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Seite:Die Gartenlaube (1891) 062.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Syndikus von Torre del Greco brachten die Fischer dieses Ortes im Jahre 1869 ein: Korallen von den nordafrikanischen Küsten im Werthe von 975 000 Franken, von den sardinischen Küsten im Werthe von 1 425 000 Franken, von Corsica im Werthe von 472 500 Franken, also im ganzen für nahezu drei Millionen, und der Gesammtbetrag der Fischerei betrug etwa fünf Millionen Kilo roher Korallen. Von dem Jahre 1875 an nahm die Fischerei einen plötzlichen Aufschwung durch die Entdeckung einer reichen Bank, die etwa in der Mitte zwischen Sciacca, einer kleinen Stadt an der Südküste Siciliens, und der vulkanischen Insel Pantellaria aufgefunden wurde; im Jahre 1878 wurde eine zweite, im Jahre 1880 eine dritte in der Nähe entdeckt und diese Bänke waren so reich, daß im Jahre 1882 auf diesen Bänken 582 Boote mit 5766 Mann zwischen März und Oktober arbeiteten und 19120 Centner Korallen im Werthe von 4½ Millionen Franken erbeuteten. Aber die Herrlichkeit sollte bald ein Ende nehmen, denn diese Bänke sind jetzt schon nahezu erschöpft und zudem lieferten sie nur sehr schlechte, längst abgestorbene, durch die Fäulniß der lebenden Theile sehr oft braun und schwarz gefärbte Korallen, die nur einen sehr geringen Handelswerth, 200 bis 250 Franken der Centner, hatten.

Dieser letztere Umstand ist leicht erklärlich. Die drei genannten Bänke befinden sich in der Nähe der Stelle, wo im Juli 1831 ein vulkanischer, untermeerischer Ausbruch stattfand, infolge dessen eine Insel aufgeschüttet wurde, welche die verschiedenen Namen Julia, Ferdinandea und Graham erhielt. Der Ausbruch dauerte bis zum 12. August; Massen von Schlacken und todten Fischen wurden bei Sciacca an den Strand gespült. Dann hörte die vulkanische Thätigkeit nach und nach auf; der nur aus losen Schlackenmassen aufgeschüttete Krater wurde ein Spiel der Wellen; Ende November war die bis zu 80 Meter Höhe aufgethürmte Insel schon dem Meere gleich und Ende Dezember fand man dort 24 Faden Tiefe, während jetzt die Corallinen in einer Tiefe von 150 Faden etwa fischen. Unzweifelhaft sind diese Korallen durch den vulkanischen Ausbruch sammt und sonders getödtet worden; es waren also bei der ersten Entdeckung im Jahre 1875 etwa 44 Jahre verflossen, seit sie todt und verwesend auf dem Boden des Meeres lagen. Mögen die Korallen auch noch so widerstandsfähig sein, so zeigt die schlechte Beschaffenheit der Stücke doch, daß nur lebend gefischte Bäumchen die Mühe lohnen. In der That scheint jetzt die Korallenfischerei wieder auf den alten Standpunkt von 1870 zurückgekehrt zu sein.

Auf den von dem untermeerischen Vulkane gekochten Bänken haben sich keine neuen Korallen angesiedelt. Aber auch die fortlebenden Bänke verarmen allmählich, und in allen Berichten wiederholt sich die Klage. daß es mit der Fischerei abwärts gehe. In dem sardinischen Städtchen Alghero, wo sie früher lebhaft betrieben wurde, hatte sie schon bei meinem Besuche im Jahre 1886 fast gänzlich aufgehört. An Gesetzen und Verordnungen, welche dieselbe regeln sollen, fehlt es freilich nicht, aber meistens sind es polizeiliche oder fiskalische Maßregeln, welche zur Erhaltung und Erneuerung der Bänke nicht das mindeste beitragen.

Gerade dort aber wäre der Hebel einzusetzen, jedoch erst nach längeren, wissenschaftlichen Vorstudien, die nur mit Aufwand von viel Zeit, Mühe, Geduld und auch Geld unternommen werden könnten.

Ich erwähnte schon, daß wir nur sehr unvollständige Kenntnisse über die Fortpflanzungszeiten, über die Bedingungen, unter welchen die schwimmenden Larven der Korallen leben und sich festsetzen, und noch weniger über das Wachsthum der Korallenbäumchen besitzen. Cavolini und nach ihm Lacaze-Duthiers haben zwar über den letzten Punkt Versuche angestellt, indem sie bezeichnete Scherben, Töpfe, Wasserkrüge und dergleichen auf Korallenbänken versenken ließen, in der Hoffnung, daß dieselben später wieder aufgefischt werden könnten, so daß man das Alter der vielleicht darauf angesiedelten Korallen genau bestimmen könnte. Aber ich habe nirgendwo in Erfahrung bringen können, ob diese Versuche einen Erfolg gehabt haben. Von den durch Lacaze-Duthiers bei la Calle versenkten Töpfen wurden nach ein paar Jahren einige aufgefischt, es hatten sich aber keine Korallen darauf angesiedelt.

Man säet und züchtet jetzt Austern an geeigneten Stellen der französischen Küsten, warum sollte dies nicht auch mit Edelkorallen möglich sein?

Freilich sind die Bedingungen weit schwieriger, denn die Koralle lebt in größeren Tiefen als die Auster; aber diese Schwierigkeiten könnten doch vielleicht überwunden werden.

Es ist wahrscheinlich, daß man durch länger fortgesetzte Versuche zu Methoden geführt werden würde, nach welchen man Massen von Larven bis zu dem Zeitpunkte züchten könnte, wo sie sich festgesetzt und zu kleinen Bäumchen umgewandelt hätten, die man dann auf Bänken oder felsigen Gründen aussetzen könnte, welche leicht zu überwachen wären. Solche Orte müßten während einer Reihe von Jahren unter Bann gelegt und nur von Zeit zu Zeit dort einige Züge gethan werden, um sich zu vergewissern, daß die Korallen dort gedeihen und wachsen. Wären einmal sichere Grundlagen gewonnen, so könnten daraus die Schonzeiten abgeleitet werden, wo jegliche Korallenfischerei untersagt wäre, um die Fortpflanzung nicht zu stören; es könnte schließlich eine Art Wechselwirthschaft eingeführt werden, die für eine Reihe von Jahren das Abfischen gewisser Bänke untersagte, um später dort desto gewinnreicheren Fang zu sichern. Die meisten Bänke liegen in solcher Nähe der Küsten, daß die Ueberwachung derselben leicht ausgeführt werden könnte; es geschieht dies ja schon jetzt, besonders an den algerischen Küsten.

Das alles und weit mehr noch ist schon vor mehr als zwanzig Jahren von Lacaze-Duthiers gesagt und ausführlich begründet worden; aber seit dieser Zeit ist kein Schritt voran gemacht worden, und es wird wohl noch manches Jahr vorüberziehen, bis man sich veranlaßt finden wird, Beobachtungen anzustellen und darauf gegründete Maßregeln zu ergreifen.




Truggeister

Roman von Anton von Perfall.
(3. Fortsetzung.)
2.

Das Rittergut Schönau, dem Freiherrn Christian von Brennberg-Schönau gehörig, war noch vor zehn Jahren durch einen ehrwürdigen Hochwald von der Stadt getrennt. Für Christian war das ein heiliger unverletzlicher Bannwald, der, eine lebendige Mauer, sein geliebtes Schönau umgab und den verhaßten üblen Dunst der nahen Stadt in realem und idealem Sinne aufsaugte. Da machte sich in M … vor einigen Jahren das Bedürfniß eines zweiten Bahnhofes auf der Südseite der Stadt geltend, die Schienenwege führten unvermeidlich durch Brennbergs Wald. Verzweifelt wehrte sich der alte Mann um sein Heiligthum; er prozessirte zum ersten Male in seinem Leben, er trat bittend bis vor den Thron; dort, glaubte er, müsse man seine Gefühle ehren – Schönau war ein altes Lehen der Brennberg, hier an dieser ehrwürdigen Stelle hatten es vor Jahrhunderten seine edlen Vorfahren als Lohn der Treue erhalten – umsonst! Der Südbahnhof von M … erschien wichtiger als die Erhaltung des Schönauer Waldes. Da ergriff Christian von Brennberg zum ersten Male in seinem Leben ein Gefühl, das ihn entsetzte, das Gefühl der Empörung, des Trotzes – er begriff plötzlich Dinge, die ihm stets ein Räthsel gewesen waren: offene Auflehnung gegen die Staatsgewalt, Barrikaden, rothe Fahnen. Doch das hielt nicht lange an.

Als dann wirklich die Bresche geschlagen wurde, als seine alten Freunde krachend, ächzend zu Boden sanken, durch die kahle Lücke die Häuser der Vorstädte so unverschämt herüberzublicken begannen auf Schönau, da gab es ihm nur einen schmerzlichen Riß durch und durch, dann erfaßte ihn jene Ergebung, welche ein unabwendbares historisches Schicksal einer absterbenden Rasse gleichsam zum Trost verleiht. Es handelte sich in Christians Augen nicht um den Südbahnhof; nein, eine neue Zeit brach durch diese Lücke, der jede Absonderung, jede Individualität verhaßt war. Und mochte es auch nur ein unbedeutendes Rittergut sein hinter dem Walde – unter die Nivellirwalze damit! Platz gemacht für die steinerne Armee, die in geschlossenen Gliedern unaufhaltsam anrückte.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1891). Leipzig: Ernst Keil's Nachfolger, 1891, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_062.jpg&oldid=- (Version vom 31.5.2020)
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