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Seite:Die Gartenlaube (1894) 138.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

ein kleines Flämmlein aufzuckte und knisternd den Span ergriff.

Mit der flackernden Leuchte rannte er davon. Schweiker wollte ihn zurückhalten, doch Bruder Wampos Beine waren flinker als Schweikers Arme. Wampo verschwand im Mondschatten des Waldsaumes, wie ein Irrlicht gaukelte das Spanfeuer zwischen den Bäumen, und leis rufend klang seine Stimme: „He! Du! Dirnlein!“

Nach einer Weile kam er wieder, vergnügt die Hände reibend.

„Was hast denn wollen von dem Kind?“ brummte Schweiker.

„Das wirst morgen auf Mittag schon merken, wenn ich die Milchsupp’ auftrag’ und die Butternocken.“

„Geh, Du Bettelsack! Weißt denn auch, ob dem Kindl seine Leut’ gern ’was geben?“

„Was geht denn das mich an! Um so lieber giebt das Dirnlein. Das muß ich sagen: gut stehst angeschrieben bei Deinem Bartele. Wie ich ihr gesagt hab’, daß ich Hunger leiden muß, das ist bei ihr gar nicht tief gegangen. Sie hat nur gefragt: ‚Gelt, der ander’ aber nicht?‘ Aber wie ich, gesagt hab’: ‚Wohl wohl, bey dem schreien auch schon die Frösch’ im Magen‘ – da hätt’st nur sehen sollen –“

„Das ist aber doch eine Lug gewesen!“ fuhr Schweiker auf.

„Aber eine fromme, Bruder, eine fromme! Und Du hätt’st nur sehen sollen, wie sie gewirkt hat!“

Die Art dieser Wirkung schien in Schweiker keine Spur von Neugier zu erwecken. „Laß mich in Ruh’!“ brummte er, streifte den Bruder mit einem zürnenden Blick und verschwand im Zelt.




12.

Herr Waze hatte mit Recka und seinen drei jüngsten Söhnen den Abendimbiß eingenommen. Als der Tisch abgeräumt wurde, ging Recka in ihre Kammer, ohne Wort und Gruß. Der Vater blickte ihr nach. „Was hat sie denn?“

„Was wird sie haben?“ lachte Otloh. „Sorgen, wo sie einen Mann hernimmt! Sie kommt in die Jahr’.“ Er spaltete einen frisch geschnitzten Pfeilschaft, um ihn mit einer Auerhahnschwinge zu fiedern.

„Sie könnt’ doch einen haben!“ brummte Herr Waze. „Der Pfleger von Hall, den wir auf der letzten Sauhatz an der Grenz’ getroffen haben, hat Augen auf sie gemacht wie der Fuchs auf die Spielhenn’. Ich mein’, der nähm’ sie vom Fleck.“

„Der wird sich hüten!“ rief Gerold, welcher hinter dem Lehmofen ausgestreckt auf der Bank lag. „Hast denn nicht gesehen, wie sie ihm mitgespielt hat? Wie er sie küssen hat wollen beim Umtrunk, hat sie ihm die Faust auf die Brust gestoßen, daß er vor ihr einen Fall gethan hat … aber nicht auf die Knie!“

„Ach was! Er hat doch gelacht dazu!“, meinte Herr Waze. „Wenn er ein Weib kriegen kann wie meine Dirn’, so nimmt er schon diemal einen Puff mit in Kauf. Mitgeben kann ich ihr freilich nichts – dafür haben Eure sieben Mäuler gesorgt. Und wenn wir die Kuttenlupfer nicht wieder hinausbringen aus dem Gadem, können wir alle übers Jahr das Maul an den Bindfaden hängen. Wie soll ich da der Dirn’ noch ’was mitgeben!“

„Sie hat’s in der Faust,“ sagte Otloh, eine Feder zwischen den Zähnen, „wozu braucht sie noch ’was im Sack zu haben?“

„Hast recht!“ lachte Herr Waze und streckte die Arme mit geballten Fäusten. „Die Rass’, die Rass’ an ihr … die schlag’ ich auf zwei feste Burgen an.“

Gerold kicherte hinter dem Ofen. „Ich mein’, dem Haller möcht’ die Leiter ausrutschen, wenn er die Burgen nehmen wollt’.“

Da lachten sie alle, sogar Eilbert, der die ganze Zeit über schweigend an einem der Fenster gestanden hatte, über den vom Mondlicht umfluteten Falkenstein hinunterspähend nach dem Fischerhaus. Jetzt rief ihn der Vater an. „Was stehst denn allweil? Bring’ das Brett!“ Er putzte die rauchenden „Räuber“ von den Kerzen, setzte sich an den Tisch und füllte die geleerte Bitsche aus einem mächtigen Zinnkrug.

Mit verdrossenem Gesicht brachte Eilbert das Spielbrett und die Steine. „Was soll das Spiel gelten?“ fragte er, sich setzend.

„Ich will Dir nichts abgewinnen,“ brummte Herr Waze und begann die Steine zu stellen.

„Aber ich Dir! Um gute Wort’ spiel’ ich nicht; da leg’ ich mich lieber schlafen.“ Er stand wieder auf.

„Wirst bleiben oder nicht!“ schrie der Alte mit dunkelrotem Gesicht und schmetterte die Faust auf den Tisch.

Eilberts Augen funkelten. „Willst wieder zuschlagen? Da mußt schon warten, bis ich wieder eine Fahlgeiß heimbring’.“

„So redst Du mit Deinem Vater? Dir will ich!“ Herr Waze stürzte auf seinen Buben zu. Aber Gerold und Otloh sprangen auf und warfen sich zwischen die beiden.

Aus dem Hof herauf klang Stimmenlärm und Pferdegetrappel. „Die Buben kommen!“ rief Herr Waze, und jählings allen Zorn und Streit vergessend, eilte er in die Vorhalle.

Henning, Sindel, Rimiger und Hartwig stiegen von den Rossen. Sie kamen über die Freitreppe empor, auf welcher das helle Licht des Mondes lag, und da standen sie nun in der Halle beisammen, Herr Waze und all seine Buben. Henning erzählte. Keinen Schritt und keinen Beilhieb hatten die Klosterleute gethan, von welchem die vier Späher nicht zu berichten wußten.

„Und wie haben sich die Leut’ dazu gestellt?“

„Vier hab’ ich heimgeschickt,“ lachte Rimiger, „und mein’, das Wiederkommen wird ihnen verleidet sein.“

„Mir ist der Eigel in die Händ’ gelaufen,“ sagte Sindel.

„Mir auch!“ fiel Hartwig ein. „Aus der Strub sind die Leut’ heraufgestiegen, von der Aschau sind sie herübergekommen und gefragt haben sie mich auch noch, wo denn das Glöckl geläutet hätt’. Aber ich hab’ ihnen Füß’ gemacht!“

„Und Du, Henning?“

„Ich hab’ dem Greinwalder Schmierfink eins über das Fell gestrichen. Was ich sonst noch gethan hab’, das wird sich weisen … ich mein’, der Tag bringt’s auf.“ Lachend trat er in die Stube. Da stand seine Schwester Recka vor ihm und warf ihm die beiden Teile eines zerknickten Pfeilschafts vor die Füße.

„Schwester! Was soll das?“

Hinter Henning erschien Herr Waze in der Thür.

„Wenn Dein Aug’ die Pfeilbahn nicht messen kann,“ sagte Recka mit kaltem Ton, „so schieß’ ein andermal mit Hennenfedern. Die fliegen nicht weiter, als Du sehen kannst!“

Henning starrte die Schwester an; dann hob erden entzweigebrochenen Schaft von der Erde; seine Augen erweiterten sich … er erkannte seinen Pfeil.

„Soll ich bald wissen, was das bedeutet!“ schrie Herr Waze.

„Unter dem Lokistein, im Wald, hat er den Pfeil geworfen … ich weiß nicht, auf was. Aber gefehlt hat er, und der Pfeil ist hinuntergeflogen gegen die Ache, dem Fischer am Hals vorbei. Er hat ihn aus dem Wasser geholt, und zum Gespött hat er ihn heimgetragen auf der Kappe.“ Es zuckte um Reckas Lippen, sie wandte sich ab und verließ die Stube.

Herr Waze lachte. „Das hätt’ ich mir denken können! Wo Du hingreifst mit Deinen zwei linken Händen, da kommt allweil eine Dummheit heraus!“ Er trat auf Henning zu und dämpfte die Stimme. „Was hast denn gemacht?“

„Er hat geangelt und hätt’ mir nicht besser stehen können. Ich hab’ gemeint, der Schuß wirft ihn ins Wasser … es war eine reißende Stell’, das Wasser hätt’ ihn fortgetragen … und mir ist nach dem Schuß noch gewesen, als hätt’ ich ihn fallen sehen.“

„Und da hast Du Reißaus genommen, Du feiner Held? Und derweil ist der Fischer ins Wasser gesprungen und hat den Pfeil gefischt! Schäm’ Dich, Henning! Fehlen! Aber ich weiß schon … auf den Fischer hast gezielt, und seine Schwester hast im Aug’ gehabt, an die Du Dich nicht antraust, so lange der Bruder lebt!“

„Gieb mir vier Leut’, Vater,“ sagte Henning mit bleichen Lippen, „ich heb’ ihn aus in der Nacht!“

„Fällt mir ein! Damit morgen ein Geschrei wär’ im ganzen Gadem und die Kuttenlupfer gleich eine Ursach’ hätten, die Herren herauszudrehen und sich ins Mittel zu legen? Es geht nimmner auf geradem Weg – wir müssen Umweg’ machen. Soll’s geschehen, so muß es sein in der Still’. Paß ihn ab, wenn er über die Seewänd’ hinsteigt und die Legangeln …“

Hennings Brüder traten in die Stube, und Herr Waze verstummte. „Warum redest nicht weiter?“ flüsterte Henning. „Die andern dürfen doch wissen …“

Herr Waze schüttelte den Kopf. „Viele Hund’ stellen das Wild, aber viele Treiber verschreien die Jagd. Die Hund’ wider den da drunten mußt da drin haben.“ Er stieß mit der Faust an Hennings Stirn. „Du hast den Bären scheu gemacht – jetzt plag’ Dich auch und spür’ ihm die neuen Wechsel ab, die er suchen wird. Und noch eins! Laß die Dirn’ auf ihrer Meinung, als wär’s ein Zufall gewesen. Sie soll nicht wissen, was vorgeht.“ Ueber Wazes Lippen zuckte ein irres Lächeln, und sein Gesicht wurde düster. „Sie hat manchmal einen Blick, der mich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_138.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2020)
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