verschiedene: Die Gartenlaube (1895) | |
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Blätter und Blüten.
Die Geretteten von der Mannschaft der „Elbe“, soweit sie bei guter Gesundheit gemeinsam an den Ort ihrer Ausfahrt zurückgekehrt sind, haben sich nach ihrer Ankunft in Geestemünde zur Erinnerung an das in Sturm und Not zusammen Erlebte photographisch aufnehmen lassen. Wir sind in der Lage, das interessante Gruppenbild unseren Lesern nebenstehend mitzuteilen. Nur mit Einsatz aller Kraft, beständig den drohenden Tod im Auge, haben die Ueberlebenden der Mannschaft des untergegangenen Schiffes ihre und ihrer Bootgenossen Rettung dem sturmbewegten Meer abtrotzen können; sechs lange Stunden haben sie bei eisigem Wind den Kampf mit den Wogen führen müssen, ehe die „Wildflower“ zur Hilfe nahte. Der links an der Säule Stehende im grauen Wettermantel ist der Zahlmeister Wilhelm Wefer; vor ihm sitzt der jugendliche dritte Offizier des Schiffes, Th. Stollberg, dem von Kapitän v. Goessel das Kommando über das Rettungsboot übertragen war, das unter seiner Führung als einziges den Weg zur Rettung aus der Katastrophe gefunden hat. Der ältere Herr im offenen Mantel neben ihm ist der Obermaschinist Albert Neussel, von dem wir lasen, daß er nach dem Zusammenstoß mit der „Crathie“ die Oberleitung der Maschine übernahm. Neben ihm sitzen weiter der Zahlmeister-Assistent Paul Schlutius und der Maschinen-Assistent Ernst Linkmeyer. Rechts vom Zahlmeister Wefer stehen nacheinander: Oberheizer Herm. Fürst, Leichtmatrose Anton Batke, Kesselschmied Friedr. Sittig und Matrose Karl Finger. Von der Mannschaft der „Elbe“ wurden weiter noch gerettet der Steward E. Kobe und die Matrosen P. Siebert, W. Dresow und G. Wenning, von welchen der letztere nach der Ankunft in Bremerhaven in das Hospital überführt werden mußte.
Trauben im Treibhaus. Die Leser erinnern sich aus einem früheren Aufsatz in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1891, Nr. 27) der vielversprechenden Erfolge, welche der Gartenbaudirektor Haupt in Brieg mit seinem „Weinberg unter Glas“ erzielt hat. Aehnliche Versuche hat man auch in England, wo der Weinstock im Freien nicht gedeiht, seit einer Reihe von Jahren gemacht. Bereits 1867 erzeugte ein gewisser Meredith zu Garnston bei Liverpool unter Glas getriebene Trauben im Gewichte von 4 Kilogramm. Diese ursprünglich als eine Liebhaberei der reichen Lords betriebene Zucht hat sich nach und nach zu einem Industriezweig herausgebildet, der besonders dadurch an Bedeutung gewonnen hat, daß er an keine Jahreszeit gebunden ist. Man erzeugt jetzt, die erforderlichen Bedingungen vorausgesetzt, frische Trauben, wo und waun man will. Mittels künstlicher Wärme, Beleuchtung und Bewässerung, geeigneter Luftzufuhr und Düngung wird der Markt stets mit den herrlichsten Frankenthaler Trauben, den würzigen Trauben des „Muscat von Alexandrien“ versorgt, wie man sie sich schöner nicht denken kann. Derartige vielfach ins Große gehende Treibereien befinden sich u. a. in der unmittelbaren Nähe von London, ferner auf der Insel Jersey, in der Gemeinde Hoylaert in Belgien, zu Thomery bei Fontainebleau. Auf Jersey soll ein einziger Züchter 20 Warmhäuser von je 300 Metern Länge besitzen. Die Hauptabsatzmärkte der englischen und belgischen Züchter sind die großen und volkreichen Städte Großbritanniens: London, Liverpool, Manchester, Edinburg.
Ein Schneetunnel auf dem Albula-Paß. (Zu dem Bilde S. 133.) Mit außerordentlicher Strenge hat sich heuer auch im Flachland der Winter geltend gemacht, und in Gegenden, wo es seit Jahren zu keiner ordentlichen Schlittenbahn gekommen war, hat Wochen hindurch wieder einmal die weiche Schneedecke Gelegenheit dazu geboten, den behend hingleitenden Schlitten in den Dienst des Verkehrs zu stellen. Aber der Schnee, über den es sich so lustig bei Peitschenknall und Schellengeläute dahinfährt, hat auch arge Verkehrsstörungen verursacht; aus den verschiedensten Gegenden hatte die Tagespresse von verschneiten Straßen, steckengebliebenen Eisenbahnzügen und noch schlimmeren Unglücksfällen zu berichten. Doch noch ganz anders haust der Winter im Hochgebirg! Wie aber auch dort Menschenkraft und Menschenkunst diesen Unbilden der elementaren Natur Widerstand zu leisten und sie zu besiegen weiß, davon giebt unser Bild vom Albula-Paß in der Schweiz ein erfreulich anmutendes Beispiel.
Allen denen, die einmal in schöner Sommerzeit über den Albula-Paß von Chur ins herrliche Engadin hinüber oder von dort ins Rheinthal hinunter gefahren und gewandert sind, wird in der Erinnerung die großartige Gebirgsscenerie haften, die sich dem Blick auf jener Strecke darbietet, wo die Straße in weitem Bogen oberhalb des Albula-Ursprungs die fast senkrechten Felshörner der Giumels umzieht. Dort, zwischen dem Gasthaus Weißenstein und der Paßhöhe mit ihrem Hospiz, hatte der Schnee auch in diesem Winter die Straße völlig verschüttet. Das Wärterpersonal der Straße aber versteht sich darauf, in verhältnismäßig kurzer Zeit solche Störungen des Postverkehrs zu heben. Ein Schneetunnel von 195 Metern Länge, 21/2 Metern Breite und 3 Metern Höhe ward hergestellt, durch welchen seitdem die Post mit ihrem Viergespann sicher dahinfährt. Solche Schneegalerien werden auf den Schweizer Alpenhochstraßen im Winter und Frühjahr nicht selten zur Notwendigkeit. Ist der Schnee weich, wie in unserm Fall, so werden sie nach den Regeln des Gewölbebaus aus größeren zurechtgehauenen Schneestücken aufgeführt, die dann durch Begießen mit Wasser zum Zusammenfrieren gebracht werden. Bei dem festen Lawinenschnee genügt einfaches Aushauen des Tunnels.
Frühling im Winter. (Zu dem Bilde S. 144 und 145.) Wie man bei uns in der Stadt die regelmäßigen Zusammenkünfte der jungen Mädchen „Kränzchen“ nennt, so hat im deutschen Alpenland vielfach die Bezeichnung „Heimgarten“ eine ähnliche Bedeutung und einen ähnlichen Anklang an die Welt der Blumen, mit welcher der poetische Sinn der weiblichen Jugend so gern vergleicht. Nicht immer aber vereinigt solch ein Heimgarten so viel taufrischen Liebreiz und knospenhafte Anmut wie derjenige, in welchen der Maler unsres Bildes uns einführt. Das ist ein gesegneter Ort, wo die hübschen Dirndl’n so dicht bei einander aufblühen, und die Burschen, die sich dann beim Dunkelwerden zum Abholen einstellen, sind zu beneiden, wenn sich die Thür des verschneiten Hauses öffnet und ihnen auf einmal dieser Frühling im Winter entgegenglänzt. Und wie dann die nun verschämt und verlegen dreinblickenden Mädchen, die unter sich so ausgelassen lachen und übermütig spotten konnten, so spüren es auch die durch den Schneesturm herangekommenen Burschen wie Frühlingshauch durch ihre Herzen gehen, ein beseligendes Ahnen voll Hoffnungsglück schwellt ihre Brust.
Die „Kleine Gesundheitslehre“ von Professor Dr. C. E. Bock ist in den meisten Buchhandlungen zu haben. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, richte man die Bestellung unter Beifügung des Betrags in Briefmarken direkt an die Verlagshandlung
Inhalt: Echt. Erzählung von R. Artaria (1. Fortsetzung). S. 133. – Ein Schneetunnel auf dem Albula-Paß. Bild. S. 133. – Die Mädchenhorte in Leipzig. Von L. Windscheid. S. 138 – Der Auswanderer-Bahnhof in Ruhleben. Von Richard Nordhausen. S. 140. Mit Abbildungen S. 137, 140, 141 und 142. – Loni. Erzählung von Anton von Perfall (4. Fortsetzung). S. 142. – Frühling im Winter. Bild. S. 144 und 145. – Blätter und Blüten: Die Geretteten von der Mannschaft der „Elbe“. Mit Bildnissen. S 148. – Trauben im Treibhaus. S. 148. – Ein Schneetunnel auf dem Albula-Paß. S. 148. (Zu dem Bilde S. 133.) – Frühling im Winter. S. 148. (Zu dem Bilde S. 144 und 145.)
verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_148.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2024)