verschiedene: Die Gartenlaube (1896) | |
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Hier schmückte er ganze Zimmerwände und Decken mit ornamentalen und figürlichen Malereien. Die Wandflächen des Saales zeigen die großen Gestalten des Tizian, des Raffael und eine Reihe von Medaillonbildnissen anderer Meister der Renaissance; die Wände des Schlafgemachs gemalte Füllungen, Puttengruppen, Scenen aus der Geschichte von Amor und Psyche; die des Kinderzimmers neun Grau in Grau gemalte Bilder zu deutschen Volksmärchen. Das große untenstehend abgebildete Atelier im obersten Geschoß erhielt einen charakteristischen Wandschmuck in Waffentrophäen und kriegerischen Abzeichen aller Art; in seinem Studierzimmer (s. S. 319) haben die Büsten seines Freundes Scheffel und die Statuette Moltkes besondere Ehrenplätze.
Wie sein Atelier eine Stätte rastloser erfolgreichster Arbeit wurde, so ward es auch wie die eigentlichen Gesellschaftsräume oft zum Schauplatz edelster Geselligkeit, für welche dem Hausherrn ebenso reiches Talent zur Verfügung steht wie für seine Kunst. Das ganze Haus ward der Sitz reinsten menschlichen Glücks.
Während Anton von Werner die obengenannten Arbeiten und außerdem zahlreiche lebensgroße Einzelbildnisse hervorragender Persönlichkeiten, Buchillustrationen, Aquarelle etc. ausführte, arbeitete er mit eisernem Fleiß auch an der Bewältigung der riesigen Aufgabe, die ihm das Bild der Kaiserproklamation in der Spiegelgalerie zu Versailles stellte. Das 1877 vollendete, durch die deutschen Fürsten dem Kaiser gestiftete Werk ist ein Triumph des Fleißes, der Gewissenhaftigkeit und Geschicklichkeit der Darstellung. Eine höhere poetische Wirkung zu erzielen, welche der Stimmung jenes großen geschichtlichen Momentes völlig entsprochen hätte, wäre unter den dem Meister gestellten Bedingungen kaum möglich gewesen. Wollten und mußten doch nicht nur die um den Kaiser versammelten Fürsten und Prinzen, sondern alle in der Spiegelgalerie zusammengedrängten Persönlichkeiten an Köpfen, Gestalten und Uniformen genau porträtiert sein. Jede Bethätigung der frei schaffenden Phantasie war ihm abgeschnitten. In wie reichem Maß ihm auch diese gegeben ist, bewies er in derselben Zeit besonders glänzend in den symbolischen Darstellungen der vier Fakultäten für die Wände des Treppenhauses in dem 1876 eröffneten neuen Universitätsgebäude zu Kiel. Leider sind diese vortrefflichen farbigen, völlig durchgearbeiteten Entwürfe dort nicht zur Ausführung gelangt.
Im Jahre 1874 kamen endlich die langberatenen Pläne einer gründlichen Reform der Berliner Kunstakademie, die allmählich anf einer tiefen Stufe des Verfalles angelangt war, zur Verwirklichung. Kein besser dafür geeigneter Mann hätte zur Durchführung der Neuorganisation des Institutes und als Direktor an dessen Spitze berufen werden können als A. v. Werner. Er vereinigte mit seiner großen künstlerischen Begabung in seltenem Maße den durchdringenden praktischen Verstand, das organisatorische Talent und den erforderlichen Geschäftssinn. Dazu kam der Vorzug der Jugend und der unverbrauchten Kraft. In kurzer Zeit gelang es ihm, das Institut sowohl in Bezug auf seinen Ruf wie seine wirkliche Leistungskraft ganz wesentlich zu heben.
Aber wie sehr auch Werners Zeit und Kraft dnrch die Last der geschäftlichen Arbeit in Anspruch genommen wurde, welche dies Amt ihm auferlegte, so hat sie doch nicht vermocht, seine schöpferische malerische Thätigkeit zu lähmen. Eine lange Reihe von großen und kleineren hochbedeutenden Gemälden ist seitdem aus der Werkstatt in seinem Hause und dem ihm in dem Gebäude der Kunstakademie eingerichteten Meisteratelier hervorgegangen. Ihre Mehrzahl bildet die Darstellungen zeitgeschichtlicher öffentlicher Ereignisse, bei deren Schilderung aktenmäßige Genauigkeit vorgeschrieben war, und Vorgänge und Scenen aus dem Kriege von 1870 und 1871. Für andere dekorative Phantasiestücke, wie die sinnigen und geistvollen Wandmalereien im Café Bauer in Berlin, lieferte er die Entwürfe und Farbenskizzen, die von seinen Schülern ausgeführt wurden. Dasselbe gilt von seinem großartigen Panoramagemälde der Schlacht bei Sedan, während er die dazu gehörigen bewundernswerten Dioramabilder fast allein gearbeitet hat.
Ich kann hier nur noch kurz auf einige Schöpfungen des Meisters hinweisen: auf die Wandgemälde im Rathause zu Saarbrücken,
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0318.jpg&oldid=- (Version vom 3.6.2020)