Verschiedene: Die Gartenlaube (1891) | |
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Mondwechsel und Witterung. Es giebt noch immer Leute, welche nach dem Monde schauen und erwarten, daß sein Wechsel einen Witterungsumschlag bringen werde. Sie bleiben dabei mit ihren Prophezeiungen hinter Falb zurück, denn Falb hatte z. B. für das Jahr 1890 zusammen 125 kritische Tage angesagt, so daß er mehr Treffer erzielen mußte als die Mondwechselpropheten, die im Jahre 1890 nur 49 mal sich auf Mondwechsel berufen konnten. Dem Mond soll sein Einfluß auf das Wetter nicht geschmälert werden. Wie steht es aber mit der Beziehung des Mondwechsels zum Witterungsumschlag? Man hat sich schon vor Jahren die Mühe gegeben, alle in Berlin im Laufe von hundert Jahren gemachten Beobachtungen daraufhin zu prüfen, und fand folgendes: Bei Neumond änderte sich das Wetter 461 mal und blieb 674 mal gleich; beim ersten Viertel änderte es sich nur 409 mal und blieb 921 mal unverändert; bei Vollmond trat 475 mal Veränderung ein, aber 756 mal blieb das Wetter dasselbe, und beim letzten Viertel beobachtete man 398 mal eine Veränderung und 838 mal keine; d. h. der Witterungsumschlag trat bei Mondwechsel in 100 Jahren 1743 mal ein und 3189 mal nicht ein. So verhielt sich der Mond im achtzehnten Jahrhundert, und ebenso verhält er sich im neunzehnten Jahrhundert, aber es wird noch im zwanzigsten Jahrhundert Menschen geben, welche dem Mondwechsel gar geheime Kräfte zuschreiben werden. *
Der Tod des Grafen Ernst von Mansfeld. (Zu dem Bilde S. 153.) Er war ein Mann, groß geworden im Kriegshandwerk, der richtige Sohn einer waffenklirrenden Zeit. In Deutschland und Italien, Ungarn und den Niederlanden, überall wo es Händel gab, hat er gefochten und alle Höhen und Tiefen des Soldatenlebens am eigenen Leibe kennengelernt. Die Wogen des Dreißigjährigen Krieges warfen den gefürchteten Söldnerführer hin und her, vor seinen Banden zitterten bald Böhmen, bald das Elsaß, bald die friesische Küste oder die Oberpfalz.
Sein letzter Kriegszug war sein abenteuerlichster. Am 25. April 1626 von Wallenstein an der Dessauer Brücke geschlagen, warb er mit fast zauberhafter Schnelle, unterstützt durch französische Hilfsgelder, in der Mark Brandenburg ein neues Heer von 12000 Mann, zog 5000 Dänen unter Ernst von Weimar an sich und brach mit diesem in aller Heimlichkeit aus seinem Hauptquartier zu Havelberg auf, um in die Erblande des Kaisers einzufallen und Wallenstein von dem in Niedersachsen stehenden dänischen Hauptheere abzuziehen. Aber die Uneinigkeit der beiden Führer führte wiederholt zu Trennungen, und Mansfeld zog schließlich allein, von den Truppen des Friedländers stetig verfolgt, bis nach Ungarn, wo er sich mit Bethlen Gabor vereinigte. Als aber dieser seinen Frieden mit dem Kaiser machte, war Mansfeld wieder auf sich selbst angewiesen. In dieser Noth entließ er sein Heer und faßte den Plan, sich mit wenigen Begleitern durch türkisches Gebiet nach Venedig und von dort weiter nach Savoyen, Frankreich oder England zu retten. Aber es kam anders; in einem bosnischen Dorfe – die Berichte lassen nicht genau erkennen, wo – erkrankte er, so daß er die Weiterreise einstellen mußte. Als er – es war im November 1626 – sein Ende herannahen fühlte, da raffte er sich von seinem Krankenlager auf, ließ sich Kleider und Harnisch anlegen und von zwei Dienern ans Fenster führen. Hier erwartete er stehend, auf die Schultern seiner Getreuen gestützt, mannhaft den Tod, der ihn auch bald ereilte. Sein Leichnam wurde nach Spalato in Dalmatien gebracht und dort begraben.
Das Spuckfläschchen – nichts Neues! „Es ist schon alles dagewesen; es giebt nichts neues unter der Sonne!“ Dieser Spruch des weisen
Ben Akiba trifft auch auf das Spuckfläschchen zu, welches wohlmeinende Aerzte jetzt einführen möchten. Bekanntlich ist der eingetrocknete Auswurf der Lungenschwindsüchtigen eine der vornehmsten Ursachen der Ansteckung und Verbreitung der Seuche. Darum eifern die Aerzte gegen die Unsitte der Lungenkranken, ins Taschentuch zu spucken, und verlangen entschieden, daß der bacillenhaltige Auswurf noch im feuchten Zustande vernichtet werde. Man kann diese Mahnung nicht oft genug wiederholen! Einige Aerzte empfehlen nun, daß Lungenkranke Spuckfläschchen bei sich tragen. Manchen erscheint eine solche Neuerung undurchführbar – aber das Spuckfläschchen ist nicht einmal eine Neuerung! Marco Polo aus Venedig, der gegen das Ende des 13. Jahrhunderts Asien bereiste, sagt über die Chinesen: „Bequemlichkeit, Sauberkeit, Ruhe, Ordnung geht den Chinesen über alles. Bevor sie die Halle betreten, legen sie die Stiefel, in denen sie gekommen sind, ab und ziehen andere von weißem Leder an, um die schönen Teppiche nicht zu beschmutzen. Auch führt jeder einen zierlichen Spucknapf bei sich, in welchen er spuckt, denn niemand wagt es, den Boden zu verunreinigen, und hat er in das Gefäß gespuckt, so legt er den Deckel wieder darauf und macht eine Verbeugung.“ *
Die Sennerin Mirl. (Zu dem Bilde S. 161.) „Kreuzdividomine!“ sagen die Burschen der ganzen Gegend, wenn der Mirl Name genannt wird. Das besagt im gebirglerischen Deutsch so viel als der „Superlativ der Bewunderung“ in der Gelehrtensprache. Dem Geißbuben wie den Holzknechten und dann die Rangleiter hinauf bis zum reichen Jungbauernsohn pocht das Herz, wenn sie auf die Himmelreichalm kommen. Hat auch seinen Grund, das Herzklopfen! Einem so bildsauberen Dirndl kann man nimmer begegnen im Oberland, für wirkliche Schönheit ist der Gebirgler von Geburt auf äußerst empfänglich. „Zu der Mirl in Hoa(n)garten gehen,“ das ist der Inbegriff des Herrlichsten geworden, was es im Oberlande giebt. Aber die Sache hat ihre Haken. Mit dem Hinaufgehen auf die Himmelreichalm ist’s nicht allein gethan. Der Bergwanderer muß, wenn’s kein Fremder ist, schon der schönen Mirl auch zu Gesicht stehen und darf bei Leib nicht glauben, solch ein Almröserl wachse für einen jeden. Nein, es „wachst“ vorderhand überhaupt nicht für einen andern, und der Rechte zum „Almröserlbrocken“ ist noch nicht gekommen. Aber glücklich ist ein jeder, wenn er nur einen guten Morgen geboten bekommt auf der Himmelreichalm. Ja, die Alm hat was vom Himmel, seit die Mirl droben ist als Sennerin! Und ihr Schmarrn, o, wie gut schmeckt der, vom Rahm gar nicht zu reden, den man dazu kriegt als Trank! Und wie sauber ist die Alm, seit die schöne Mirl heroben haust! Wohl ist sie die Bauerntochter selber, aber deswegen greift sie doch die Arbeit an wie die geringste Magd; Arbeit schändet nicht, und deshalb geht die Mirl auch in der landesüblichen Zwilchhose zum Melken. Bloß erlaubt sie sich als die reiche Bauerntochter, den ersten Rahm für ihren Kaffee abzuschöpfen. Daß der Kaffee bei der Mirl der beste ist auf drei Stund’ im Umkreis, das wissen alle Burschen, und es versteht sich von selber. Und ’s Vieh erst! Das ist eine Rasse, der Stolz des Eigenhoferbauern und der Mirl auch. Man muß es sehen, mit welcher Liebe die Sennerin es pflegt und wie die Blaßl, ’s Scheckl etc. an ihr hängen. Die beste Sennerin weit und breit wird neidlos die schöne Eigenhofer Mirl allerwärts genannt, und wahr ist’s auch – Kreuzdividomine! Arthur Achleitner.
Inhalt: Eine unbedeutende Frau. Roman von W. Heimburg (9. Fortsetzung). S. 149. – Ernst Julius Hähnel- Bildniß. S. 149. – Die Noth der Weber in der Grafschaft Glatz. S. 152. – Der Tod des Grafen Ernst von Mansfeld. Bild. S. 153. – Der Zonentarif. S. 155. – Ernst Julius Hähnel. Von Friedrich Offermann. Mit Abbildungen S. 149 und 157. – Ein Sklavenaufstand vor zweitausend Jahren. Von J. Mähly. S. 158. – Truggeister. Roman von Anton von Perfall. (9. Fortsetung). S. 160. – Die Sennerin Mirl. Bild. S. 161. – Blätter und Blüthen: Mondwechsel und Witterung. S. 164. – Der Tod des Grafen Ernst von Mansfeld. S. 164. (Zu dem Bilde S. 153.) – Das Spuckfläschchen – nichts Neues! S. 161. – Die Sennerin Mirl. S. 164. (Zu dem Bilde S. 161.)
Illustrierte Ausgabe.
à 3 Mark elegant geheftet, 4 Mark elegant gebunden.
Inhalt: Aus dem Leben meiner alten Freundin. – Lumpenmüllers Lieschen. – Kloster Wendhusen. – Ursula. – Ein armes Mädchen. – Das Fräulein Pathe. – Trudchens Heirat. – Im Banne der Musen. – Die Andere. – Unverstanden. – Herzenskrisen. – Lore von Tollen. – Aus meinen vier Pfählen. – Nachbars Paul. – Am Abgrund. – Unsere Hausglocke. – Unser Männe. – Jascha. – In der Webergasse. – Großmütterchen. – Auf schwankem Boden u. s. w.
Auch in 75 Lieferungen zum Preise von 40 Pfennig zu beziehen. (Alle 14 Tage eine Lieferung.)
Bestellungen werden jederzeit in beinahe allen Buchhandlungen angenommen. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich direkt an die Verlagshandlung von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_164.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2023)