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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0317.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

ungewöhnliche Sicherheit und Tüchtigkeit der Malerei. Wenn in ihnen auch noch immer der Einfluß Lessings unverkennbar war, so gingen sie doch gerade in Bezug auf diese Energie der ganzen Darstellung und farbigen Wirkung über das in der gleichzeitigen Düsseldorfer Geschichtsmalerei Geleistete nicht unwesentlich hinaus.

A. von Werners schöpferische Phantasie aber bethätigte ihren überströmenden Reichtum mehr noch als in diesen abgeschlossenen Gemälden in einer Fülle von Zeichnungen, mit denen er in demselben Jahrzehnt die Dichtungen seines älteren Freundes Joseph Scheffel schmückte.

In Karlsruhe hatten sich beide aneinander geschlossen. Nie hat sich einem Dichter ein verständnisvollerer Illustrator seiner Schöpfungen gesellt. Wie trefflich A. von Werner den eigensten Geist und das Wesen der Dichtungen Scheffels in seinen Zeichnungen widerzuspiegeln verstand, das beweisen deutlich die meisterhaften Illustrationen zu „Frau Aventiure“, „Juniperus“, „Bergpsalmen“, „Gaudeamus“ und vor allem die zum „Trompeter von Säckingen“. Werners Einzel- und Streubilder, Randzeichnungen schmiegen sich im Charakter den Gedanken und Schilderungen des Dichters aufs innigste an. Er ist wie dieser bald derb realistisch und humoristisch, bald phantastisch romantisch. Ueberall zeigt er sich gleich heimisch, in der Welt der Träume und Gespenster, im frühen Mittelalter, in der modernsten Gegenwart, im Norden und Süden, in den Alpen, auf dem Strom und dem Meer, in der Klosterzelle, der altertümlichen Wohnstube des Herrenhauses, in der mittelalterlichen Herberge wie der heutigen Kneipe. So wie sie in A. von Werners Zeichnungen erscheinen, so müssen, meint man, die geschilderten Menschen und Scenen vor des Dichters geistigen Augen gestanden haben.

Die Entwürfe zum „Trompeter von Säckingen“ zeichnete Werner in Italien im Jahre 1869, wohin er sich nach einem Studienaufenthalt in Paris begeben hatte. Weder dieser, noch der in Venedig, Florenz und Rom haben einen merklichen Einfluß auf den Künstler geübt. Er ist auch dort immer sich selbst treu geblieben.

Nach seiner Heimkehr, 1870, rief ihn ein interessanter bedeutender Auftrag nach dem deutschen Norden, nach Kiel. In dem dort von dem Berliner Architekten Martens erbauten neuen Gymnasium übernahm er es, den Saal der Aula mit zwei großen halbrunden Wandgemälden, „Luther auf dem Reichstag zu Worms“ und „Aufruf Friedrich Wilhelms III. an sein Volk“, sowie mit den Einzelgestalten Gutenbergs und Fuggers, des Erasmus und Albrecht Dürers zu schmücken.

Selbstporträt.

Sowohl in Bezug auf die beste Ausnutzung des gegebenen Raumes, auf die Größe und Einfachheit des Stils der Kompositionen, als auf Harmonie und große ruhige Wirkung der vorzüglich zu dem Ton des ganzen Saales gestimmten Farbengebung löste er diese Aufgabe in hervorragender Weise. Kaum hatte er dies Werk aber zum Abschluß gebracht, als ihn ein anderer Auftrag mitten in den inzwischen entflammten Krieg gegen Frankreich, ins Feldlager und ins Hauptquartier nach Versailles führte. Er sollte den großen Schlachtendenker und -lenker, den Grafen Moltke vor Paris für den Kieler Kunstverein malen. Die Empfehlungen des Großherzogs von Baden, aber vor allem seine eigene Persönlichkeit sicherten dem Künstler die freundlichste Aufnahme in beiden Hauptquartieren. In Versailles entwarf er die Komposition zu dem Bilde „Moltke und die deutschen Truppen vor Paris eintreffend“, zeichnete und malte er die Naturstudien dazu. Dort auch sammelte er Studien zu dem feinen Kabinettstück, welches uns den großen Feldherrn allein zeigt, wie er Depeschen und Schriftstücke am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer zu Versailles liest.

Kaum wieder nach Deutschland zu seinen Arbeiten heimgekehrt, wurde er durch eine Einladung des preußischen Kronprinzen nach Versailles zurückgerufen. Er wohnte auf dessen Wunsch dem großen Akt der Proklamation des Deutschen Kaiserreiches in der Spiegelgalerie des Schlosses bei, um später das Bild dieser bedeutungsvollen geschichtlichen Scene wahrheitsgemäß malen zu können.

Nach der Beendigung des Krieges nahm er seinen Wohnsitz in Berlin, wo bald großartige Aufgaben an ihn herantraten. Er schritt zunächst an die Ausführung des originellen symbolisch historischen Velariumbildes, welches zum Schmuck der Lindenpromenade für den Tag des Siegereinzugs in Berlin bestimmt war und die Erhebung des herausgeforderten Deutschlands gegen Frankreich in kühner, wahrhaft poetischer Weise mit mächtiger Wirkung schilderte. Er malte auch den kolossalen farbigen Karton, der in ähnlichem idealistisch-realistischen Mischstil Erhebung, Sieg und Einigung Alldeutschlands und die Errichtung des Kaisertums darstellt und nach welchem das Gemälde in venetianischer Glasmosaik ausgeführt wurde, das den Fuß der Siegessäule auf dem Königsplatz in Berlin umgiebt.

Der Erfolg dieser Arbeiten war außerordentlich; die ganze Stimmung der Zeit kam ihrer künstlerischen Wirkung zu gute. Anton von Werner wurde damals nächst Adolf Menzel der populärste, bei Fürst und Volk gleichbeliebte Meister Berlins. Er sah sich mit Aufträgen jeder Art überhäuft, und seine frische rüstige Kraft zeigte sich jeder Aufgabe gewachsen. Er schuf dekorative Wand- und Deckengemälde für reiche Privathäuser, die prachtvollen poetisch tiefsinnigen, farbenschönen Kartons für den danach in Mosaik ausgeführten, die typischen Phasen des Menschenlebens schildernden Bilderfries an der Fassade des Pringsheimschen Hauses in der Wilhelmstraße in Berlin; er malte verschiedene Familienbildnisse für dortige und Hamburger Bürger, die sich und ihre Angehörigen in den Trachten und Umgebungen vornehmer Geschlechter des 16. Jahrhunderts in Venedig oder einer deutschen Reichsstadt dargestellt zu sehen wünschten. Auf dem einen Familienbilde dieser Gattung mußte sogar Doktor Martin Luther in Person als geehrter Gast des betreffenden Hauses inmitten der Herren, Damen und Kinder desselben erscheinen.

Gleich nach seiner Niederlassung in Berlin hatte A. von Werner sich mit der kunstbegabten Tochter Adolf Schrödters, Malwine, vermählt.

Nun baute er sich sein eignes Heim nach seinen Bedürfnissen und seinem Geschmack auf einem Grundstück der Potsdamer Straße, einem Villenhofe hinter dem an dieser gelegenen Vorderhause.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0317.jpg&oldid=- (Version vom 4.9.2020)
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