Verschiedene: Die Gartenlaube (1894) | |
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Lebensgenossenschaft besteht. Pilz und Baum sind zu einem Ganzen verwachsen. Viele Pilze sind Freunde der Bäume. Die unterirdischen Pilzfäden, die Pilzmycelien, verarbeiten die rohen Stoffe des Wäldbodens zu einer kräftigen Nahrung, erzeugen mehr, als sle selbst brauchen und geben den Ueberschuß an die Wurzeln der stolzen Eiche ab, nähren die Himmelanstrebende, und diese erweist sich dankbar, indem sie einen Teil der Nährstoffe, die nur in den grünen Blättern der rauschenden Kronen im sonnigen Licht erzeugt werden können, zu ihren Wurzeln hinunter führt und ihn dem Pilze spendet. Das ist ja der Grund, warum so viele Waldbäume und Waldpflanzen verkümmern, wenn man sie ins freie Land verpflanzt, ohne in die neue Pflanzstätte den alten Waldboden und mit ihm den befreundeten Pilz zu übertragen. –
Pilze im Walde! Jahrtausendelang wurden sie von dem Menschen
nur auf den Nutzen und Schaden geprüft, die sie unserem Magen bringen.
Wie anders steht es um ihre Bedeutung, wenn sie auf ihren Wert im
Haushalt der Natur untersucht werden! Schwach und morsch erscheinen
sie dem flüchtigen Beobachter, aber in Wirklichkeit sind sie eine Macht, auf die
sich die Urbilder strotzender Kraft, die wetterfesten Waldriesen stützen. J.
Der kaufmännische und gewerbliche Hilfsverein für weibliche Angestellte in Berlin hat in seinem fünfjährigen Bestehen eine Reihe so bedeutender Erleichterungen und Verbesserungen für das Los der Laden- und Geschäftsgehilfinnen erzielt, daß eine Mitteilung darüber wohl in weitere Kreise gebracht zu werden verdient. Aus kleinen Anfängen 1889 hervorgegangen, faßte er zunächst den Wohnungsnachweis für fremd Ankommende, Erteilung von Rat und Stellenvermittlung, sowie Krankenhilfe ins Auge. Bald war er durch zahlreichen Beitritt in der Lage, auch an die bessere Ausbildung seiner Mitglieder zu denken, es wurden Unterrichtskurse kaufmännischer und allgemeiner Natur eingerichtet, Büchersammlungen und Unterhaltungsabende zur Erholung der vielangestrengten Gehilfinnen dargeboten, außerdem ihnen unentgeltlicher Rat in Rechtsfragen gesichert. Eine genaue Umfrage bei den heute auf 6000 gestiegenen Mitgliedern des Vereins lieferte die Unterlagen für die Schrift „Die Ausbildung und Stellung der Handlungsgehilfinnen in Berlin. Ein Ratgeber für die kaufmännische Laufbahn junger Mädchen“. Neuerdings wurde außer einer kaufmännischen Vorbereitungsschule noch eine Schreibmaschinen-Schule in Verbindung mit Stenographie eingerichtet, weil diese Thätigkeit für Frauen sehr geeignet und lohnend ist. Seit 1. September ist die Stellenvermittlung für weibliche Handlungs- und Gewerbegehilfen versuchsweise auf ganz Deutschland ausgedehnt worden.
Im übrigen sorgen Ferienkolonien, Nachweis billiger Sommerfrischen,
guter Mittagstisch im Vereinslokal, Theater-Vorstellungen zu niedrigen
Preisen für angemessenen Lebensgenuß. Der Verein kam einem wirklichen
Bedürfnis entgegen und hat deshalb erfreuliche und große Erfolge zu
verzeichnen. Aehnliches wäre in anderen Städten ganz wohl möglich, daher geben
wir gerne die Anregung dazu weiter. Jede derartige Schöpfung bedeutet
ein Stückchen Lösung der sozialen Frage, und der Dank von Tausenden
lohnt dem halben Dutzend thätiger und gutgesinnter Menschen, die zur ersten
Gründung eines solchen Vereins sich zusammengethan haben. Bn.
Reinstes Wasser. Wo giebt es auf der Welt ein völlig reines
Wasser? Wo schwebt ein Tropfen, der aus weiter nichts als der
chemischen Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff besteht? Nirgends!
lautet die Antwort. Alles Wasser auf Erden ist mehr oder weniger
verunreinigt. Die reinste Quelle enthält aufgelöste Erdsalze; im reinsten
Regenwasser sind neben Staub gasförmige Bestandteile der Atmosphäre
aufgelöst, und selbst das mit größter Sorgfalt destillierte Wasser ist nicht
rein; es enthält Spuren der Glaskolben und Schläuche aufgelöst und ist
mit Luft gesättigt. Seit Jahrzehnten sind die Physiker bemüht, reinstes
Wasser darzustellen. Jüngst berichteten F. Kohlrausch und Ad. Heydwiller
der Berliner Akademie der Wissenschaften über derartige Versuche. Zehn
Jahre lang ließen sie ihre Apparate mit möglichst reinem Wasser gefüllt
stehen, so daß die Gläser aller löslichen Bestandteile beraubt zu sein
schienen, und destillierten dann Wasser, das sie vor jeder Berührung mit
der Luft verwahrten. So erhielten sie das reinste Wasser, das bis jetzt
jemals auf Erden vorhanden war; in einem Liter dieses Wassers
betrugen die Verunreinigungen nur einige Tausendstel Milligramm!
Eigenartig ist das Verhalten eines solchen beinahe chemisch reinen Wassers gegen
die Elektricität. Eine nur einen Millimeter lange Säule dieses Wassers bietet
dem elektrischen Strom denselben Widerstand wie ein 40 Millionen Kilometer
langer Kupferdraht von gleichem Querschnitt, ein Draht also, mit dem
man etwa 1000 Mal die Erde umspannen könnte. Durch bloße Berührung
mit der Luft sinkt dieser Widerstand sofort auf ein Zehntel, und durch
weitere Verunreinigung wird das Wasser zum guten Leiter. *
Belohnung von Schulkindern für gute Blumenpflege. (Zu dem Bilde S. 649.) Ein schönes Ziel, freundlichen Blumengruß in die öden Häusermassen der Großstadt zu tragen! Auch das kargste Stübchen mutet heimlicher an, steht auf dem Fensterbrett ein blühender Nelken- oder Geranienstrauch, auch der schmalste Bodenstreifen an Haus- oder Mauerrand kann oft noch zu einer augen- und herzerquickenden Farbenquelle umgeschaffen werden. Nur muß der Bewohner von Haus und Stube ein bißchen mit den Blumen umzugehen verstehen, und woher soll diese Kenntnis kommen in Familien, die durch ganze Geschlechterfolgen hindurch nur im steinernen Meer der Großstadt gelebt haben? Da geht die Kunde von der Blumenpflege verloren und mit der Kunde auch der Sinn für den stillen erfrischenden Reiz, der von solchen blühenden Haus- und Stubengenossen ausströmt.
Der ersterbenden Neigung zur Blumenpflege aufzuhelfen, den verlorenen Sinn dafür wieder zu wecken, die abhanden gekommene Kenntnis neu zu verbreiten, haben einige wohlthätige Vereine in der Umgebung Berlins sich zum Ziele gesetzt. Auch in Frankfurt a. M. sind die Allgemeine Lehrerversammlung und due Gartenbaugesellschaft gemeinsam in derselben Richtung vorgegangen. Sie wenden sich an den Teil der großstädtischen Bevölkerung, dessen man am besten habhaft werden kann, an die Schuljugend. Jedes Frühjahr werden an eine große Anzahl Kinder gleichartige Pfänzchen ausgeteilt, gewöhnlich an je ein Kind zwei Exemplare verschiedener Sorte; dazu kommt eine zweckmäßige Belehrung über die Art der Behandlung. Ist der Sommer vorüber, so versammelt sich die ganze kleine Gesellschaft wieder und bringt die Ergebnisse ihrer Pflegethätigkeit mit, worauf die Veranstalter darüber zu Gericht sitzen und entscheiden, wer seine Sache am besten gemacht hat. Die glücklichen Sieger im edlen Wettstreit erhalten kleine Geldbelohnungen, die andern dürfen wenigstens ihre Stöckchen als Eigentum behalten. Mit einer Ansprache, worin den Kindern die Liebe zu den Pflanzen noch einmal recht ans Herz gelegt wird, schließt die Feier. Die schöne Sitte ist wohl wert, aller Orten Nachahmung zu finden.
Kleiner Briefkasten.
M. S., Professors Witwe in Belgrad. Geben Sie uns gefl. Ihre vollständige Adresse an, damit wir Ihnen auf brieflichem Wege antworten können.
J. M., Dänemark. Gewiß, Ludwig Ganghofer hat außer der „Martinsklause“, dem „Klosterjäger“ und dem „Besonderen“ noch eine Reihe von Erzählungen geschrieben: „Der Jäger von Fall“, „Sünden der Väter“, „Edelweißkönig“, „Der Unfried“, „Der Herrgottschnitzer von Ammergau“ und „Die Fackeljungfrau“; eine Reihe kleinerer Novellen sind in den Sammlungen „Aus Heimat und Ferne“, „Almer- und Jägerleut“, „Bergluft“, „Oberland“, „Es war einmal“, „Fliegender Sommer“ und „Doppelte Wahrheit“ vereinigt. In der „Gartenlaube“ sind außer „Martinsklause“ und „Klosterjäger“ erschienen „Der Unfried“, „Edelweißkönig“ und die kleinere Hochlandsgeschichte „Dschapei“.
F. N., Steiermark. Wir bedauern, von Ihren Einsendungen keinen Gebrauch machen zu können.
Inhalt: [ Verzeichnis der Beiträge in Heft 39/1894 ]
In dem unterzeichneten Verlag beginnt soeben neu zu erscheinen:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 668. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_668.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2020)