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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0276.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

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Blätter und Blüten



Die neue Heilstätte für unbemittelte Lungenkranke zu Ruppertshain im Taunus. (Mit Abbildung.) Der Frankfurter Rekonvalescentenverein darf sich rühmen, dem in jetziger Zeit so lebhaft befürworteten Gedanken der Errichtung von Heilstätten für unbemittelte Lungenkranke, sog. Volksheilstätten, schon vor etlichen Jahren praktisch näher getreten zu sein. Wie in Nr. 11 des Jahrgangs 1893 die „Gartenlaube“ berichtete, hat der Verein, durchdrungen von der Notwendigkeit einer besseren Fürsorge für arme Tuberkulöse, im August 1892 zu Falkenstein i. T. eine kleine Heilstätte, die 28 Kranke aufnehmen konnte, eröffnet. Bald ergab sich, daß der zur Verfügung stehende Raum bei weitem nicht den Nachfragen Hilfe heischender Patienten genügen konnte.

Um diesem Mißstande abzuhelfen, beschloß der Verein, eine neue Anstalt ins Leben zu rufen, die vor kurzem eröffnet werden konnte. Am Südabhange des Taunus, etwa 420 m über dem Meere gelegen, fünf Minuten von dem Dörfchen Ruppertshain, eine Stunde von dem bekannten Luftkurorte Königstein i. T. entfernt, schaut die Anstalt stolz hinab in das vom Spessart und Odenwald umsäumte Mainthal, ein weithin sichtbares Zeichen von der Macht werkthätiger, opferwilliger Menschenliebe. Auf drei Seiten von prächtig bewaldeten Anhöhen umgeben, nur nach Süden und Südosten offen, erfreut sich das Anwesen schon an sich einer ziemlich windgeschützten Lage. Um aber den Windschutz noch wirksamer zu gestalten, ist die Hauptfront des Gebäudes, welche nach Südsüdost schaut, in den Flügelbauten bogenförmig gestaltet.

Das Gebäude setzt sich aus einem Hauptbau mit zwei Liegehallen und aus zwei Nebengebäuden zusammen. Das erstere hat zwei durch einen Mittelbau verbundene, symmetrische Abteilungen, von denen die eine für weibliche, die andere für männliche Kranke bestimmt ist.

Von den durch einen gedeckten Gang mit dem Haupthause in Verbindung stehenden Nebengebäuden enthält das eine Küchen neben Speisekammern, das andere Waschküche, Pferdestall, Wohnung des Kutschers, sowie den Desinfektionsapparat.

Die neue Anstalt bietet Raum für 80 Patienten. Wenn auch in erster Linie Kranke aus Frankfurt a. M. bei der Aufnahme berücksichtigt werden müssen, so ist doch bei der Menge der zur Verfügung stehenden Betten die Heilstätte für jeden auswärtigen Lungenkranken offen. Nur muß letzterer vorher ein ärztliches Attest an die Geschäftsstelle des Frankfurter Rekoncalescentenvereins, Gr. Eschenheimerstraße 45, einsenden, aus dem zu ersehen ist, ob der Brustkranke noch im Anfangsstadium der Erkrankung sich befindet; denn es sollen in der Heilstätte nur Leute aufgenommen werden, die in ihrem Leiden nicht zu weit fortgeschritten sind, die also Aussicht auf erfolgreiche Behandlung bieten. Jeder Anmeldende verpflichtet sich ferner zu einem Aufenthalt von mindestens zwölf Wochen, sodann zur Vorausbezahlung der Verpflegungskosten auf je drei Wochen. Die Kosten belaufen sich derzeit in Einzelzimmern auf fünf Mark, in den gemeinsamen Zimmern auf drei Mark für den Tag.

Möge das den Wohlthätigkeitssinn von Frankfurts Bewohnern so ehrende Werk all jenen Vereinen zur Nacheiferung dienen, die sich jetzt zahlreich in Deutschlands Gauen bilden, um durch Fürsorge für die bisher etwas stiefmütterlich behandelten unbemittelten Lungenkranken der Ausbreitung der Schwindsucht einen wirksameren Damm entgegenzusetzen, als es bisher möglich war.

Heilanstalt für unbemittelte Lungenkranke
zu Ruppertshain im Taunus.

Theaterprobe einer Wandertruppe. (Zu dem Bilde S. 264 und 265.) Vieles ist möglich bei einer wandernden Künstlertruppe, aber „Kabale und Liebe“ ohne Luise Millerin spielen, das bringt selbst sie nicht zustande. Deshalb war die Aufregung groß: die neue „Liebhaberin“ hatte den ersten Zug versäumt, der zweite meldete Verspätung, endlich, endlich um drei Uhr kam sie an, und um vier Uhr soll die Vorstellung beginnen! Man schleppte sie in den jetzt als Konversationszimmer dienenden Waschraum, hing ihr über, was die aufgerissenen Koffer als halbwegs passendes Kostüm hergaben, und jetzt: schnell, schnell nur die Hauptscenen, denn zur wirklichen Probe ist ja keine Zeit mehr! Der vor keiner Kalamität verzagende Direktor hat vor sich auf dem Pult die Blätter der Rolle und giebt Luisen soeben ein Stichwort als Lady Milford; die Kollegen sitzen im Kreis, kritisch und kühl bis ans Herz hinan.

„Nehmen Sie ihn denn hin, Mylady! Freiwillig tret’ ich Ihnen ab den Mann, den man mit Haken der Hölle von meinem blutenden Herzen riß!“ so flötet Luise schwärmerisch sentimental mit himmelndem Augenaufschlag, und die Versammlung ist sich bereits völlig klar, warum die schöne schlanke Blondine stets neu auf Engagement reist. Der neben ihr sitzende Ferdinand fühlt sich im tiefsten indigniert durch die Aussicht auf heute abend; Lady Milford, in dem für verschiedene Jahrhunderte dienstthuenden Sammetgewand, denkt sich im stillen dasselbe, was Vater Miller drüben der „Naiven“ zuflüstert; auch der „Familienvater“ auf der Holztreppe, der heute den Präsidenten spielen muß, hat seine schweren Bedenken. Wäre nur noch ein einziger Tag Zeit, so könnte man ja sehen, aber so heißt es: „Nimm deinen Lauf, Verhängnis!“ – – Nur der Direktor bleibt unerschüttert, er hat schon Aergeres erlebt und vertraut auf die Naivetät des Dingskirchener Publikums. Wenn ihn nur diese Zuversicht nicht täuscht! Hinten am Waschfaß hat der Maler einen Teil dieses Publikums aufgestellt, und auf dem lachenden Gesicht der einen Wäscherin steht das Schicksal des Abends ziemlich deutlich geschrieben!Bn.     

Ackerbestellung im Entlebuch in der Schweiz. (Zu dem Bilde S. 269.) In allen Ländern, deren Bevölkernng den Ackerbau betreibt und den Pflug kennt, wird dieses wichtige Kulturgerät von Tieren, von Rindern oder Pferden, gezogen. Wo Haustiere bei der Feldarbeit fehlen, schwingt der Ackerbauer die Hacke, vor den Pflug spannt er sich selbst nicht ein. Ganz und gar ungewohnt ist uns darum der Anblick pflugziehender Bauern, der uns auf unserm Bilde vorgeführt wird. Und doch hat der Maler nach dem Leben gezeichnet. Ein solcher Brauch besteht noch heute in der schweizerischen Landschaft Entlebuch (Kanton Luzern) und ihrer nächsten Umgebung. Kleine Gebirgsbauern mußten seit Urväter Zeiten zu dieser Aushilfe greifen, da ihnen Zugtiere fehlten; ihre Lage hat sich bis heute nicht verändert und so besteht der Brauch noch immer fort. Die Bauern spannen sich in einen Strick ein, an dem ein der Länge nach zusammengerollter und an seinen Enden verbundener Sack befestigt ist. In diesen Sack schlüpfen die Männer und ziehen am Pfluge. Hier und dort dienen anstatt des Sackes Querhölzer als Handhabe. Zu bemerken ist wohl, daß die Arbeit von dem Grundbesitzer nicht mit Geld abgelohnt wird. Die Bauern helfen sich vielmehr gegenseitig aus und der eine Nachbar muß dem andern diesen Dienst gleichfalls durch Pflugziehen entgelten. *      

Willkommen! (Zu dem Bilde S. 273.) Der Gartensaal ist festlich mit Blumengewinden geschmückt, draußen lacht die helle Sonne über den Rasenflächen und den dichten Baumwipfeln, in deren Schatten heute große Geburtstagsfeier stattfinden soll. Gerade haben die beiden Haustöchterlein die letzten Blumen auf den Boden gestreut, da ertönt Wagenrollen, die Hausthür öffnet sich, ein Schwall von jungen Gästen in fliegenden weißen Kleidern und bunten Hüten drängt herein. Willkommen, willkommen! Das Geburtstagskind breitet fröhlich die Arme aus, und im nächsten Augenblick wird der Gartensaal von lustigen Ausrufen und Gelächter wiederhallen. Glückliche Backfischzeit mit ihrer Mischung von kindlicher Spiellust und ahnungsvoller Lebensfreude! Der Maler hat sie hier in diesen lichtumflossenen Mädchenbildern voll Anmut geschildert. Wer von beiden einmal die Schönere und wer die Glücklichere sein wird?! .. Das steht dahin, aber jedenfalls: heute lacht ihnen soviel noch ganz neidloses Glück und so heller Sonnenschein, daß dieser sechzehnte Geburtstag der ältesten wohl für alle Zeiten in ihrer Erinnerung leuchten wird! Bn.     


Inhalt: Fata Morgana. Roman von E. Werner (15. Fortsetzung). S. 261. – Der Topfgucker, Bild. S. 261. – Theaterprobe einer Wandertruppe. Bild. S. 264 und 265. – Moderne Steckbriefe. Kriminalistische Skizze von C. Richter. Mit Abbildungen. S. 268. – Ackerbestellung im Entlebuch in der Schweiz. Bild. S. 269. – Förderer der volkstümlichen Blumenpflege. S. 271. – Ein Buchstabe! Eine wahre Geschichte. Nacherzählt von Ernst Wichert. S. 272. – Willkommen! Bild. S. 273. – Blätter und Blüten: Die neue Heilstätte für unbemittelte Lungenkranke zu Ruppertshain im Taunus. Mit Abbildung. S. 276. – Theaterprobe einer Wandertruppe. S. 276. (Zu dem Bilde S. 264 und 265.) – Ackerbestellung im Entlebuch in der Schweiz. S. 276. (Zu dem Bilde S. 269.) – Willkommen! S. 276. (Zu dem Bilde S. 273.)


manicula Hierzu die Kunstbeilage V: „Maienzeit.“0 Von E. Eisman-Semenowsky.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0276.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)
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