Verschiedene: Die Gartenlaube (1895) | |
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mit in Anrechnung gebracht wird, steht sie sich nicht schlechter als die weiblichen Hilfskräfte in Läden und Gewerbsbetrieben, das Leben in der Familie aber mit seinen wechselnden Beschäftigungen ist gesünder als jene Thätigkeiten und, im Fall gegenseitiger Zufriedenheit, menschlich angenehmer.
Es fehlt heute, trotz der entschieden verminderten Arbeitslust, noch nicht an einfach-tüchtigen Menschen, allein es sollen ihrer auf allen Gebieten unseres Lebens wieder viel, viel mehr werden! Und so mögen denn die jungen künftigen „Stützen“ vor allem nach einer zweifellosen Tüchtigkeit trachten, dann wird es ihnen nicht am guten Fortkommen und nicht an der inneren Zufriedenheit fehlen, welche
der Lohn jeder treu erfüllten Pflicht ist! R. Artaria.
Blätter & Blüten.
Bitte um Fahrstühle. Die meisten unserer Leser werden die schönen
Sommertage benutzt haben, soweit es ihre Berufsgeschäfte und Pflichten
erlaubten, sich in Gottes freier Natur zu ergehen. Und wer schlecht zu
Fuße war, der hat sich hinausfahren lassen in Wald und Feld, um die
Luft zu genießen. Aber allen ward es nicht so wohl. Es giebt viele
Kranke, die nicht gehen und ihrer Armut wegen auch nicht fahren können,
die den heißen Sommer in verdorbener Stubenluft zubringen mußten
und auch keine Aussicht haben, in den paar sonnigen Tagen, die der
Winter bringt, einmal ins Freie hinauszukommen. Und wie leicht könnte
diesen nach Luft schmachtenden Unglücklichen oft aus allernächster Nähe
geholfen werden!
In manchem Hause steht ein unbenutzter Fahrstuhl auf dem Boden oder sonstwo herum, dessen Besitz es diesen Armen erwöglichte, in die frische Luft zu gelangen, wodurch ihr trauriges Los ihnen erleichtert, ihr Gesundheitszustand gebessert würde. Wenn doch jeder, der schon einmal durch Krankheit an dem Gebrauch seiner Glieder behindert war und dabei die Wohlthat, einen Fahrstuhl zu besitzen, kennengelernt hat, aus Dankbarkeit für die wiedererlangte Gesundheit das alte Gefährt drangeben und einen leidenden Mitmenschen damit glücklich machen wollte! Seit vielen Jahren bittet die „Gartenlaube“ um diese unbenutzt stehenden Fahrstühle, um sie unbemittelten Kranken zur Verfügung zu stellen. Und ihr Bitten ist gottlob nicht ungehört verklungen. Wir konnten dank der Opferfreudigkeit unserer Leser so manchem Schwergeprüften die Freude bereiten, nun wenigstens zeitweilig seinem Schmerzenslager entrinnen zu können. In Nachstehendem teilen wir einige Fälle mit, aus denen so recht der Segen spricht, den die edlen Geber mit ihrem Geschenk bewirkt haben.
Ein am ganzen Körper gelähmtes junges Mädchen, dessen Krankenbett nicht weit von der Wiege des sächsischen Fürstenhauses, in Wettin, steht, war seit 9 Jahren nicht aus ihren vier Wänden herausgekommen. Ueber das Glück, welches ein von uns dorthin gesandter Fahrstuhl bereitete, wird uns von einem Augenzeugen geschrieben: „Was will meine Freude gegen das unaussprechlich große Glück sagen, von welchem dieses arme Mädchen beseelt wurde, als ich ihr den Stuhl übermittelte. Der Freudenausbruch erreichte einen Höhepunkt, der durch die schwache Feder schwer wiederzugeben ist. Dieser selige Augenblick, den ich hier in dem kleinen niedrigen Stübchen der schwer heimgesuchten Kranken erlebt habe, wird mir während meines ganzen Lebens unvergeßlich bleiben.“
Eine kränkliche Waschfrau in Witten a. d. Ruhr hat mit ihrer Hände Arbelt drei Kinder zu ernähren. Zwei von ihnen sind seit ihrer Geburt verwachsen und gelähmt, das jüngere außerdem blödsinnig. Diese unglücklichen Geschöpfe mußten noch in ihrem 11. bezw. 15. Jahre von ihrer Mutter im Kinderwagen gefahren werden. Auch hier brachte der zur Stelle geschaffte Fahrstuhl die langersehnte Hilfe.
Indem wir einer kleinen Gemeinde in der Nähe Bremerhavens einen Fahrstuhl überwiesen, wurde 7 armen Ortsangehörigen zugleich geholfen. Der Pastor des Orts hat die Sache in die Hand genommen und überläßt nun den Kranken das Fahrzeug zeitweise und abwechselnd zum Gebrauch.
Auch einem deutschen Kriegsmanne, der im großen Feldzuge vor 25 Jahren siegreich für sein Vaterland stritt und dabei seine Gesundheit einbüßte, konnten wir erfreulicherweise zu einem Fahrstuhl verhelfen. Der Arme, welcher durch die „monatelangen naßkalten Bivouacs vor Metz“ und die darauffolgenden Strapazen der Wintercampagne gänzlich gelähmt, dabei auf einem Auge erblindet, auf dem andern infolge der Lähmung schwachsichtig ist, dankt in rührendsten Worten für das große Glück, das ihm bei seinem „furchtbaren Leiden“ durch Ueberlassung des Fahrstuhls widerfahren sei.
Und nun mit dem Dank für alle Geber zugleich die erneute herzliche
Bitte an die Leser und Freunde der „Gartenlaube“, an diesem segensreichen
Wohlthun sich auch fernerhin freudig zu beteiligen! Noch ist so manche
Thräne zu trocknen, so mancher Seufzer zu stillen. Und darum sind uns
Anerbietungen von gebrauchten aber noch guten Fahrstühlen
und Geldspenden zur Anschaffung solcher jederzeit willkommen.
Die Redaktion.
Das Simson-Wappen der Universität Helmstädt. Die studentische Bezeichnung aller Nichtstudenten als „Philister“ findet im „Büchmann“ verschiedene Erklärung. Nach einem Jenenser Chronisten soll der Brauch infolge einer Leichenrede aufgekommen sein, die im 17. Jahrhundert ein Geistlicher in Jena am Grabe eines Studenten gehalten hat, der in einem Streit zwischen Studenten und Bürgern erschlagen worden war. Die Stelle aus dem „Buch der Richter“ „Philister über Dir, Simson!“ habe der Rede als Text gedient. Eine andere und wohl die wahrscheinlichere Erklärung führt den Ursprung der Redensart auf die alte Universität Helmstädt zurück, welche den mit dem Löwen kämpfenden Simson im Wappen führte. Alle Häuser daselbst, welche in irgend einer Beziehung zur Universität standen, waren, wie das Universitätsgebäude selbst, mit diesem Wappen geschmückt, das in dem starken Helden, der dem Löwen den Rachen aufreißt, die Wissenschaft symbolisierte. Die Helmstädter Studenten hätten sich nach diesem Wappen als „Söhne Simsons“ bezeichnet, und im Gegensatz dazu sei die Bezeichnung „Philister“ für die nichtakademischen Bürger aufgekommen. Dieses Wappen, wie es über dem Hauptportal des Helmstädter Universitätsgebäudes zur Darstellung gelangte, wo es noch heute zu sehen ist, veranschaulicht unsere Abbildung. Hat auch ein Machtwort Napoleons I. schon 1809 die alte braunschweigische Stadt des akademischen Charakters beraubt, der ihr im 16. Jahrhundert verliehen worden war, so stehen doch die Gebäude noch als Zeichen ihrer einstigen Blüte und Bedeutung als alma mater. Dieselben haben neuerdings ihrer kultur- und kunstgeschichtlichen Bedeutung wegen eine vollständige Restauration erfahren. Der Universitätsbau wurde 1593 bis 1612 aufgeführt, seine Innenräume wurden nach Oxforder Muster angelegt und waren in der Zeit der Blüte der Universität im 17. Jahrhundert als die schönsten ihrer Art in Deutschland geschätzt. Der Grundriß bildet ein 90 Meter langes und 361/2 Meter breites Viereck, das den Kollegienhof umschließt. Das Hauptgebäude ist in der Mitte mit einem schlanken Treppenturm und an den Seiten mit zwei Renaissancegiebeln geziert und hat hohe breite mit Maßwerk eingerahmte Fenster. Ein besonders hervorragender Schmuck für den ganzen Hof sind die herrlichen in rein deutscher Renaissance ausgeführten Portale, von denen vor allem der Haupteingang, der direkt in die große Aula führte, als ein Meisterwerk gelten kann, das den Steinarbeiten am Heidelberger Schlosse wenig nachsteht. Die Ornamentik über dem Thor umgiebt das Simson-Wappen, dessen Ansicht wir nach einer photographischen Aufnahme wiedergeben.
Wettfahren von Gardepionieren in selbstgefertigten Fahrzeugen. (Zu dem Bilde S. 665.) Das Wasser hat bekanntlich keine Balken; um aber größere und kleinere Flußläufe dennoch jederzeit rasch für Truppen überschreitbar zu machen, dafür sind die Pontoniere da. Sie schlagen Brücken
Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 667. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_667.jpg&oldid=- (Version vom 20.7.2023)