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Seite:Die Gartenlaube (1894) 707.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Rückens keine Rücksicht nimmt und kein bequemes Sitzen gestattet, zudem aber auch den Ruhenden bei irgend einer kräftigen Bewegung der Gefahr aussetzt, daß die oben auf dem Borte sehr wacklig stehenden Gefäße auf ihn herabschmettern. Als neuester Witz tritt noch hinzu, daß mit dem Paneelsofa ein Spiegel fest verbunden wird; während der Spiegel gerade recht beweglich zu halten ist, damit er im Zimmer diejenige Stelle erhalten kann, in welcher er unter der besten Beleuchtung steht.

Weiter in solche Speisezimmereinrichtung einzudringen, wollen wir uns versagen und nur der dunklen Nußbaumstimmung noch einige Worte widmen. Sie wirkt meist trübselig und bedrückend, zumal noch bei Butzenscheiben und schwer lastender Balken- oder Kassettendecke. Wenn Speisen den Magen beschweren und geistige Getränke das Haupt umnebeln, so sehnt man sich nach heller, freundlicher, luftiger Umgebung, nicht nach einer solchen, welche sich wie ein Alp auf unsere Brust legt. Aber dieses dunkle Braun, diese Butzenscheiben, diese schweren Balkendecken, diese scharfkantigen, gehäuften Profile, diese architektonischen Glieder, so entgegnet man, sind ja gerade charakteristisch für die Renaissance. Nun, wenn das der Fall ist, so verzichten wir eben auf die Renaissance, auf das Nachäffen eines Zeitgeschmackes, welcher unseren modernen Anschauungen nicht mehr entspricht. Wir wollen keine scharfen Kanten und Ecken, welche uns die Schienbeine zerschlagen und bei jedem Umzuge absplittern, keine subtile Häufung von Profilen, wo eine energisch geschwungene Hohlkehle und eine Platte denselben günstigen Eindruck hervorrufen; wir wollen keine übermäßige Häufung von Ornamenten, in deren Ecken und Winkeln nur der Staub festklebt, so daß die Hausfrau mit dem Putzen und Wischen nicht fertig wird; wir wollen – wenigstens in allen wichtigen Wohnräumen – keine Butzenscheiben, da wir uns freuen sollen der großen Scheiben, dieser Triumphe der modernen Glasindustrie. Was wir wollen, sind Möbel, welche wirklich ihren Zweck in bester Weise erfüllen, tüchtig und dauerhaft sind, den Stürmen eines Umzuges Widerstand leisten können und zudem einen ruhigen, schönen Eindruck gewähren – Kastenmöbel, in denen sich in bequemer Weise möglichst viel bergen läßt, Sitzmöbel, auf denen sich behaglich ruhen läßt, Tische mit breiter Fläche und standfesten Füßen und ohne scharfe Ecken. Was wir wollen, sind Zimmer in freundlicher heller Stimmung, in welchen nicht der Staub sich einnistet, sondern Reinlichkeit herrscht und Gesundheit waltet.

Es ließe sich diese Sucht, jegliches Ding zu ornamentieren, weiter verfolgen durch alle Räume, durch den Rokokosalon mit den stark ausgeschweiften dünnen Beinchen der Tischchen und Stühlchen, welche nur für ein ätherisches Geschlecht bestimmt zu sein scheinen, und mit den reich geschnitzten, hell lackierten und bemalten Schränkchen, die wie Porzellan aussehen, bis zu dem Schlafzimmer, dessen Betten an Haupt und Ende mit Gemälden von Künstlerhand geschmückt werden, und bis zur Küche, deren Schrank und Topfbank geschnitzt und deren Stühlchen sogar bemalt werden. Aber es möge genug sein mit dem Hinweis, daß diese Sucht, jegliches Ding mit Ornamenten zu überladen und auf diese Weise Wirkung hervorzubringen, auf allen Gebieten des Kunstgewerbes, in der Metall-, Textil- und keramischen Industrie mehr und mehr Platz gegriffen hat. Diese Sucht wirkt wahrhaft abstoßend bei Geräten aus billigem Material, beispielsweise bei den üblichen Schränken und Bettstellen, die an Stelle kräftiger gesägter Fourniere mit papierdünnen geschälten Fournieren aus dem undauerhaften amerikanischen Nußbaumholz bekleidet sind, gleichwohl aber als Bekrönung den aufgesteckten, meist bedenklich vornüber geneigten Giebel- oder Muschelaufsatz, sowie etliche Spitzen und Kugeln erhalten haben. Man merkt die Absicht, über das Elend des Materials mit glänzend scheinendem Aufputz hinwegzutäuschen, und man wird verstimmt.

Gewiß, wir sind in technischer Beziehung vorwärts gekommen, aber wir sollen auch von der gewonnenen Fertigkeit den richtigen Gebrauch machen. Nicht im Ornament und in der Wiedergabe eines historischen Stils soll der Schwerpunkt liegen, sondern in einem klaren, scharfen Bau, welcher entwickelt ist aus dem Zweck, den das Gerat erfüllen soll, und aus dem Material. Einem so entstandenen Gerüst mag in sinnvoller Weise Fleisch und Blut mit ruhigen Flächen und einer angemessenen Ornamentik gegeben werden. Konstruieren wir wirklich aus dem Bedürfnis heraus, so wird auch das eigentümliche deutsche Wesen unserer Tage in den Leistungen zum charakteristischen Ausdruck gelangen und von unseren Nachkommen in seiner Eigenart erkannt werden, wie wir selbst es an den besten Werken der deutschen Renaissance des 16. Jahrhunderts erkennen. Wo man in dieser Weise ihrem Vorbild gefolgt ist, hat dasselbe auch sehr wohlthätig gewirkt. Dieses Konstruieren aus dem Bedürfnis heraus, diese knappe Strenge, welche alles Ueberflüssige und Wahrheitswidrige abweist, dieses Hochhalten des Tüchtigen und Dauerhaften ermöglicht es, auch den Wünschen der mäßig bemittelten Volksklassen mehr als bisher entgegenzukommen und dieser gesamten kunstgewerblichen Bewegung zu ihrem eigenen Besten wieder den Stempel des Volkstümlichen aufzuprägen.



Blätter und Blüthen.

Heinrich Hoffmann-Donner der Dichter des „Struwwelpeter“ oder – wie ihn der Volksmund in seiner Vaterstadt Frankfurt a. M. kurz bezeichnete – „der Struwwelpeter-Hoffmann“, ist am 20. September daselbst ganz plötzlich, trotz der Jugendfrische, die ihm den schönen Lebensabend bis zuletzt erheiterte, der Last seiner Jahre erlegen. Am 13. Juni 1809 geboren, hatte er sein 85. Lebensjahr in Rüstigkeit überschritten. Die „Gartenlaube“ verliert mit ihm einen treuen Mitarbeiter; ihr gerade war es vergönnt, die letzten seiner litterarischen Arbeiten zu veröffentlichen und in ihnen zugleich bleibende Dokumente sowohl seiner seltenen sich stets gleich bleibenden Herzensfrische als auch der Geschichte jener Wirksamkeit, die ihn zum Liebling und Wohlthäter ganzer Generationen der Kinderwelt weit über die Grenzen des Vaterlandes hinaus werden ließ. In der ersten Nummer des vorigen Jahrgangs durften wir ja, zugleich mit seinem Bild, die eigenen Aufzeichnungen des liebenswürdigen Humoristen über die Entstehung seines in weit über hundert Auflagen verbreiteten ersten Bilderbuchs, des Struwwelpeters, und dessen Schicksale unseren Lesern darbieten und dann in der folgenden Weihnachtsnummer das anheimelnde Gedenkblatt „Der Struwwelpeter bei Kaiser Wilhelm I.“ Wie der litterarische Erfolg dieses ersten Versuchs, in den Bilderbüchern für Kinder der Kindlichkeit wieder zum Recht zu verhelfen, ganz ohne sein Zuthun eintrat, so blieb es der Welt auf lange Zeit unbekannt, daß sie ihn einem gelehrten Arzte verdankte, der sein ernstes Berufsleben als Leiter und Organisator der Frankfurter Irrenheilanstalt ausübte. Erst die Jubiläen, die der Geheime Sanitätsrat Dr. Hoffmann als Mediziner feiern konnte, gaben den Anlaß zu einer allgemeinen Erörterung dieser Autorschaft, und mit verstärkter Sympathie vernahm man nun, daß derselbe tiefgemütliche Zug, der seine Jugendschriften durchdringt, ihn auch auf dem Gebiete der Behandlung Geisteskranker zu einem Reformator gemacht hatte.

Denkmäler für deutsche Naturforscher. In den schönen Anlagen des „Plateaus“ der Stadt Altenburg hat am 30. September die feierliche Enthüllung des Denkmals stattgefunden, das die berühmten altenburgischen Landsleute, den alten Christian Ludwig Brehm und seinen Sohn Alfred Edmund, den Verfasser des „Tierlebens“, sowie Hermann Schlegel, den Zoologen, verherrlichen soll. Inmitten des Rasenplatzes erhebt sich auf einigen Stufen ein hoher Steinobelisk, dessen Spitze ein eherner Stern ziert. Auf drei Feldern des Sockels sieht man die in Bronze gegossenen, künstlerisch und naturgetreu modellierten Medaillonbildnisse der Gefeierten. Solche Denkmäler sind ein erfreuliches Zeichen der dankbaren Pietät, mit der das Andenken von Männern bewahrt wird, die nicht nur der Wissenschaft Dienste geleistet, sondern auch das Wissen in weiteste Kreise des Volkes getragen haben. Ein weiteres Denkmal ist im Berliner zoologischen Garten errichtet worden. Im Asugust dieses Jahres konnte dieser Garten das Jubiläum seines fünfzigjährigen Bestehens feiern. Bei dieser Gelegenheit tauchte lebhafter die Erinnerung an die Verdienste eines seiner ehemaligen Leiter auf, dessen Begabung und Thatkraft die Anstalt ihren großartigen Aufschwung und ihre schönste Blüte verdankt. Es war dies Dr. Heinrich Bodinus, ein Zoolog von Beruf, der im Jahre 1859 den Zoologischen Garten in Köln gründete. 1869 wurde er nach Berlin zur Reorganisation des dortigen zoologischen Gartens berufen und verwandelte ihn bald in eine Musteranstalt. Großartig waren namentlich die Erfolge, die er unter dem rauhen norddeutschen Himmel auf dem Gebiete der Akklimatisation und Züchtung fremder Tierarten erlangte. Bodinus starb am 23. November 1884 in Berlin. Man hat bereits im Jahre 1852 dem Begründer und ersten Leiter des Berliner Zoologischen Gartens Professor Heinrich Lichtenstein ein Denkmal errichtet, nun ist auch die Erinnerung an Bodinus in gleicher Weise geehrt worden. Rechts vom Lichtenstein-Denkmal steht jetzt das Bodinus-Denkmal. Das Marmorbildnis ist lebenswahr von Heinrich Kiesewetter modelliert, um den Sockel hat des Bildners Hand ein Tierfell gelegt, um den Beruf des Gefeierten zu symbolisieren. Mächtige Eichen bilden den Hintergrund und Blumenbeete breiten davor ihren Teppich.

Deutsche Naturfreunde möchten wir bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, daß in neuester Zeit der Entschluß gefaßt wurde, noch einem anderen Manne, der ähnlich wie die beiden Brehm gewirkt hat, ein Denkmal zu errichten. Am 5. Juni starb in Gera Hofrat Prof. Dr. K. Th. Liebe, der von Fach ein ausgezeichneter Geologe und aus Neigung einer der wärmsten Vogelfreunde und größten Vogelkundigen Deutschlands war. Sehr weiten Kreisen des deutschen Volkes ist er namentlich durch seine Förderung des Schutzes der Vogelwelt bekannt geworden. Wahre Meisterwerke sind zwei seiner kleinen Schriften, in welchen Winke zum Aufhängen von Nistkästen und zum Anlegen von Futterplätzen für die im Winter darbenden Vögel gegeben werden. Freunde des Verstorbenen haben nun

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 707. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_707.jpg&oldid=- (Version vom 25.3.2023)
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