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Seite:Die Gartenlaube (1895) 646.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)


zum Vesperimbiß zusammen. Auch der Fischer mit den Seinen mußte an der Tafel Platz nehmen.

Das Ausnehmen am Morgen.

Die Unterhaltung drehte sich natürlich um Fischerei und da der Müllerandres für den Rest des Tages nicht wohl mehr eine andere Beschäftigung in Angriff nehmen konnte, beschloß man, auf den Abend auch noch die andere Art des Forellenfanges praktisch kennenzulernen, die Fischerei mit Reusen oder Legnetzen. Diese Reusen sind länglich runde, um Reifen maschig geflochtene Körbe und so eingerichtet, daß die Fische durch die große Mündung hinein, aber nicht wieder heraus können, sie werden entweder durch Pfähle festgehalten oder durch Steine beschwert, an den geeigneten Stellen im Wasser versenkt. Meistens sind sie aus Holzreifen und Garn, manchmal aber auch aus Draht und Weiden hergestellt. Das Auslegen derselben geschieht bei Eintritt der Dunkelheit, da die Forellen im Sommer bei Nacht den Bach aufwärts wandern.


Nach der Verabredung mit dem Fischer sollten heute an zwei Stellen solche Reusen ausgelegt werden, und zwar im Prozeßbächle, hinten im Zinken Holdersbach, und dann im Wolfbach, unmittelbar bei der untern Mühle. Letzteres war der nähere Platz, und dahin begab sich auch die Gesellschaft vor Anbruch der Dämmerung. Ganz wie zufällig hatte sich auch der Fischer von Seebach eingefunden, und jetzt konnte es nicht fehlen, denn der „Seebenfischer“ gilt in der Fischerzunft für eine Autorität, deren Rat selbst der Müllerandres nicht zu verachten pflegt.

An Ort und Stelle wurde nun unter des Seebenfischers Anleitung zunächst mittels der verfügbaren Steine quer durch den Bach eine Art Damm hergestellt, in dem man aber einige Lücken ließ, durch welche die wandernden Fische den Oberlauf passieren könnten. Gerade bei diesen Lücken aber versenkten dann die Fischer die Reusen als Fallen für die Forellen, die beim Aufwärtsschwimmen dem Fischer nun geradeswegs ins Netz gehen mußten.

„Aber das ist doch gar zu hinterlistig, wie den lieben armen Tierchen da mitgespielt wird,“ meinte mitleidig Fräulein Ella.

„Ja, Fräulein Mamsell,“ entgegnete jedoch der weniger empfindsame Müllerandres, „deswegen sind’s halt Fisch!“

„Und wie lange bleiben diese Reusen eigentlich hier liegen?“ fragte Meta.

„Bis vor Tagesanbruch,“ antwortete der Seebenfischer; „dann nimmt man die Gefangenen heraus und legt die Reusen in entgegengesetzter Richtung wieder an dieselben Stellen, damit auch von den bachabwärts wandernden Forellen wiederum ein Teil uns zur Beute werde.“

Das Legen der Netze am Abend.

„Bei solchem Raubsystem muß doch natürlicherweise eine starke Abnahme des Fischbestandes eintreten,“ bemerkte Mister Macdonald, indem er rückhaltlos seine Mißbilligung zu erkennen gab.

„Dies ist durchaus nicht der Fall,“ entgegnete der Seebenfischer, „einmal vermehren sich die Forellen ohnedies sehr stark, sodann ist jeder Fischpächter gesetzlich angehalten, alljährlich einige tausend Brütlinge auf seiner Strecke einzusetzen, von denen freilich eine namhafte Anzahl den größeren zur Nahrung dient, denn die Forelle ist eben ein Raubfisch. Uebrigens währt die Forellenfischerei auch nicht das ganze Jahr über, sondern es besteht eine dreimonatige Schonzeit, vom 10. Oktober bis 10. Januar, während welcher Forellen weder gefangen noch feilgeboten werden dürfen.“

Eher als die Zuschauer erwartet hatten, waren die Fischer mit dem Auslegen der Reusen fertig geworden. Von einem weiteren Besuch am Holdersbach wurde für heute Abstand genommen.

Das Einbringen der nächtlicherweile gefangenen Fische besorgten andern Tags zu früher Morgenstunde der Müllerandres und sein Sohn allein.

Es ist dies immer ein Kapitalvergnügen für den Toni, zumal wenn der Fang gut ausgefallen ist.

Behutsam wird dann eine Reuse nach der andern aus dem Wasser gehoben und die gefangenen Fische werden durch ein im Bauche des Korbes befindliches Thürchen herausgenommen. Hat der Fischer einen größern Austrag auszuführen, so legt er, wie bereits angedeutet, die Reusen an die andere Seite der Durchlaßstellen des Dammes, um auch von den bei Tag bachabwärts wandernden Fischen sich ebenfalls seinen Teil zu holen.

Die Kurgäste im „Ochsen“ saßen noch beim Frühstück, als Lisbeth die mit den Reusen eingefangenen Forellen herbeibrachte und sofort im Fischweiher den Tags zuvor gefangenen beigesellte.

Neugierig drängte man sich hinzu, um sich, wie unser Bild S. 629 zeigt, an dem Geplätscher der behenden Tiere zu erfreuen. Da erscholl Peitschenknall von der Thalstraße her. Ein leichtes Gefährt mit einem großen Faß kam vom Dorfe herunter und hielt unmittelbar vor des Ochsenwirts Brunnen.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 646. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_646.jpg&oldid=- (Version vom 31.12.2022)
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