Zum Inhalt springen

Seite:Die Gartenlaube (1891) 036.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Das Elternhaus Robert Kochs. (Mit Abbildung.) Es ist ein freundliches Städtchen im Oberharz, Klausthal, wo Robert Koch, der Mann, dessen Name heute auf aller Lippen ist, geboren wurde. Der Bergmann ist der nächste Landsmann Kochs, und wie jener in den Schacht hinabsteigt, die Erze zu fördern, so ist auch Koch, ein getreuer Sohn des heimathlichen Bodens, tief eingedrungen in die verborgenen Gänge und Adern der Wissenschaft, ihr kostbares Erz zu entringen.

Das Haus, welches unsere Abbildung darstellt, ist das Elternhaus Kochs, die Stätte, an welcher er seine Kindheit und Jugend verlebte und an welche der große Forscher eine so treue und liebevolle Anhänglichkeit besitzt, daß er es sich nicht nehmen ließ, das schlichte Gebäude, dem es doch nicht an traulich anheimelndem Reize fehlt, wieder in seinen Besitz zu bringen. In dem Haus, in welchem Robert Koch geboren wurde und welches aus Anlaß seiner Geburtstagsfeier am 11. Dezember vor. Jahres mit einer Gedenktafel geziert wurde, haben Kochs Eltern nur kurze Zeit gewohnt, ehe sie sich das hier abgebildete käuflich erwarben. Der Wanderer aber, der hier vorüberzieht, wird ergriffen von einem Schauer der Verehrung, als fühlte er die geistige Nähe desjenigen, der die Stätte geweiht hat für alle Zeiten.

Das Elternhaus Robert Kochs.
Nach einer Zeichnung von M. Hennings.


Eine neue Beschäftigung für Damen, und dazu eine sehr lohnende, ist – die Buchbinderei. Wie oft bedürfen die zierlichen Handarbeiten einer „Montirung“ durch Karton und Plüsch oder Leder, wie schwer aber ist es, in dem fabrikmäßigen Buchbindergeschäft der Großstädte einen Handarbeiter zu bekommen, der solche Dinge wirklich geschickt macht! Das haben die Frauen längst beklagt, nun aber sind sie auf dem besten Wege, sich selbst zu helfen. An verschiedenen Orten beginnt man mit dem Buchbinderunterricht und erlebt überall sehr erfreuliche Erfolge, so in Karlsruhe, wo der unermüdliche badische Frauenverein neben seinen anderen Fachschulen auch eine für Buchbinderei errichtet hat. Der Zudrang zu diesem Kurs ist ein so großer, daß Anmeldung schon lange vor Semesterbeginn noth thut. Die Mädchen und Frauen fangen mit einfachen Büchereinbänden und Kästchen für den täglichen Bedarf an, allmählich aber schreiten sie fort bis zu den theuren und reizenden Luxusdingen in Plüsch und Goldleder, Mappen, Rahmen, Ständer für den Schreibtisch u. s. w., wobei die malenden unter ihnen natürlich in der angenehmen Lage sind, ihr ganzes Wert eigenhändig herzustellen. Als ernsthafter Erwerbszweig kann diese nette Fertigkeit wohl weniger in Betracht kommen, weil die private Handarbeit den Wettkampf mit der fabrikmäßigen Herstellung nur ausnahmsweise aufnehmen kann. Aber als Erweiterung der Kenntniß und Geschicklichkeit, als Anregung zur wirklich nutzbringenden Thätigkeit kann sie gewiß warm empfohlen werden. Es wäre zu wünschen, daß auch andere Städte dem Karlsruher Beispiel folgten durch Eröffnung ähnlicher Kurse an ihren Gewerbeschulen. Sie würden gewiß dieselbe Theilnahme finden! Br.     

Woher stammt das Wort „Kaviar“? Darauf wissen Gelehrte und Feinschmecker keine Antwort, deshalb behilft man sich mit mehr oder weniger gesuchten Erklärungen. Tatarisch, wie die meisten Wörterbücher angeben, ist das Wort entschieden ebensowenig als türkisch, es steht auch als Fremdling innerhalb aller europäischen Sprachen. Keine Wurzel aus dem Alterthum haftet ihm an: auf den eingehenden Küchenzetteln der römischen Schwelger fehlt der Kaviar gänzlich, obwohl schon der alte Herodot die großen Störe des Dnjepr kennt und nennt. Auch das ganze Mittelalter beobachtet ein tiefes Schweigen über die heute so gesuchten und köstlichen Fischeier. Erst in einer Abhandlung von Platina, Hofmeister des Papstes Pius II., 1458 kommt zum ersten Male das Wort Kaviar vor, um sich von da an häufig in italienischen Schriftstellern zu finden. Der Kaviar war für die Menschheit entdeckt. Diese Thatsachen zusammenfassend, begründet W. Joest (Zeitschrift für Ethnologie 1890, Heft III, Berlin, Asher u. Co.) eine Vermuthung, die sicher Beachtung verdient. Demnach stammt der Name von Kapha-Theodosia, dem durch Jahrhunderte größten Handelsplatz am Schwarzen Meer, wo der Fischeierkauf in großem Maßstabe vor sich ging, wo auch die italienischen Händler den aus den Flüssen gebrachten Kaviar erstanden, um ihn dann nach dem Westen, nach Byzanz, Griechenland, Italien zu verschiffen.

Er stützt diese Annahme unter anderen guten Gründen auch mit Analogien. Korinthen z. B. wachsen nicht in Korinth selbst, ebensowenig als Smyrna-Feigen in Smyrna. Marsala, Portwein und Malvasier tragen ebenso nur den Namen ihrer Ausfuhrorte wie der Mokka, welcher erst mehrere Tagereisen hinter Molka gebaut wird.

Man muß gestehen, daß in Ermanglung irgend welchen sprachlichen Anhaltspunktes für den Begriff „Fischeier“ in dem Worte Kaviar diese Ableitung von dem Ausfuhrorte eine einleuchtende Erklärung darbietet.Br.     

Briefe mit unvollständigen Aufschriften. Die Findigkeit der Jünger Stephans wird im Deutschen Reiche allgemein gerühmt, und es ist bekannt, daß der Spürsinn derselben namentlich in den großen Hauptstädten oft auf eine harte Probe gesetzt wird. Welchen Aufwand beamtlicher Thätigkeit die Ermittelung solcher Adressen in Berlin verlangt, darüber werden folgende Mittheilungen gemacht. Es gehen in Berlin täglich etwa eine halbe Million Postsendungen ein: darunter befinden sich im Durchschnitt 10000 Briefe mit unvollständigen Adressen. Das Nachschlagen der 10000 Namen im Adreßbuch erfordert täglich 333 Arbeitsstunden und bildet die dauernde Thätigkeit von 33 Beamten bei zehnstündiger Dienstzeit. Mehr als 30 Namen können in der Stunde nicht nachgeschlagen werden, da es unter diesen Namen viele so verbreitete giebt, daß sie mehrere Seiten des Adreßbuchs füllen. Außerdem benutzt die Post auch anderes Material zur Ermittelung unzureichend bezeichneter Wohnungen: ein Oberpostsekretär, zehn ältere Beamte, fünfundzwanzig Sortirer und ein Postschaffner sind damit beschäftigt. Und doch werden täglich 2000 Briefe und 200 Drucksendungen als unbestellbar an die Aufgabeorte zurückgeschickt. †     


Kleiner Briefkasten.

M. M. in München. Vielfachen aus unserem Leserkreis geäußerten Wünschen folgend, lassen wir die Hefte der „Gartenlaube“ nicht mehr aus Halbheften, sondern wieder, wie früher, aus Nummern zusammenstellen.


Inhalt: 0 [Anm. WS: Inhaltsverzeichnis des vorstehenden Heftes, nicht transkribiert]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1891). Leipzig: Ernst Keil’s Nachfolger, 1891, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_036.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2023)
OSZAR »