verschiedene: Die Gartenlaube (1896) | |
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Wie die drei Jahr ummer gwest sein, bin i heim. ’s Moidele, die Bäurin, wär bald erschrockn und der Luis, der Bauer, a. Den Schreckn hab i ihnen aber glei ausgredt und nachher haben ’s mi zum ersten Knecht eingstellt.
Ha, weit hab i’s bracht! Und no weiter hätt i’s bringen können, hätt i lei mögn.
Der Baur ist gstorben und nach einem Jahr meint die Bäurin: ‚Was guat zu machn hätt i an dir,‘ meint sie, die Bäurin.
‚O na, na, sag i, o na, na, Bäurin, ’s ist all’s, wie’s sein soll, sag i, und wie’s hat kummen müaßn. I bleib, wenn’s Dir recht ist, erster Knecht, so lang mi die Haxn tragn, und fürs Alter kauf i mi ein auf Dein Hof, sag i, mit mein Geld.‘
Und so ist’s blieben. Die Kinder sein aufgwachsen, a Diendl und a Bua; meine Knochn sein mürb gwordn und jetzt auf der Letzt bin i gar zur Kindsdiern aufgruckt.
Gelt, Du Fratzl, Du kloans, Du liabs, Du putzigs, Du herzigs!
Und ’s Tabakraachn thu i ihm angwöhnen,“ sagte der Alte und qualmte dem Kleinen lustig ins Gesicht.
„Freili, ’s Raachn muaß ’s gwöhnen, mein Fratzl. ’s Winterl kummt und im Offerl kracht ’s Holz und ’s Katzl schreit miau, miau, laß mi ein, und ’s Hunderl bellt hu, hu, hu, laß, mi ein, und’s Vögerl macht am Fensterl pick, pick, pick, machts auf, ’s Vogerl muaß erfriarn, und ’s Muaterl kocht dem Kinderl a Muaserl und ’s Kinderl macht schnapp, schnapp, weil’s Hungerl hat –“
Da schritt aus dem Hause die junge, lebensfrische Bäuerin. Zwei dicke blonde Zöpfe um den Kopf gewunden; ein eng anliegendes Miederleibchen mit bauschigen, groben, aber sauberen Hemdärmeln, ein faltiger, grober Kittel und eine blaue Schürze. An den Füßen trug sie derbe Bundschuhe. Das Gesicht war jugendlich frisch, mit blauen Augen, Grübchen in den Wangen, und die lebhaft gefärbten, leicht geöffneten Lippen ließen die schneeweißen Zähne hervorgucken, welche die Berglerleute fast immer haben.
„Mei der Saggera,“ schalt sie lachend, „thut er mir schon wieder ’s Kind verzauslen (verwöhnen), daß ’s bei koan Menschn mehr bleiben mag als bei ihm.“
Mit starken Armen schwang sie das Kleine hoch in die Luft.
„Hutschau, Popperl, Hutschau! Mags Mammerl giarn?“ –
„Woher kemt’s denn ös,“ wendete sich die junge Bäuerin an mich.
„Vom Land aufer (aus der Ebene) kimm i, Bäurin, und wenn a Platz war, an Löffl Suppen möcht i mit enk essn.“
„Auf alle Weis’, kemmt’s lei einer, Stadtlinger,“ antwortete sie freundlich und schritt mit dem Kinde ins Haus.
„Schau Dir’s guat an, die Bäurin,“ schmunzelte der Alte, „schau Dir’s guat an, sou, aber glatt a sou hat’s Moidele ausgschaut, jungerweis’! Gelt, i hab mi schun richti auskennt bei die Weiberleut?“
Im kleinen getäfelten Stüberl hockten schon die Ehalten (Dienstleute) am runden Tisch und die Jungdiern rückte auf der Bank und wischte für mich an ihrer Schürze den Löffel ab, den sie bisher selbst benutzt hatte.
Der Alte aber war mit seinem Pfeifchen zur Ofenbank getrippelt. Da hockte ein Mütterchen mit einem großen Spinnrade und spann einen knopfigen, dicken Zwirn; so gut es eben mit den steifen, dürren Fingern ging.
Der Alte aber nahm sein Pfeifchen aus dem Munde und rechnete mir mit wichtigem Gesichte vor: „Alleweil verrechn thu i mi, mit meiner Rechnung heut. A nit achtafufzig Jahr thut’s sein, daß i auf ’n Hof sein thu. Die drei Jahr, de i damals ausgwichn bin und wo i no a mal zrugg eingruckt bin zu die Soldatn, dieselben kann i a mit Recht dem Dienst zuschreiben, ganz mit gütn Gwißn kann i sell.“
Vorsorglich und zärtlich fast rückte er das Spinnrad beiseite schob einen kleinen Tisch an den knisternden Ofen, welchen das alte Mutterle nie mehr verließ, außer sie wurde ins Bett gebracht und holte ein Schüsselchen Milchsuppe aus der Küche.
„Schau,“ lachte er gar freundlich zu mir herüber, „was a Mensch nit all’s werdn kann im Leben! Als Huaterbua hab i mein Dienst angfangt auf dem Hof und als Kindsmadl für alt und jung hör i auf.“
Blätter und Blüten.
Eine Bitte für den ersten Star! (Zu dem Bilde S. 181.) Lange bevor der Kampf zwischen Winter und Frühling entschieden ist, erscheinen die Stare wieder in ihrer nördlichen Heimat. Diese frühen, ja man könnte wohl sagen, vorzeitigen Boten des Lenzes leiden beim rauhen Wetter keine Not, wenn nur keine Schneedecke den Boden verhüllt; denn in der Ackerkrume, auf Gartenbeeten und im Wiesengrase finden sie in allerlei Gewürm und Gesäme reichliche Nahrung. Schlimm sind sie aber dran, wenn das trügerische Wetter umschlägt und der Nachwinter mit Schneefällen und Frost sich einstellt. Dann kommt die Leidenszeit für die heimgekehrten gefiederten Sänger und viele von ihnen rafft der Tod dahin. Die Untersuchung der kleinen Leichen, der Opfer des Nachwinters, hat nun gelehrt, daß der Nahrungsmangel ihrem Leben ein frühzeitiges Ende bereitet hat. Der tiefe Schnee hat ihnen den Zutritt zu dem Tischlein verwehrt, das die Natur für sie gedeckt hatte. Erfahrene Vogelkundige, vor allem Prof. Dr. K. Th. Liebe, haben die Aufmerksamkeit der Vogelfreunde wiederholt auf diese Thatsache gelenkt. Außer den Staren werden noch viele andere Vögel vom Nachwinter besonders hart getroffen und für diese erscheint das Anlegen von Futterplätzen, namentlich von sogenannten Feldplätzen, dringend wünschenswert. „Etwas entfernt vom lebhaften Treiben der Ortschaft und im freien Felde,“ schreibt Liebe, „aber in der Nähe von kleinen Feldgehölzen, Raingebüschen oder abgelegenen Obstpflanzungen wird auf einer Wiese oder in freiem Felde, am liebsten auf einer gegen Süden gelegenen Böschung, ein Platz mit einigen Dornen besteckt. Darauf werden kleine Pfählchen eingeschlagen und an diesen aufrecht Bündelchen dürrer Sträucher von Disteln, Cichorien, wilden Möhren oder statt dessen auch nur von Erbsen- oder Getreidestroh aufgesteckt. Auf den Platz und unter die Dornen streut man Rübsen- und Rapsabfälle, Heugesäme, Mohnsamen und allerhand ölige und mehlige Garten- und Feldsämereien.“ Daneben ist auch Beigabe von Fleischstückchen erwünscht. Auf solchen Plätzen können die Vögel, vor Raubzeug geschützt, ihrer Nahrung nachgehen. Der Ruf „Erbarmet euch der darbenden Vögel!“ erklingt oft während des Winters, mit dem Eintritt des Tauwetters pflegt er zu verstummen und nur wenige Menschen denken im Nachwinter an die hungernde Vogelwelt. Möge das hübsche Bild auf der ersten Seite dieser Nummer der „Gartenlaube“ unsre Leser, falls noch ein Nachwinter uns beschert werden sollte, an die Not der frühen Lenzesboten erinnern und sie zur Mildthätigkeit anregen! *
Das Künstler-Märchenfest in Weimar. (Mit dem Bilde S. 193.) Zu einem Gang „in das alte romantische Land“ der Märchenwelt lud der Weimarer Künstler-Verein die Gäste ein, die zur Teilnahme an seinem diesjährigen Kostümfeste in den Räumen des Künstlerhauses erschienen. Und die phantastischen Gestalten und Motive des Märchens, welche für die Kostüme der Teilnehmer, für die Ausschmückung der Räume wie die scenischen Veranstaltungen als Vorbild und Anregung dienten, bewährten auch in diesem Fall ihre unverwüstliche Macht über die künstlerische Phantasie. Drei Tage, vom 21. bis 23. Februar, dauerte das fröhliche Fest, dessen stärkster Anziehungspunkt wohl die wiederholte Aufführung des Opernfestspiels „Nerilda“ war, welches Dr. J. Wahle vom Goethearchiv eigens für diese Veranstaltung gedichtet hatte. Die Maler Prof. F. Rieß und der vielseitige Hans W. Schmidt hatten für das mit Gutheils Musik ausgestattete Singspiel eine zauberhaft phantastische Scenerie geschaffen, wie sie unser Bild auf S. 193 wiedergiebt. Zuschauerraum und Bühne zusammen stellten eine unterseeische Felsgrotte dar, belebt und geschmückt mit den vielfarbigen und formenreichen Wundergebilden der Tiefseefauna, welche Stahlschmidt zum großen Teil plastisch ausgeführt hatte. Den Hintergrund der Bühne bildete ein von Rieß
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0199.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2023)