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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0148.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Brücke, die weder Pfeiler noch Spannwerk besitzt, verkehren seit Jahren Personen- und Güterzüge jeden Kalibers. – Ein Gegenstück zu diesem technischen Saltomortale des „wilden Westens“ besitzt der Osten des Landes in einer Drahtseilbahn, welche die Stadt Knoxville (Tennessee) über den Spiegel des Tennessee-Stroms hinweg mit dem gegenüberliegenden Ufer verbindet. Das letztere ist flach, während die Stadt selbst auf einer Höhe von mehr als 100 m über dem Fluß liegt. Der Fährendienst ist unbequem und zeitraubend, zumal er für die Passanten ein beständiges Auf- und Abklettern an dem Steilufer erfordert. Eine Brücke hätte denselben Uebelstand mit sich gebracht und war auch zu teuer. Man entschloß sich also zur Ueberspannung des 300 m breiten Stromes durch eine Drahtseilbahn, deren mehr als zolldicke Kabel diesseits oben auf dem Steilufer, jenseits unten am Strande verankert sind. An ihr gleitet eine Art von Pferdebahnwagen, der 16 Passagiere faßt, von Knoxville aus in rasender Geschwindigkeit hinab, – er legt die Fahrt in 30 Sekunden zurück, – um dann durch Dampfmaschinen in 3½ Minuten wieder hinauf gezogen zu werden. Die Passagiere schauen also, zum Teil von den offenen Plattformen, einen Augenblick aus Kirchturmhöhe auf den Strom hinab, um dann hinunter und gleichzeitig vorwärts zu sausen und in der Mitte der schwindelnden Fahrt an schwankenden Seilen 60 m über dem Strom zu schweben. Die außerordentliche Festigkeit der Drahtseile, die auch das fünfzigfache des daranhängenden Gewichtes noch tragen würden, hat bis jetzt neben den vorzüglichen Bremsvorrichtungen jeden Unfall verhütet. Bw.     

Ein „Lacherfolg“. (Zu dem Bilde S. 137.) Wenn ein Humorist, ein Lustspiel- und Possendichter mit einer Neuigkeit vor sein Publikum tritt, so sind die heiteren Mienen und das fröhliche Lachen seiner Leser und Zuschauer die erwünschte Quittung für den guten Erfolg. Anders aber liegt die Sache, wenn tragische oder sentimentale Gedanken und Gefühlsäußerungen das hervorrufen, was man boshafterweise einen „Lacherfolg“ nennt. In diesem fatalen Falle ist offenbar der Schreiber des Briefes, welchen die vorderste der vier übermütigen Evatöchter auf unserm Bilde in der Hand hält. Die kaum versteckte Heiterkeit der Vorleserin und die ganz unverblümte der Zuhörerinnen lassen keinen Zweifel darüber, daß der Verfasser des Liebesbriefes an die unrechte Adresse geraten ist und zu der schweren Enttäuschung auch noch den Spott zu tragen hat.

Der Heilstoff der Schilddrüse. Vor längerer Zeit (vgl. „Gartenlaube“, Jahrgang 1894, S. 654) brachten wir in dem Artikel „Tierische Organsäfte als Heilmittel“ einige Mitteilungen über die Verwendung der Schilddrüse gegen verschiedene Krankheiten. Der dabei wirksame Stoff der Schilddrüse scheint nunmehr von Prof. E. Baumann in Freiburg entdeckt worden zu sein. Derselbe hat aus der Hammeldrüse eine organische Substanz hergestellt, die sich nach Versuchen seines Mitarbeiters Dr. Roos ebenso wirksam erwiesen hat wie die Schilddrüse selbst. Diese Substanz erhielt den Namen Thyrojodin und zeichnet sich durch starken Gehalt an Jod aus. Bemerkenswert ist es nun, daß in anderen Organen des menschlichen Körpers das Jod gar nicht oder nur in Spuren vorkommt. Die Heilwirkung von Jodverbindungen gegen Kröpfe ist schon seit lange bekannt, da man ja durch Jodpinselungen und Jodeinspritzungen das Leiden zu bekämpfen suchte. Das Vorhandensein von Jod in der Schilddrüse ist darum von besonderem wissenschaftlichen Interesse. *      

Galizischer Geflügelmarkt am Schlesischen Bahnhof zu Berlin. (Zu dem Bilde S. 145.) Trotz aller Belehrung von seiten der Volkswirte und trotz einer ausgedehnten Vereinsthätigkeit will die Geflügelzucht, namentlich aber die Hühnerzucht, in Deutschland zur Zeit noch immer nicht in gewünschtem Maße gedeihen. Noch müssen wir vom Auslande Eier und Geflügel in Mengen beziehen, deren Wert sich auf viele Millionen Mark beläuft. Unsere Großstädte sind naturgemäß die Hauptabnehmer dieser fremden Ware und obenan steht unter ihnen auch in dieser Hinsicht die Reichshauptstadt. Berlin läßt sich aus dem fernen Osten, namentlich aus Galizien, Geflügel aller Art senden und zweimal wöchentlich treffen dort auf dem Schlesischen Bahnhof Extrazüge ein, die mit der schnatternden und piependen Ware vollgepfropft sind. Die Vögel, Hühner, Gänse, Enten und Tauben, werden in Kisten verpackt, die aus leichten Brettern zusammengeschlagen sind und breite Ritzen aufweisen, damit die Luft in das Innere leichten Zutritt habe. Ein Eisenbahnwagen faßt etwa 100 dieser Kisten, und da in jeder derselben je nach der Größe 50 bis 100 Stück Geflügel untergebracht werden, kann die Gesamtzahl der lebenden Vögel, die mit einem solchen Zuge in Berlin anlangen, 100000 bis 200000 betragen. Man kann sich denken, welch lebhaftes Treiben sich beim Ausladen einer solchen Ware auf dem Güterbahnhof entwickelt, es ist um so lärmender, als auch der Verkauf sogleich an Ort und Stelle vor sich geht. Unsere Abbildung auf S. 145 veranschaulicht uns die bewegte Scene. Da sehen wir Türme von Kisten, dazwischen fremde und Berliner Händler, welche die Ware prüfen. Das gekaufte Gut wird schließlich in die bereitstehenden Wagen der Berliner Großhändler umgepackt und in die Stadt gefahren. Das Geschäft wickelt sich ungemein rasch ab und im Verlauf einer Stunde ist der Platz wieder leer geworden.

Bleifreie Glasur beim irdenen Kochgeschirr. In dem Artikel „Gefährliches Kochgeschirr“ in Nr. 43 des Jahrgangs 1895 haben wir über die Verwendung des Bleis zur Herstellung irdenen Kochgeschirrs berichtet. Nachträglich möchten wir bemerken, daß es eine Art von irdenem Geschirr giebt, bei dem von der Bleiglasur abgesehen werden kann. Dies ist z. B. in den Brauntöpfereien in Kamenz (Lausitz) und in Bunzlau der Fall. Dort wird die Glasur, wie uns von beteiligter Seite mitgeteilt wird, ausschließlich aus Lehm hergestellt, weil der Kamenzer und Bunzlauer Thon nicht so porös ist und den hohen Hitzegrad, welcher zum Fließen der Lehmglasur notwendig ist, gut verträgt. Selbstverständlich kann solches Geschirr keine Gefahr für die Gesundheit bringen.*      

Das Selbstbildnis der Malerin Lebrun mit ihrer Tochter. (Zu unserer Kunstbeilage.) Die berühmte Bildnismalerin Elisabeth Luise Lebrun, deren Selbstbildnis, das sie als Malerin darstellt, unsere Leser vor zwei Jahren als Kunstbeilage erhielten, hat auch ein anderes Selbstbildnis hinterlassen, in welchem sie dem häuslichen Glück, das sie als Mutter empfand und ausströmte, ein entzückendes Denkmal gesetzt hat. Es ist bereits damals angedeutet worden, daß die liebenswürdige Pariser Künstlerin, die zu einer Zeit zu Ansehen und Ruhm gelangte, da die Ausübung der Malerei durch Frauenhand noch eine große Seltenheit war, ein äußerst glückliches Familienleben geführt hat an der Seite des reichen Kunsthändlers Lebrun, den sie in frühem Alter heiratete. Und so ist es für ihre Persönlichkeit sehr bezeichnend, daß sie, nachdem sie sich bei der Arbeit an der Staffelei gemalt hatte, das Bedürfnis fühlte, auch ihr junges Mutterglück zum Gegenstand eines Bildes zu machen. Dasselbe wurde eines ihrer gelungensten Werke und durch die Innigkeit, mit der in den Zügen von Mutter und Kind die Besitzesfreude sich ausdrückt, eine der lieblichsten Darstellungen jener seligen Empfindungswelt, die zu allen Zeiten Gemeingut unzähliger Mütter, unzähliger Kinder ist. Wie das Leben der Malerin, die, 1755 zu Paris geboren, in hohem Alter – 1842 – starb, ist auch dies Bild, das im Louvre zu Paris sich befindet, ein ansprechender Beweis dafür, wie die Pflege der Kunst und Familienglück gar wohl nebeneinander in einem gesunden Frauenleben zu gedeihen vermögen.


Inhalt: Fata Morgana. Roman von E. Werner (8. Fortsetzung). S. 133. – Der Liebling meiner Buben. Bild. S. 133. – Ein „Lacherfolg“. Bild. S. 137. – Der Sachsenspiegel und Burg Falkenstein. Von Gustav Stephani. S. 139. Mit Abbildungen S. 140 und 141. – Die Röntgenschen Strahlen und die Reichenbachsche Od-Lehre. Von Prof. Dr. Ludwig Büchner. S. 141. – Mein Roman. Novelle von Eva Treu. S. 144. – Geflügelmarkt am Schlesischen Bahnhof zu Berlin. Bild. S. 145. – Blätter und Blüten: Eine Reform der Midizintropfen. S. 147. – Amerikanische Verkehrskuriosa. S. 147. – Ein „Lacherfolg“. S. 148. (Zu dem Bilde S. 137.) – Der Heilstoff der Schilddrüse. S. 148. – Galizischer Geflügelmarkt am Schlesischen Bahnhof zu Berlin. S. 148. (Zu dem Bilde S. 145.) – Bleifreie Glasur beim irdenen Kochgeschirr. S. 148. – Selbstbildnis der Malerin Lebrun mit ihrer Tochter. S. 148. (Zu unserer Kunstbeilage.)


manicula 0Hierzu die Kunstbeilage III: „Das Selbstbildnis der Malerin Lebrun mit ihrer Tochter.“


[ Verlagsangebot „an neue Abonnenten“ für den gehefteten bzw. gebundenen Jahrgang 1895 der Gartenlaube u. a.. – Hier nicht wiedergegeben. ]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keii’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkdardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0148.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2023)
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