verschiedene: Die Gartenlaube (1895) | |
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schon eine sehr gesunde Maßregel – sondern sie waschen, geradeso wie Hemden und Strümpfe. Aber wie unsere Kleider nun einmal sind, geht das nur in Ausnahmefällen. Nur teure, gute Stoffe vertragen das Waschen, und die gebräuchlichen Kleiderformen sind auch nur wenig geeignet dafür. Was also thun? Daß die Befreiung von den Ausatmungsstoffen unseres Körpers eine der wichtigsten Aufgaben der Gesundheitspflege ist, daran zweifelt man ja heutzutage nicht mehr. Dieselbe wird nun durch Lüftung gefördert, und zwar nicht nur durch Lüftung der Zimmer und Lüftung des ganzen Menschen draußen im Freien, sondern auch – Lüftung der Kleider. Das ist es, was wir thun können, um den bisher unbeachteten Uebelthäter möglichst unschädlich zu machen. Man pflegt die Kleider, wenn man sich ihrer entledigt hat, rasch in den Schränken zu verwahren, und gerade in den musterhaften Wirtschaften geschieht dies sofort, nur in den leichtsinnigeren bleiben sie auf Betten, Stühlen und Tischen kürzere oder längere Zeit liegen. Thun wir nun weder das eine noch das andere, sondern hängen wir unsere Garderobe so lange und so gut, als es die Verhältnisse erlauben, an die Luft! Wer ein Gärtchen oder einen Hofraum zur Verfügung hat, wird am besten dran sein. Andere haben einen Balkon oder ein Kämmerchen, in dem sich ein beständiger Luftzug herstellen läßt. Wer aber gar nichts von dem hat, der hat doch ein Fenster, kann einen Stuhl davor stellen und darauf seiner Toilette ein paar Stunden lang frische Luft gönnen. E. Peschkau.
Die letzte Runde im alten Jahr. (Zu dem Bilde S. 877.) Heut’ am Silvesterabend haben sich die drei Freunde, die seit Jahren gewohnt sind, den Dienstagabend an ihrem Stammtisch bei einem „Spielchen“ zu verbringen, in der Wohnung des einen zusammengefunden, der in der Kunst des Bowlebrauens den andern als Meister gilt. Und der Justizrat versteht’s, es den Gästen bei sich behaglich zu machen. Da ist’s doch gemütlicher als im großen Wirtszimmer, das am Abend vor Neujahr nur wenig Besucher sieht und in seiner Oede dann gar unheimlich an die Schattenseiten des Junggesellentums mahnt. Der Jahreswechsel hat ohnedies die unangenehme Eigenschaft, den Geist zu allerhand Erinnerungen und Berachtungen anzuregen, welche die Seele wehmütig stimmen, an frühere Zeiten zu mahnen, da man den festlichen Abend in frohem Familienkreise verbrachte und sich die Zukunft so ganz anders ausmalte, als sie sich nun – trotz aller Erfolge in Amt und Würden – gestaltet hat. Um solche Gedanken zu bannen, ist der Skat ein erprobtes Zaubermittel. Der verlangt Aufmerksamkeit, weckt Frohsinn und Heiterkeit, hält die Geister in Spannung. Aber bei der letzten „Runde“ vor dem Glockenschlag Zwölf beschleicht die Bedeutung der Stunde nun doch die drei standhaften Junggesellen. Und den Justizrat, der die Bowlengläser am nächsten Tisch in den Pausen fleißig gefüllt hat, überkommt auf einmal mit dem Gefühl, daß er der Jüngste im Bunde, der Geist der Neckerei und ganz keck schlägt er den Partnern vor: „Jetzt gilt’s, wer in der Runde gewinnt, heiratet im nächsten Jahr!“ Er lächelt dabei verschmitzt, als fände er dies Geschick gar nicht so übel. Die andern aber protestieren lebhaft. Doch schließlich ergeben sie sich drein und spielen nun voll Eifers, zum erstenmal in ihrem Leben von dem Wunsche beseelt, zu – verlieren!
Entdeckung von hundert Ruinenstädten. Die Halbinsel Yucatan war einst der Sitz einer blühenden altamerikanischen Kultur. Noch heute zeugen gewaltige Ruinen von der Fülle und Macht des Volkslebens, das sich hier entfaltet hatte. In einem der früheren Jahrgänge der „Gartenlaube“ (1892, S. 704) haben wir von dem rätselhaften Volke der Maya berichtet und dargethan, wie vieles noch auf diesem Gebiete nachgeforscht werden muß. Einen großen Erfolg hat neuerdings in dieser Hinsicht ein Deutscher, Teobert Maler, errungen. Er hatte früher als Hauptmann in Diensten des Kaisers Maximilian Land und Leute in Mexiko kennengelernt und widmete sich nach dem Sturze des mexikanischen Kaiserreichs geographischen und altertumsgeschichtlichen Studien. In dem letzten Jahrzehnt wählte er die Halbinsel Yucatan zum Schauplatz seiner Thätigkeit. Dieselbe war durchaus kein leichtes und gefahrloses Beginnen; denn in jenen Grenzgebieten der spanisch-mexikanischen und der mayanischen Republiken, die durch Wüsteneien voneinander getrennt sind, herrschen noch eigenartige Zustände. Ein Fremder, der dort das Land näher kennenlernen will, wird von der spanischen Bevölkerung mit Mißtrauen angesehen, und gelangt er zu den freien Maya, so vermuten diese in ihm einen Spion der mexikanischen Regierung und wollen ihn umbringen. Alle diese Schwierigkeiten wußte Teobert Maler zu überwinden. Gleich im Anbeginn seiner Expedition im Jahre 1886 beschloß er, sein Quartier an irgend einem geeigneten Punkte aufzuschlagen und dann strahlenförmig nach allen Richtungen hin, wo ihm die Indier von einer Ruine Kunde gegeben, kleine Ausflüge zu machen; erst, wenn alles in weitem Umkreise erforscht war, verlegte er sein Hauptquartier nach einem anderen Orte. Der Erfolg, den Teobert Maler im Laufe der Jahre errang, ist in der That ein außerordentlicher. Er hat mindestens hundert bisher gänzlich unbekannt gebliebene Ruinenstädte entdeckt und durchforscht. Einen besondern Wert erhalten aber seine Arbeiten dadurch, daß es ihm gelungen ist, eine große Anzahl ausgezeichneter photographischer Aufnahmen zu machen. Die vortreffliche geographische Zeitschrift „Globus“ (Verlag von Friedr. Vieweg u. Sohn in Braunschweig) hat in Nr. 16 und 18 des laufenden Jahrgangs einen mit Illustrationen geschmückten Bericht über die verdienstvollen Arbeiten Malers gebracht. *
Hochzeit im Felde. (Zu dem Bilde S. 880 und 881.) Wie beredt schildert diese Feier vor dem aus Trommeln und Fahnen in der Eile hergerichteten Feldaltar den Jammer des großen deutschen Krieges! Nicht soviel Zeit, als ein fröhliches Hochzeitsfest im Kreis der Verwandten erfordert, kann sich der wackere Obrist gönnen, er bleibt in seinem Felddienst und muß froh sein, daß die Kriegswoge ihn soweit südwärts verschlagen hat, um die ihm seit Jahren Angelobte zur Trauung ins Lager herüberholen zu lassen. Aber so ernst die Stimmung dieser festlichen Versammlung auch ist, der Zauber inniger Beseligung verklärt doch das Gesicht der neben dem treuen Geliebten knieenden jungen Braut. Und muß sie auch, nach kurzen Rasttagen im Lager an der Seite des ihr endlich Angetrauten, mit den Angehörigen wieder heim auf die väterliche Burg, das Glück, ihm anzugehören, nimmt sie mit in die Einsamkeit und die feste Zuversicht, daß der lange Krieg doch ein Ende finden und der Friede ihr den Gatten wieder heil und glücklich in die Arme zurückführen wird. Tiefernst und ergriffen kniet das Brautpaar vor dem guten Pater, der sich bemüht, ihm durch doppelt warme Segenswünsche den Blick in die Zukunft zu lichten; der Ernst der Stunde beherrscht auch die Züge der Angehörigen und Freunde, die im Kreis dahinterstehen.
Neujahrsgruß auf der Landstraße. (Zu dem Bilde S. 889.) Wie das schneit! Wie geschäftig eilen die Flocken am Sylvestertage über Berg und Thal. Es ist, als ob der Wettergeist des alten Jahres den Menschen zeigen wollte, was er kann. Und ehe der kurze Tag sich zum Abend neigt, hat er sein Werk vollbracht. Verschneit ist Weg und Steg; verweht sind die Schienenstränge; der Verkehr ruht. Da hat das Wetter den Menschen einen Strich durch die Rechnung gemacht; was noch im alten Jahre erreicht werden sollte, es liegt unerreichbar da. Auf zahllosen Stationen liegen die vielen Passagiere und müssen in Wartesälen die Sylvesternacht feiern – so fernab von den Lieben und bei einem mitunter so fraglichen Punsch! Erst am Morgen des Neujahrstages naht die Erlösung in Gestalt der alten gelben Postkutsche. Lustig klingt das Schellengeläute, fröhlich schmettert das Posthorn und in alter Väter Weise sucht im neuesten Jahre der moderne Mensch sein Ziel zu erreichen. Und drüben aus dem Thal klingt ein anderes Horn herüber, da kommt ein anderer Postschlitten, und als die beiden Kutschen sich kreuzen, halten die „Schwäger“ und tauschen Neujahrsgrüße aus. Sie scherzen über den Schneefall und verspotten das Dampfroß, das in einem bißchen Schnee nicht vorwärts kann. Die alte Post wird als Retterin in der Not gepriesen.
„Hat’s gut angefangen, das Jahr?“ fragt der eine Postillon.
„Umsonst hab’ ich nicht zu blasen brauchen,“ erwiderte der andere mit einem behaglichen Blick auf die freundliche Reisegefährtin, die seinen Sitz auf dem Bock teilt.
„Ich auch nicht,“ versicherte der andere. „Die haben ordentlich in die Taschen gegriffen!“ und weist mit einem Kopfnicken auf seine Passagiere hin. „Prost Neujahr, Schwager! Hoiho!“ *
Inhalt: Die Lampe der Psyche. Roman von Ida Boy-Ed (Schluß). S. 877. – Die letzte Runde im alten Jahr. Bild. S. 877. – Hochzeit im Felde. Bild. S. 880 und 881. – Sylvesterlärm. Skizzen von Erich Falk. S. 884. Mit Illustrationen S. 884 und 885. – Karl Thiessens Brautfahrt. Eine Heiratsgeschichte von Hans Arnold (Schluß). S. 886. – Neujahrsgruß auf der Landstraße. Bild. S. 889. – Modefarben. Plauderei von R. Braun. S. 890. – Blätter und Blüten: Ein unbeachteter Uebelthäter. Von E. Peschkau. S. 891. – Die letzte Runde im alten Jahr. S. 892. (Zu dem Bilde S. 877.) – Entdeckung von hundert Ruinenstädten. S. 892. – Hochzeit im Felde. S. 892. (Zu dem Bilde S. 880 und 881.) – Neujahrsgruß auf der Landstraße. S. 892. (Zu dem Bilde S. 889.) – Prosit Neujahr! Bild. S. 892.
verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil's Nachfolger, 1895, Seite 892. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_892.jpg&oldid=- (Version vom 22.7.2023)