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Seite:Die Gartenlaube (1895) 164.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Abends fand im Hotel Weinberger ein Festessen statt, an dem auch der Wali von Dar-es-Salaam und Bagamoyo, sowie der angesehenste Inder und Beludsche am Ort teilnahmen. Der Toast des Gouverneurs galt Wißmann. Von der Bevölkerung wurde währenddessen überall Goma geschlagen und das Getrommle, Gesinge und Getanze dauerte bis zum frühen Morgen.


Tombola auf dem Markusplatz in Venedig. (Zu dem Bilde S. 153.) Dem Italiener ist das öffentliche Lottospiel etwas, das zu seinem Leben unbedingt gehört, ein nationales Vergnügen, an welchem er so fest hängt, daß er in die höchste Aufregung gerät, falls im Parteienstreit nur ein Wort davon auftaucht, dies vom Staate unterhaltene Glücksspiel aufzuheben. Ein Rütteln an dem Bestande der Lotterie würde in Italien sicher zur Revolution führen. In der Lotterie spielen hier alle Kreise der Bevölkerung vom Herzog bis zum Bettler. Jedes Dörfchen, jedes Städtchen hat seine Banca di Lotto, in welche das Volk seine oft vom Munde abgesparten Centesimi trägt, um die Woche hindurch bis zum Samstag, dem Ziehungstage, die Hoffnung zu haben, vielleicht mit einem Gewinne herauszukommen. Ohne Zweifel hat dieser Hang zum Glücksspiel seine sehr bedenklichen Seiten, und die wirtschaftlichen Verhältnisse Italiens wären ohne dasselbe gewiß bessere; es ist aber dem Italiener, besonders dem Mann und der Frau aus dem Volke, so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, daß kein Fest in Italien gefeiert werden kann ohne Tombola, ohne Geldlotterie. Die Tombola, ein Lottospiel, das in seinem Verlauf dem bei uns allbekannten Kinderlotto sehr ähnelt, giebt einem Volksfest in den Augen der Italiener erst seine rechte Würze, und das Abhalten einer Tombola auf öffentlichem Platz wird selber wieder zum Volksfest. Ein guter Zweck findet sich auch hier leicht für dergleichen.

Unser Bild versetzt uns auf den Markusplatz von Venedig während des Abhaltens einer Tombola. Eine herrlichere Dekoration für diese volkstümliche Veranstaltung läßt sich nicht denken als der mächtige Platz vor der in Gold- und Farbenschmelz prangenden Markuskirche, den die prächtigen Fronten der Procurazien und der Nuova Fabbrica umrahmen, und auf dessen riesigen glatten Trachytquadern es sich schöner lustwandelt als auf irgend einem Parkett. Von alters her thut er dem venetianischen Volk denn auch die Dienste eines Festsaals; hier ist sein „Corso“, hier das Stelldichein der Fremden vor allem des Abends, wenn eine verschwenderische Fülle von Gasflammen ihr Licht über ihn breitet und der klare Sternenhimmel sich wölbt über das festlich gestimmte Bild des – oft bei Musik – auf- und niederwogenden Getümmels. Die Kaffeerestaurants in den Arkaden, die ihre Stühle und Tische bis hinaus auf den Platz stellen dürfen, bieten den Ermüdenden Rast und Erquickung. Längst vor Beginn einer „Tombola“, die stets abends stattfindet, hat sich das Publikum mit Losen versehen, welche an eigens dafür errichteten Verkaufsständen zu haben sind. Ein einfaches Los, das selten mehr als 50 Centesimi (40 Pfennig), oft weniger kostet, enthält zehn Ziffern in zwei Reihen; es wird von großen Bogen abgeschnitten, die man auch im ganzen und in größeren Teilstücken erwerben kann. Auch der Pavillon, in dem die Ziehung stattfindet, ist aufgestellt worden, beim Herannahen des Abends ist derselbe bald dicht umdrängt. Doch ein über den Platz zu ihm hinführender Gang muß für den Verkehr mit den Gewinnern frei bleiben. Trompetenfanfaren verkünden den Anfang der Ziehung. Oberhalb des hell erleuchteten Pavillons ist eine Vorrichtung angebracht, welche die gezogene Zahl weithin sichtbar aufzeigt. Wohl verkündet sie auch ein Ausrufer, aber die Stimme trägt nicht über die tausendköpfige Menge, die sich durch die herrschende Spannung nicht hindern läßt, sich zu amüsieren. Und damit auch alle Anwesenden auf der Piazza die Zahl sofort erfahren, ist dem Pavillon gegenüber, nach der Markuskirche zu, ein viereckiges, etwa 10 Meter hohes Holzgerüst aufgestellt, auf dessen vier Wänden die gezogene Zahl, sobald sie über dem Pavillon erscheint, ebenfalls in großen Lettern sichtbar wird. Die Zahl geht aber auch von Mund zu Munde und wenn – wie in unserem Fall es die 57 bewirkt – ihr Erscheinen die Meldung eines Gewinns herbeiführt, entsteht eine allgemeine Bewegung. Der Gewinner meldet sich unter dem Beifall seiner Umgebung, er besteigt einen Stuhl und begleitet sein lautes Rufen mit heftigen Armbewegungen; fällt die Gunst Fortunens, wie auf unserm Bild, einer Dame zu, so kann sie sicher auf ritterliche Unterstützung zählen. Ein bengalisches Flammensignal zeigt dem Publikum weithin das Ereignis an. Mit Zurufen aller Art begleitet man den Gang des Glücklichen zur Kasse; aber stellt sich dann heraus, daß er sich geirrt und das Spiel unnötig aufgehalten hat, muß er unter Zischen und Pfeifen seinen schleunigen Rückzug antreten.

Es wird eine Quaterne, eine Quinterne und die „Tombola“ ausgespielt, d. h. wer zuerst von den fünf Zahlen einer Reihe vier hat streichen können, bei wem zuerst sämtliche Zahlen einer Reihe heraus sind, und schließlich derjenige, auf dessen Los alle Nummern beider Reihen gezogen sind, erhält einen der drei Preise; 300, 400 und 1000 Lire sind für dieselben ein vielfach üblicher Satz. Das Ausspielen derselben nimmt oft mehrere Stunden in Anspruch. Je weiter die Zeit vorrückt, je mehr sich die Spannung auf den Hauptgewinn hinausdehnt, um so lebhafter, erregter wird die Stimmung. Ueberall lärmt es fröhlich durcheinander. Durch die erwartungsvolle Menge schieben sich Händler und bieten ihre Waren feil, Kellner winden sich mit ihren Brettern voll Kaffeeschalen, Bierkelchen und Eisgläsern durch die Tischreihen, Blumenmädchen und kleine Buben drängen sich an die Fremden auf der Jagd nach dem „Soldo“, an den Tischen selbst amüsieren sich schöne Damen und modisch gekleidete Herren – das ist ein Bild so echt italienischen Lebens, daß niemand es vergißt, der es jemals gesehen hat!


Die „Gesellschaft der Waisenfreunde“, über deren segenbringende Wirksamkeit die „Gartenlaube“ schon wiederholt berichten konnte, giebt auch in ihrem neuesten Jahresbericht erfreuliche Auskunft über das Gedeihen ihrer Bestrebungen. Die schöne Aufgabe, die sie sich gestellt, für versorgungsbedürftige Waisenkinder liebevolle Aufnahme in Familien an Kindesstatt, für Ehepaare, die des Kindersegens entbehren, aber beglückenden Ersatz zu vermitteln, hat auch im letzten Jahre in einer Reihe von Fällen durchaus befriedigende Verwirklichung gefunden. Zwei von den neu versorgten Kindern wurden noch in der Woche vor Weihnachten, „gleichsam als Christkindchens Gabe und selbst als Christkindchen“, ihrem neuen Heim übergeben. Eins davon, ein Mädchen, kam in eine Familie, die bereits vor 31/2 Jahren einen kleinen Knaben angenommen hatte, der so gediehen war, daß bei den Eitern der Wunsch nach einem Töchterchen rege wurde. Die betreffende Famlie ist die dritte, die ein zweites, bzw. ein drittes Kind annahm, während zwei Familien in früherer Zeit bereits Geschwisterpärchen angenommen hatten. Der Geschäftsführer des Vereins, Herr Schuldirektor Mehner in Burgstädt, läßt es sich angelegen sein, sowohl durch die mit den Adoptiveltern geführte Korrespondenz als durch persönlichen Besuch, mit den versorgten Kindern immer in Fühlung zu bleiben. Er weiß im einzelnen von geradezu wunderbaren Erfolgen zu berichten, welche die Verpflanzung aus Elend und Elternlosigkeit in ein von Elternliebe umhegtes Heim in Bezug auf die körperliche und geistige Fortentwicklung der Kleinen auch neuerdings wieder zur Folge gehabt hat. Wir können daher nicht dringend genug allen, die von unversorgten Waisenkindern erfahren, den Verein und seine Bestrebungen empfehlen; zu unserem Erstaunen hebt der neue Jahresbericht hervor, daß dem Verein und seinem Geschäftsführer verhältnismäßig nur wenig Anmeldungen und Mitteilungen über versorgungsbedürftige Waisenkinder zugehen. Die Thätigkeit der „Gesellschaft der Waisenfreunde“, deren Vorsitzender, Dr. Philipp Fiedler, in Leipzig wohnt, erstreckt sich über ganz Deutschland.


Turnlehrerinnen-Prüfung in Breslau. In Ergänzung der Ausführungen von Frau Loeper-Housselle in dem Aufsatz „Die Lehrerin in Deutschland“ („Vor der Berufswahl“) in Nr. 4 des laufenden Jahrgangs wird uns aus Breslau von Hedwig Knittel, der Vorsteherin der B. Lindnerschen höheren Mädchenschule, zu welcher ein Lehrerinnenseminar gehört, mitgeteilt: „Seit 1889 besteht auch in Breslau eine Prüfungskommission für Turnlehrerinnen, welche in dem genannten Jahre im Oktober zusammentrat, seit 1890 jedoch im Frühjahre ihre Prüfung abhält. Die Unterzeichnete wurde von dem Vorsitzeudeu der Kommission, Herrn Geheimrat Eismann, zur Gründung eines Turnkursus, in welchem Turnlehrerinnen praktisch und theoretisch ausgebildet werden, veranlaßt. Ungefähr 130 staatlich geprüfte Turnlehrerinnen sind bisher aus dieser Anstalt hervorgegangen. Der Kursus beginnt gewöhnlich im November und endet nach der Prüfung. In diesem Jahre findet die Prüfung Ende März statt.“

Der schwarze Mann. (Zu dem Bilde S. 161.) Ein jeder Stand hat seine Plage; doch kaum bei einem andern ist die Mühsal des Berufs mit einem Martyrium so tragikomischer Art verknüpft wie bei dem Schornsteinfeger. Es sind meist gar gutmütige treuherzige Leute, die der Reinhaltung unserer Kamine sich widmen; aber das Herz mag noch so bieder hinter dem schwarzen Hemd schlagen und die Augen mögen noch so freundlich aus dem berußten Antlitz hervorblicken, für die Mehrzahl der Kleinen im ersten Alter ist ihr Anblick ein Gegenstand des Schreckens. Verbündet sich ja gar zu leicht die Thorheit und Bequemlichkeit der Mägde mit der Neigung der Kinder zur Furcht; halten es ja nicht selten auch Mütter für angebracht, mit der Furcht vor dem „schwarzen Mann“ das kleine Volk, wenn es nicht folgen will, zur Ruhe zu bringen. Vernünftiger Muttersinn aber weiß es besser. Ein gesundes Herz, wie es die junge Bauernfrau auf unserem Bilde hat, fühlt’s ohne Nachdenken heraus, daß aus einem furchtsamen Buben später nur schwer ein ordentlicher Mann wird. Gerade die Anwesenheit des „schwarzen Mannes“ benutzt sie, um ihrem geängsteten Stammhalter die dumme Furcht abzugewöhnen. Noch sträubt er sich, aber bald wird er erkennen, daß der Gefürchtete trotz seiner Schwärze ein ganz lieber Mann ist, und ihm die Hand reichen. Die kleine Schwester ist ihm schon auf halbem Wege mit gutem Beispiel vorangegangen. Das ist der Trost des Schornsteinfegers – schließlich wirkt er denn doch als Erzieher zum Mutigsein!


Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Fräulein E. R. in Dresden. Gerade für Gesuche dieser Art ist vor einigen Monaten die besondere Abteilung „Kleiner Vermittler“ im Anzeigenteile der „Gartenlaube“ eingerichtet worden. Allen denen, die eine Stelle als Stütze der Hausfrau, Bonne, Gouvernante, Lehrer, Erzieher etc. suchen, welche Schulen, Pensionen und andere Unterkunftsgelegenheiten von bestimmter Art nachgewiesen haben oder anzeigen möchten, gewährt die neue Einrichtung eine beträchtliche Ermäßigung der Anzeigengebühren. Anderseits setzt der „Kleine Vermittler“ unsere Leser in die Lage, alle derartigen Anzeigen an einem bestimmten Platze in übersichtlicher Anordnung finden zu können. Er bewährt sich schon jetzt als ein vielbenutztes und allgemein beachtetes Centralorgan für Angebot und Nachfrage auf diesen Gebieten. – Anzeigen für diesen „Kleinen Vermittler“ sind nicht an die Redaktion oder Verlagshandlung der „Gartenlaube“, sondern an Herrn Rudolf Mosse in Berlin und an dessen in zahlreichen größeren Städten bestehende Agenturen zu senden.

P. S. 19 in Prag. Wir bitten um Angabe Ihrer vollständigen Adresse.

Musiklehrer in Graz. Ein für Ihre Zwecke gut geeignetes und durch die eben erschienene vierte Aufläge auf den neuesten Stand der Dinge gebrachtes musikalisches Nachschlagewerk ist Riemanns Musiklexikon (Leipzig, Max Hesse). Wir haben bei vielfacher Benutzung des Buches den Eindruck gewonnen, daß es zuverlässig und – an gerechten Anforderungen gemessen – auch vollständig ist.


Inhalt: Echt. Erzählung von R. Artaria (2. Fortsetzung). S. 149. – Die Einweihung des Wißmann-Denkmals in Bagamoyo. Bild. S. 149. – Die Tombola auf dem Markusplatze in Venedig. Bild. S. 153. – Vater Schmidt in Wolgast und seine Kameraden. Die letzten Kämpfer von 1813/15. Von Paul Holzhausen-Bonn S. 154. Mit den Bildnissen S. 157. – Phänologische Jahreszeiten. S. 158. – Loni. Erzählung von Anton von Perfall (Schluß). S. 158. – Der schwarze Mann. Bild. S. 161. – Blätter und Blüten: Das Wißmann-Denkmal in Bagamoyo. S. 163. (Zu dem Bilde S. 149.) – Tombola auf dem Markusplatz in Venedig. S. 164. (Zu dem Bilde S. 153.) – Die „Gesellschaft der Waisenfreunde“. S. 164. – Turnlehrerinnen–Prüfung in Breslau. S. 164. – Der schwarze Mann. S. 164. (Zu dem Bilde S. 161 ) – Kleiner Briefkasten. S. 164.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_164.jpg&oldid=- (Version vom 17.7.2023)
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