, die Werft fesselt in ihrer Eigenart doch in unvergleichlich höherem Maße. – Unaufhörlich wird das Auge durch neue Gegenstände festgehalten. Da sind zunächst die luftigen Hallen für die Bearbeitung der eisernen Spanten, aus denen sich später das Gerippe der Schiffskörper aufbaut; unter kraftvoll wirkenden hydraulischen Pressen biegen sich hier die mächtigen, vierhundert Centner schweren Panzerplatten gleich Kartenblättern, dort dröhnt der Dampfhammer auf weißglühende Schmiedestücke herab und sinnreich konstruirte Maschinen schneiden und formen die wuchtigen Bleche, die Winkel und Träger, welche den schwimmenden Kolossen Halt und Festigkeit geben sollen. Hier, wo ein Lochwerk täglich 200 Löcher in die Eisentheile drückt, oder unten am Ufer, wo die mächtigen Dampfkrähne mit Werkstücken von dem kolossalsten Gewicht und den ungefügigsten Dimensionen zu spielen scheinen, fühlt man die Wahrheit des schönen Weberschen Wortes, daß die Maschine der erste Schritt ist zur Entlastung des Menschen von der physischen Arbeit.

Die eigentlichen Schiffsbaustätten sind die Hellinge, welche sich längs des Stromes hinziehen, mächtige, diagonal und senkrecht zum Wasser gestellte schiefe Ebenen, auf denen innerhalb gewaltiger Gerüste die Schiffskörper aus ihren einzelnen Bestandtheilen aufgebaut und zusammengesetzt werden, bis sie, wenn der Ausdruck erlaubt ist, im Rohbau fertiggestellt sind und vom Stapel gelassen werden können; erst im Wasser wird dann die letzte Hand an die Vollendung gelegt. Man muß sich die Masse der modernen Seeriesen vergegenwärtigen, um die Größe dieser Hellinge und die Schwierigkeit des Baus richtig beurtheilen zu können. Die für

die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Aktiengesellschaft gebaute

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_110.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)
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