Verschiedene: Die Gartenlaube (1894) | |
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nur die 3. Vorstellung durch Mll. Stich stattfände, und daß Ihnen das Spiel Honorar alsdann ersetzt oder entschädigt würde, da Ihr Contract Sie auf Spiel Honorar anweiset.
Bei ruhiger und partheiloser Ueberlegung müssen Sie sich selbst gewiß sagen, daß Sie nicht gesonnen sind, aufstrebende Talente unterdrücken zu wollen, die erst durch Uebung beweisen sollen, ob sie Ihnen gefährlich werden können. Dieses Nicht-Unterdrücken, werden Sie in Ihrem Gefühl für Recht und Billigkeit am ehesten ausüben, wenn es eine Darstellerin wie Mad. Crelinger ist, so nahe berührt. Sollten Sie dereinst eine Rivalin ist (in) Mll. Stich erkennen, so kann ja dies nur zu erneuerter Kunstanstrengung antreiben, um die innehabende Stellung zu behaupten, wobei die Kunst nur gewinnen kann.
Sie kennen nun meinen Rath und meine Ansichten, und
werden aus diesen Zeilen hoffentlich ersehen, daß ich es gut mit
Ihnen meine, indem ich Ihnen meine Lebens Regeln, die auf Recht
und[1] Billigkeit basirt sind, anempfehle, mit welchen Regeln ich
mein bisheriges Leben und Wirken, glücklich vor Schiffbruch
bewahrt habe. Anders als ich bin, konnte ich mich nicht geben; und
da Ihr Vertrauen Sie zu mir führte, so müssen Sie mich nun
schon so nehmen wie ich bin und hoffe ich Ihren Dank so zu
erlangen wie Sie ihn gestern aussprachen, wenn ich Ihnen auch
nicht im ganzen Umfange, Ihre Wünsche erfüllen konnte. Und
somit bin ich überzeugt, daß Sie Ihr seltenes Talent einer Bühne
erhalten werden, deren Zierde Sie sind und in Ihrem Fache stets
bleiben werden, und sich oft noch dem gerechten Applaus dessen
ausfetzeu mögen der sich nennt
Ihren
Prinz von Preußen.
Verzeihen Sie diese schlechte Schrift, aber mein gebrochener
Arm, läßt mich nur mühsam und unter Schmerzen schreiben.“
- ↑ Im Original dreimal unterstrichen.
Jugend- und Volksspiele in Deutschland. Vor einem Jahrzehnt etwa wurde eine Bewegung eingeleitet, welche nichts Geringeres als eine vollständige Wandlung in der Jugenderziehung und im Volksleben bezweckt. Jung und alt sollte aus der Enge der Mauern mehr, als es bis dahin der Fall war, ins Freie geführt werden, um in frischer Luft, in fröhlichem Spiel Leib und Seele zu stärken. Eine solche Wandlung, welche tief in die Sitten und Gewohnheiten des Volkes eingreift, kann sich nicht rasch vollziehen; nur langsam setzt sich auf diesem Gebiete der Gedanke in die That um. Zehn Jahre sind aber immerhin auch im Volksleben eine Frist, die hinreicht, um zu zeigen, ob ein Unternehmen Anklang gefunden und lebenskräftige Wurzeln zu treiben vermocht hat. Darum in eine Rundschau über den gegenwärtigen Stand der Leibesübungen in Deutschland von großer Wichtigkeit und in Anbetracht dieser Thatsache hat der Centralausschuß zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland in seinem „Jahrbuch für Jugend- und Volksspiele“ (Leipzig, R. Voigtländers Verlag) eine ausführliche Statistik für das Jahr 1892/93 veröffentlicht. Das Bild, das Dr. Viktor von Woikowsky-Bindau, Mitglied des preußischen statistischen Bureaus, in dieser auf Grund sorgfältiger Erhebungen entstandenen Arbeit vor unseren Augen entrollt, ist im allgemeinen durchaus erfreulich.
Im vergangenen Jahre wurde das Jugendspiel in 543 deutschen Städten gepflegt und 533 dieser Städte verfügten über besondere Spielplätze, während die Militärverwaltung 34 Exercierplätze dem Spiel der Jugend geöffnet hatte. Wenn wir bedenken, daß vor einem Jahrzehnt diese Leibesübungen der Schuljugend ganz und gar nicht gebräuchlich waren, so muß uns das bereits Errungene mit hoher Freude erfüllen. Aber von dem eigentlichen Ziele ist man doch noch weit entfernt; denn in 1380 deutschen Städten sind die Wohlthaten des Spiels im Freien der Schuljugend noch nicht zu teil geworden. Feruer ist das Spiel im Freien bis jetzt vorwiegend auf unseren höheren Schulen in Aufnahme gekommen, es ist in 156 Gymnasien, 49 Realgymnasien, 95 Realschulen und in 69 Städten auch in höheren Mädchenschulen eingeführt. Die Beteiligung der Volksschulen an diesen so ungemein nützlichen Leibesübungen läßt noch in den meisten Städten viel zu wünschen übrig oder fehlt gänzlich. Das Volksspiel, das Spiel der Erwachsenen, ist noch in den ersten Anfängen begriffen, es wurde im Jahre 1892/93 nur in 347 Orten geübt, zumeist von Turnvereinen ins Leben gerufen.
Jene Statistik verbreitet sich auch über zwei andere Leibesübungen,
die dem Spiele nahe verwandt sind, über das Baden und Schwimmen
sowie über den Eislauf. Was die erstere gesundheitlich so wichtige
Leibesübung anbelangt, so weist die Statistik leider einen großen Mangel
an Schwimmanstalten nach. Nur 319, d. h. 16,6% aller deutschen Städte
besitzen eine Bade- und Schwimmgelegenheit. Hier ist also noch die regste
Thätigkeit gemeinnütziger Vereine und ein unablässiger Druck auf die
Gemeindebehörden, die in der Erfüllung ihrer Pflichten säumig sind, dringend
notwendig. Etwas günstiger ist ea mit dem Eialauf bestellt, denn 459
oder 23,9% der deutschen Städte besaßen Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen
und 32 verfügten über künstliche Eisbahnen. Die Zahlen lehren
uns, wie viel auf diesem Gebiete noch zu thun ist; aber mit froher
Zuversicht kann das gemeinnützige Werk fortgesetzt werden, denn das in
einem Jahrzehnt Errungene ist wirklich groß. *
„Schön wart’ auf!“ (Zu dem Bilde S. 653) Hübsch ist sie nicht, die biedere Schnauzermutter, aber kunstfertig! Daß sie sich jeden Wurstzipfel, jede Brotrinde, jede Käseschnitte, jeden Bratenknochen erst durch eine turnerische Leistung verdienen muß, das ist sie gewohnt und findet sie ganz in der Ordnung. Daß man ihr aber nun einen ihrer zarten Sprößlinge entreißt und ihr zumutet, durch geduldiges Aufwarten dessen Rückgabe zu erkaufen, das erfüllt ihre Seele doch einigermaßen mit schmerzlichen Empfindungen. Zwar hat sie Beweise, daß ihre Herrin freundlicher Gemütsart ist und junge Hunde mit Liebe behandelt. Aber das ändert wenig an der Bänglichkeit des Augenblicks. Wie leicht kann eine täppische Kinderhand ungeschickt nach den zappelnden Gliedern des Neugeborenen greifen! Ja noch mehr! In den Erinnerungen ihres Hundelebens findet Mama Schnauzer unheimliche Bilder, wo auch eins, zwei ihrer kaum zum Leben erblühten Kinder in den schmeichelndsten Formen ihr entzogen wurden, auf Nimmerwiedersehen – wenn nach Ansicht ihrer Brotherrschaft des Segens zu viel war. Darum beeilt sie sich heute, ihr Kunststück „Schön wart’ auf!“ in tadelloser Vollendung auszuführen, um möglichst bald wieder in den gesicherten Besitz ihres Lieblings zu gelangen.
Pilze im Walde. (Zu dem Bilde S. 661.) Unvergeßlich ist mir die erste Pilzjagd, auf die ich vor mehr denn dreißig Jahren als Knabe in den herbstlichen Wald gehen durfte! Goldig strahlte die Sonne vom blauen Himmelszelt hernieder; weiße Schäfchen zogen langsam, hoch über den Baumkronen dahin und durch die lauen Lüfte segelten weiße Fäden, um die luftfahrenden Spinnen in sichere Winterquartiere zu bringen. Die Buchen standen bereits in purpurnem Herbstmantel, wie schlanke nordische Jungfrauen mit wehendem blonden Haar saßen auf der Höh’ die Birken mit ihrem schwefelgelben Laube, und unter ihnen verfärbten sich die Eichen, reckten sich wie vom Sonnenbrand gebräunte Kriegergestalten trotzig empor.
Ein alter Hirte, ein wetterharter Graubart, war mein Führer und Lehrer, aus seinem Munde lernte ich die Namen der verschiedenen Pilze, lernte die guten von den bösen unterscheiden. Aber er wußte im Walde noch etwas anderes als Schwämme zu zeigen. Auf einer Waldwiese führte er mich an einen gelben Kreis, in dem der Boden wie versengt oder verrottet aussah und der von einem Ringe grünen üppigen Grases umschlossen war. Da erzählte der Alte dem lauschenden Knaben, daß auf diesem Plätzchen in stillen mondhellen Nächten die Elfen sich zu belustigen pflegten und durch ihre Tänze das Gras in der Mitte niederträten, während sie es ringsum so hoch wachsen ließen, damit die neugierigen Tiere des Waldes sie nicht sähen. An Baumstämmen und knorrigen Aesten zeigte mir der Hirte sonderbare struppige Gebilde und meinte, daß seien „Hexenbesen“, auf denen die Unholdinnen ihre Luftfahrten ausführten. Und er lächelte nicht dabei, wie die Alten es zu thun pflegen, wenn sie Kindern Märchen erzählen. Der Graubart stammte noch aus dem vorigen Jahrhundert und er glaubte noch fest an Hexenspuk.
Zehn Jahre später! Durch denselben Wald schritt der fröhliche Student, er hatte an der Alma mater aus dem Quell des Wissens getrunken und klipp und klar lag vor seinen Blicken die Natur. Der Alte war nicht an meiner Seite; den Wetterharten hatte inzwischen der unerbittliche Sensenmann weggemäht; aber ich mußte an ihn denken, denn er war mir das Sinnbild einer verschollenen Zeit. Was er mir damals auf der ersten Pilzjagd als Elfen- und Hexrenspuk gezeigt hatte, das war – jetzt wußte ich es – ein Werk der Pilze. Jene Elfenringe waren weiter nichts als Fleckchen Erde, auf denen kreisförmig sich ausbreitende Pilze den Graswuchs zurückgedräbgt hattem und die „Hexenbesen“, das waren verkrüppelte Zweige an einem Baume, der von Schwämmen befallen war: in dem Kampfe mit den feindlichen Schwämmen hatte der Baum so wunderbare Zweige getrieben. „Krankheit“, „Neubildung“ nennt die Wissenschaft solche Gebilde. Im Laufe der zehn Jahre waren die Pilze des Waldes bei mir im Ansehen gestiegen. Sie wuchsen ja nicht nur im Moder des Bodens, sie griffen selbst die hohen Bäume an, und die schlimmsten waren die unmerklichsten, kaum sichtbaren; denn sie nagten am heftigsten am Marke der Riesen. Auf dieser Wanderung durch den herbstlichen Wald sah ich ein Stück des Kampfes ums Dasein in der Natur, und Baum und Schwamm erschienen mir als zwei Todfeinde.
Vor etwa zehn Jahren war es – ich wanderte wieder einmal durch den herbstlich verfärbten Wald. Ich war auf einer Pilzjagd begriffen, aber ich suchte nicht die Edelpilze, nicht die schmackhaften Fruchtträger, die Pilzhüte, die aus dem Waldboden hervorschauten. Ich wühlte in der Humusschicht und sammelte die zarten Wurzelausläufer der Eichen und Buchem um sie nach Hause zu tragen und dort mit Hilfe des Mikroskops an diesen Wurzelfäden nach dem Pilzgeschlecht zu forschen. Eine neue Kunde ging damals durch die Welt. Man hatte entdeckt, daß der Pilzkörper, der im Waldboden wächst, die Wurzeln der Bäume mit feinsten Fäden umstrickt und mit ihnen zu einem Ganzen verwächst; man hatte entdeckt, daß zwischen den Waldbäumen und Pilzen eine „Symbiose“, eine
Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 667. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_667.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2023)