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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0319.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Das Studierzimmer A. von Werners.

auf das im Berliner Rathause aufgestellte große Bild der Schlußsitzung des Berliner Kongresses von 1878, auf die Wandgemälde „Krönung Friedrichs I. zu Königsberg“ und „Kaiserproklamation zu Versailles“ in der Herrscherhalle des Zeughauses, auf die kleinere Bearbeitung desselben Gegenstandes in dem Staffeleibilde, welches die königliche Familie dem Fürsten Bismarck an seinem 70. Geburtstage verehrte, auf das Wandgemälde jener Königskrönung mit beigesellten allegorischen Gestalten in der alten Kapelle des Königlichen Schlosses und das umfangreiche Oelgemälde „Die Eröffnung des ersten Reichstags unter Kaiser Wilhelm II. durch diesen in Person“. Auch der kleineren, außerordentlich volkstümlich gewordenen Bilder von Episoden aus dem Kriege in Frankreich ist noch zu gedenken, in denen er eine so scharfe glückliche Beobachtungsgabe, einen so hellen durchdringenden Blick für die lebendige Wirklichkeit und so eminente malerische Vorstellungskraft bekundet: „Gefangenentransport in einem französischen Dorf“, „Der Kronprinz an der Leiche des bei Weißenburg gefallenen Generals Douay“, die „Scene aus einem Etappenquartier auf der Straße nach Paris“, „Der Kronprinz in seinem Versailler Quartier, von den Herren seines Stabes und Gefolges umgeben,“ und „Der Kronprinz auf einem Fest im Königlichen Schlosse im Gespräch mit Virchow und anderen Berliner Größen der Wissenschaft und Kunst“.

Eben jetzt hat der Meister ein neues größeres Gemälde vollendet, das mit der gewohnten Treue einen denkwürdigen geschichtlichen Vorgang aus dem letzten Jahrzehnt, die „Beglückwünschung Moltkes an seinem 90. Geburtstage durch Kaiser Wilhelm II.“ schildert. Auch das Original des Seite 317 reproduzierten Selbstporträts A. von Werners stammt aus den letzten Jahren. Es spiegelt des Mannes und Künstlers eigenstes Wesen in lebendigster Wahrheit, seine Geistesklarheit, seine Festigkeit im Beharren, seine allen Hindernissen trotzende Energie im Durchführen des in der Kunst wie im Leben für das Richtige Erkannten. Es bedurfte der Vereinigung solcher Charakter- und Geisteseigenschaften mit seiner großen künstlerischen Begabung und schöpferischen Phantasie, um ihn zu befähigen, seine komplizierte Lebensaufgabe so zu lösen, wie es geschieht. Mit malerischen Arbeiten überhäuft, deren Durchführung anscheinend die ganze unzersplitterte Geisteskraft des Künstlers erfordert, weiß er die Verwaltung und die Geschäfte der von ihm geleiteten Hochschule der bildenden Künste mustergültig zu führen. Er versteht es, den Stunden jedes Tages, wie überwiegend sie auch durch die künstlerische Thätigkeit in Anspruch genommen werden, dennoch die nötige Zeit abzugewinnen, um am Schreibtische und im Konferenzzimmer allen Pflichten seines verantwortlichen Amtes und ebenso auch im Hause wie in der großen Welt denen zu genügen, welche seine hervorragende Stellung in der Gesellschaft und in der deutschen Kunst ihm auferlegt. Der gleichen Gunst, und hohen Wertschätzung, die Kaiser Wilhelm I., Kaiser Friedrich als Kronprinz und Herrscher und dessen Gemahlin dem Manne und dem Künstler jederzeit bewiesen haben, erfreut er sich auch seitens des regierenden Kaisers, wenn auch A. von Werners innerstem Wesen nichts ferner liegt als höfisches Werben und Buhlen um Fürstenhuld und -Gnade.

„Wie sich Verdienst und Glück verketten“ – davon giebt dieses Meisters Lebensgang ein besonders glanzvolles und lehrreiches Beispiel.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0319.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)
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